BAuA findet keine Elektrosensiblen

Es hätte für Elektrosensible der Durchbruch werden können. Denn wenn der Berliner Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin der Nachweis der Elektrosensibilität gelungen wäre, hätte sich die rechtliche Situation der Betroffenen schlagartig gebessert. Aus der ersten Testphase schälten sich drei Versuchspersonen heraus, die den Betriebsstatus eines Handys (Ein/Aus) fehlerlos spüren konnten. Eine Sensation lag in der Luft. Während einer zweiten Testphase entpuppten sich die Treffer jedoch als Zufall. Damit geht die Ära der Elektrosensibilitätsforschung bei der BAuA zu Ende, ohne dass der Bundesanstalt der Nachweis der Elektrosensibilität gelang.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin, untersuchte in einem Eigenforschungsprojekt bis Ende 2004 das Phänomen der Elektrosensibilität. Für Betroffene muss das Resultat niederschmetternd sein, denn keinem Versuchsteilnehmer gelang es, die Ein/Aus-Phasen eines als Feldquelle dienenden Handys zutreffend und reproduzierbar zu spüren. Der offizieller Bericht zum Forschungsprojekt liegt noch nicht vor. Dieser wird voraussichtlich ab Herbst 2005 bei der BAuA verfügbar sein, sagte Projektleiterin Dr. Gerlinde Kaul im Gespräch mit dem IZgMF.

Im Wiederholungstest scheiterten die Trefferkönige des ersten Tests

“Nicht verschwiegen sein soll die Beobachtung, dass wir bei den Experimenten 3 Personen fanden (von den gegenüber Mobilfunk betroffenen 26 „Elektrosensiblen“), die die Exposition von einem kopfnahen Mobiltelefon zu 100 % genau zu unterscheiden wussten. Um eine zufallsbedingt richtige Trefferrate aus 26 Möglichkeiten auszuschliessen, muss in einem strengen Doppelblindversuch das Experiment mit diesen Personen wiederholt werden.”

Dr. Gerlinde Kaul im FGF-Newsletter 4/2004 (Seite 29)

Noch im Dezember 2004 sah es ganz anders aus. Nämlich danach, dass drei der Versuchspersonen die Exposition des Handys absolut fehlerfrei zu unterscheiden wussten. So berichtet es Projektleiterin in einem Artikel, erschienen im FGF-Newsletter 4/2004 (PDF, 1,05 MByte). Den Artikel schrieb die Psychologin auf Bitte der Forschungsgemeinschaft Funk. Wir haben die entscheidende Passage dem Newsletter entnommen und geben sie hier wortgleich in dem Textkasten nebenan wieder.

Die dort angesprochene Wiederholung des Tests mit den drei Versuchspersonen im Doppelblindversuch hat mittlerweile stattgefunden. Dabei gelang es keinem Probanden, das ausgezeichnete Resultat des ersten Tests zu wiederholen. Mehr noch, nach Auskunft von Dr. Kaul wurden auch keine annähernd so guten Resultate erreicht, etwa im Bereich einer Trefferrate von 80 % oder 90 %, vielmehr bewegte sich die Trefferrate im bedeutungslosen Bereich von etwa 50 %, der sich auch durch pures Raten erreichen lässt. Eine der drei Versuchspersonen wurde nach eigenem Verlangen daraufhin ein drittes mal getestet, jedoch ebenfalls erfolglos. Fazit von Dr. Kaul: Die 100-%-Trefferraten der drei Versuchspersonen im ersten Test waren nicht mehr als ein Zufall gewesen.

30 cm Abstand zwischen Handy und Kopf reduzieren SAR-Wert auf 1/1100

Nach neueren Informationen dauerte ein Test exakt eine Stunde. In dieser Zeitspanne wurden die Probanden im Einfachblindversuch dem Feld eines Handys mit 2 W Sendeleistung ausgesetzt, das ca. 30 cm vom Kopf der Probanden entfernt war. Gemessen wurde die spezifische Absorbtionsrate SAR am Kopf der Versuchspersonen. Die SAR ist ein Mass dafür, wieviel elektromagnetische Energie eine Person aus dem umgebenden Feld aufgenommen hat. Der Abstand von 30 cm zwischen Handy und Kopf spiegelt in etwa die Alltagssituation wider, dass jemand in einem öffentlichen Verkehrsmittel sitzt und ein Sitznachbar mit dem Handy telefoniert. Auch der Testraum bei der BAuA war ein faradayscher Käfig. Einen grösseren Abstand als 30 cm hat übrigens die verwendete SAR-Messtechnik nicht zugelassen, denn der SAR-Wert fällt sehr stark mit der Entfernung zur Feldquelle. Nach 30 cm ist in den BAuA-Versuchen der SAR-Wert bereits auf weniger als ein Tausendstel (genau: 1/1100) des Wertes gefallen, der unmittelbar am Handy gemessen werden konnte.

Während der einstündigen Testphase wurden die Probanden 3-mal einem Feld ausgesetzt und 3-mal keinem Feld. Daraus ergeben sich
26 = 64 unterschiedliche Ein/Aus-Testmuster der Befeldung.

Welches Muster im Verlauf eines Tests verwendet wurde, wussten die Versuchspersonen nicht, wohl aber (beim ersten Test) die Versuchsleiterin. Während des Tests wurde auch nicht gesprochen. Nach jeweils 10 Minuten Testphase hob die Versuchsleiterin eine Tafel, die die Probanden dazu aufforderte, auf einem Blatt Papier per Kreuz zu vermerken, ob in der zurückliegenden Testphase das Handy eingeschaltet war oder nicht. Anhand der SAR-Messwerte liess sich später auch noch im Nachhinein rekonstruieren, welches Testmuster bei einem Test verwendet wurde.

BAuA gibt Elektrosensibilitätsforschung auf

Mit den Ende 2004 abgeschlossenen Tests geht auch die Ära der Elektrosensibilitätstests bei der BAuA zu Ende. Knapper Budgetmittel wegen wird sich die Bundesanstalt um die Erforschung der Elektrosensibilität nicht länger kümmern. Diese Entscheidung sei unabhängig vom Ergebnis des letzten Projekts getroffen worden, sagte Dr. Kaul. Im Klartext: Selbst wenn der Nachweis der Elektrosensibilität gelungen wäre, die BAuA würde die Spur nicht weiter verfolgen. Einen letzten öffentlichen Auftritt hat das Elektrosensibilitätsprojekt der BAuA vom  24. bis 27. Oktober 2005 in Düsseldorf. Dort beabsichtigt die Projektleiterin das Projekt anlässlich des 29. Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin A+A 2005 zu präsentieren (17.03.05-ll).

Kritische Anmerkungen zur Testmethode von Lebrecht von Klitzing

Im Mobilfunk-Newsletter von Volker Hartenstein (050324-EMFLvh-1762) äußerte sich der bekannte Mobilfunkkritiker von Klitzing zu dem BAuA-Eigenforschungsprojekt. Er schreibt:

L. v. KlitzingDiesen Bericht nehme ich zum Anlass, Kritik an den Verfahren der "etablierten" Institutionen zu üben, wenn diese meinen, die "Elektrosensibilität" eindeutig diagnostizieren zu können.

Erst einmal ist Elektrosensibilität kein monokausales Ereignis; viele Eingangsparameter müssen berücksichtigt werden, um eine Einordnung machen zu können. Wir befassen uns seit Jahren mit diesem Problem und haben unsere Erfahrungen gesammelt. Es geht nicht an, zwischen "Tür und Angel" eine "Diagnose" zu stellen. Aber genau so wird es bei den Institutionen wie Fraunhofer-Gesellschaft oder BAuA oder FGF-Beauftragte gemacht.

Notwendig ist einen sorgfältige Anamnese und dann ein Test, der sinnvoll ist. Es ist doch unstrittig, dass die Langzeitexposition auf das vegetative Nervensystem (als auf die bioregulatorische Kapazität) wirkt und zwar eigenartigerweise sind es die gepulsten Felder (s. REFLEX), was wir schon Anfang der 90er Jahre fest gestellt haben. Unbeeindruckt von diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen klammert man sich immer noch an die physikalischen Gesetzmäßigkeiten des Energieeintrags und unterscheidet nicht zwischen den Modulationsarten der Felder, was hier nun wirklich nicht mehr dem aktuellen Wissensstand entspricht.

Also: die von der Politik und Industrie beauftragten Institutionen zur "Erforschung der Elektrosensibilität" haben Vorgaben, die nicht der Problemlösung dienen, da die Wahrnehmungsschwellen entsprechend hoch angesetzt sind. Der Ruf nach dem statistisch haltbaren Beweis ist zwar legitim aber beim komplexen System MENSCH nicht in dieser mathematischen Vorgabe anwendbar. (Hinweis: Statistik beschreibt den Vergleich zweier Gruppen, wo ein (!) verbindender Parameter verändert wird).

Kritische Anmerkungen zu Elektrosensibilitätstests von Ruth Gill

Ebenfalls im Hartenstein-Newsletter (050323-EMFLvh-1758) schreibt Ruth Gill aus Bayern, wie es ihr vor Jahren bei einer Elektrosensiblen-Versuchsreihe ergangen ist: Es war im Sommer 1998 am Institut für Umweltkrankheiten in Bad Emstal. Die Deutsche Telekom hatte Dr. Runow beauftragt, in einer 5-tägigen Versuchsreihe einen Elektrosensiblen zu finden, der zuverlässig Mobilfunkstrahlung im Doppelblindversuch erkennt. Unter insgesamt 16 Teilnehmern (2 Subgruppen mit je 8 Teilnehmern) sei keiner dabei gewesen, der die erforderliche Trefferquote erzielt habe, teilte man uns später mit. Meiner Einschätzung nach waren in meiner Subgruppe nur 'sichere' Kandidaten. Bei einer Teilnehmerin war das bereits an anderer Stelle nachgewiesen worden. Die Auswahl der TeilnehmerInnen war auf Vorschlag des Selbsthilfevereins Elektrosensibler zustande gekommen, der seinerseits natürlich am Gelingen der Studie interessiert war.

Die in Aussicht gestellte Veröffentlichung der Studie/Ergebnisse ist meiner Kenntnis nach nie erfolgt.

Wissen muß man in diesem Zusammenhang auch, daß Dr. Runow damals wegen der staatsanwaltlichen Beschlagnahme seiner Patientenakten in einer schwierigen Situation mit seinem Institut war.

Weiterführende Informationen

Das BAuA-Projekt: Suche Elektrosensible, biete Gewissheit

Hintergründe zum Forschungsprojekt der BAuA

Mainzer EMF-Wachhund schlägt bei Elektrosensiblen an

Elektrosensibilität entlastend messen

Elektrosensibilität: Fragen an Prof. Norbert Leitgeb

Elektrosensibilität, es gibt sie, es gibt sie nicht...

EPROS-Schlafstudie mit Elektrosensitiven

Bericht von der WHO-Tagung in Prag (2004)

Estland: Studie bestätigt Existenz von Elektrosensibilität

5 % der Schweizer Bevölkerung halten sich 2005 für elektrosensibel

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