Mit dem Slogan «Nokia Connecting People*» will sich der finnische Handyhersteller eigentlich als mobil funkendes Verbindungsglied für die Quasselstrippen dieser Welt empfehlen. Fast möchte man des frommen Spruchs wegen glauben, das Unternehmen hätte einen Frieden stiftenden Auftrag. In die Quere kommen darf dem weltgrößten Handyhersteller freilich keiner. Uns ist es mit den plakativen IZgMF-Autoflyern prompt passiert. Und kaum war’s entdeckt, stellte uns ein Nokia-Regulator auch schon vor die Wahl: Entweder ihr nehmt die Flyer von der Website, oder unsere Rechtsabteilung wird euch den Marsch blasen. “Zähneknirschend” beugten wir uns – und schrieben schmunzelnd diese chronologisch aufgebaute Revanche.
Am Dienstag den 9. November 2004 klingelte beim IZgMF das Telefon. Dran ist Ralf Grafe, ein Mitarbeiter von Nokia Deutschland. Er hat den Titel Radio Regulations Manager, was immer das auch bedeuten mag. Der Nokia-Mann kommt schnell zur Sache und verlangt, dass wir unsere beiden Autoflyer Nummer 1 und Nummer 2 von der Website entfernen sollen. Die Flyer wären Negativ-Werbung für Nokia und er sei beauftragt, gegen derartige Werbung vorzugehen, um Schaden von Nokia abzuwenden. Er suche mit seinem Anruf jedoch eine freundschaftliche Lösung für das Problem. Diese Lösung, nämlich das unauffällige Entfernen oder Ändern der beiden Flyer, lag schon greifbar in der Luft, als – vielleicht um der Forderung Nachdruck zu verleihen – Ralf Grafe unversehens schärfere Töne anschlägt: Wir hören den ungerechtfertigten Vorwurf, die Fotos der Flyer von Nokia “geklaut” zu haben und vernehmen die Drohung, die Rechtsabteilung von Nokia stünde bereits in den Startlöchern, um gegen das IZgMF vorzugehen. Diese Töne bringen unsere Adrenalinproduktion ebenso schnell wie nachhaltig auf Touren. Das Gespräch endet dann auch bald mit dem Ultimatum: Entweder ihr nehmt bis Freitag den 12. November 2004 die Flyer aus dem Netz, oder ...
Mittwoch: Nokia-Düsseldorf bestätigt uns Grafe’s Identität
Zugegeben, das drohende oder blieb nicht ohne Wirkung. Wir suchen Rat bei einem Anwalt. Und der erklärte uns
– es sei unüblich, derartige Forderungen telefonisch und nicht schriftlich zu stellen.
– es sei nicht ersichtlich, gegen welches Recht das IZgMF mit den Autoflyern angeblich verstoßen soll.
Also verfassen wir eine eMail an Herrn Grafe und bitten um eine schriftliche Begründung seiner Forderung. Die eMail aber kommt als unzustellbar zurück was zu der Vermutung führt, die ganze Geschichte könne ja auch das Werk eines Spaßvogels sein. Später sollte sich herausstellen, dass dies nicht so ist, sondern bei der telefonischen Durchgabe der eMail-Adresse ein Fehler passiert war.
Jetzt wollen wir herausfinden, ob bei Nokia überhaupt ein Herr Grafe auf der Gehaltsliste steht. Da für uns als Mobilfunkgegner die hinterlassene Handynummer ausscheidet (Grafe: “Wir haben hier in der Firma in Düsseldorf keine Festnetztelefone mehr”), holen wir uns die Bestätigung per Festnetzanruf bei Nokia. Denn selbstverständlich hat auch Nokia Festnetzanschlüsse. Die Firma mit dem Slogan Connecting People zu “connecten” war indes gar nicht so einfach, denn eine auf der Nokia-Website gut sichtbar angebotene teure 0190er-Nummer wollten wir vermeiden und die merklich weniger gut sichtbar angebrachte normale Festnetznummer mündete hartnäckig in einer Warteschleife.
Donnerstag: Was das Internet so alles über Ralf Grafe weiss
Nunmehr ausgestattet mit der richtigen eMail-Adresse schicken wir unsere eMail abermals auf die Reise. Grafe antwortet rasch und erklärt u. a.: “Da ich aus langjähriger Erfahrung weiss, dass bei 'unserem Thema' Offenheit, der persönliche Kontakt und ein gewisses Mass an gegenseitigem Vertrauen wichtig ist, habe ich die Form eines Anrufes gewählt. ... Da ich mich zur Zeit auf einer Dienstreise durch Lateinamerika befinde, möchte ich Sie bitten, dies als Bestätigung der telefonischen Aussagen zu betrachten. Wie bereits gesagt würden wir es gerne vermeiden, hier den 'offiziellen Weg' zu beschreiten, da wir hoffen in diesem speziellen Fall sich freundschaftlich zu einigen.”
Leider fehlt in den Ausführungen des Radio Regulations Managers noch immer jeder Hinweis darauf, wes Vergehen wir uns denn nun schuldig gemacht haben. Als Ralf Grafe sich am Donnerstag (11. November 2004) noch einmal telefonisch meldet, haken wir in diesem Punkt nach und bekommen schließlich den Tatbestand der Rufschädigung und Copyrightverletzung genannt. Der Nokia-Vertreter trägt seine Forderung abermals massiv vor, bleibt dabei – wie schon beim ersten mal – jedoch höflich.
Verdutzt darüber, dass unsere putzigen Autoflyer einen Nokia-Manager dazu bringen, selbst über den großen Teich hinweg zu telefonieren, fragen wir uns, wer ist dieser Mann eigentlich? Die Internetrecherche nach unserem Gesprächspartner fördert prompt Überraschendes zutage, Grafe ist einer der Frontleute der Mobilfunkindustrie: Er sitzt (als Vertreter) im Vorstand der Forschungsgemeinschaft Funk, betreibt eine eigene Website als EMVU-Sachverständiger, postet dem Vernehmen nach Deftiges unter dem Pseudonym dougie im Diskussionsforum einer mobilfunkfreundlichen Website und Anfang 2003 trat er bei einem öffentlichen Mobilfunk-Hearing in Hamburg als Vertreter des Industrieverbands Bitkom auf. Als im Verlauf dieses Hearings das Gespräch auf die Blut-Hirn-Schranke kommt, gibt Grafe zur Studie des Wissenschaftlers Leif Salford eine marabere Stellungnahme ab: “Im Rahmen seiner Experimente hat er, und jetzt kommt für mich der wesentliche Punkt, 32 Ratten als Versuchstiere genommen. Er hat es nicht an Menschen versucht, sondern mit Ratten experimentiert.” Dr. Neitzke (Ecolog-Institut), ebenfalls am Hearing beteiligt, machte den Diplom-Ingenieur später darauf aufmerksam: “Sie können so etwas nicht am Menschen untersuchen, weil Sie das Gehirn in feine Scheiben schneiden müssen, um festzustellen, ob da ein Schadstoff durchgekommen ist. Dem sind da schlicht ethische Grenzen gesetzt.”
Freitag: Wir nehmen die Flyer vorübergehend aus dem Netz
Kurz vor Ablauf des Ultimatums Freitagnacht nehmen wir die beanstandeten Flyer aus dem Netz. Nur vorübergehend freilich. Die Begründung dafür ist simpel: Hätten wir es nicht getan, wäre die Nokia-Rechtsabteilung vielleicht tatsächlich an uns heran getreten und es wäre womöglich ein Rechtsstreit entbrannt. Da wir mit den Autoflyern jedoch nicht gezielt Nokia in Misskredit bringen, sondern die Botschaft Mobilfunk macht krank verbreiten möchten, bietet sich als bessere Lösung eine kleine Überarbeitung der Flyer an. Die damit verbundene Arbeit dürfte für uns weit geringer ausfallen als bei einem Rechtsstreit. In der Überarbeitung sehen wir – da legen wir Wert drauf – keinerlei Schuldeingeständnis. Mit anderen Worten: Der Klügere gibt nach. Und damit auch Nokia etwas Greifbares von der Sache hat, behalten wir uns vor, den Düsseldorfern die Überarbeitung der Flyer kurzerhand in Rechnung zu stellen. Speziell für Herrn Grafe zum Schluss noch ein freundlicher Tipp: Geben Sie bei der Google-Bildersuche doch einmal den Nokia-Slogan Connecting People als Suchbegriff ein. Schon auf der ersten Seite der Suchresultate gibt’s dann pikant Frivoles zu sehen, beispielsweise die stellenweise wörtliche genommene Umsetzung Ihres Firmen-Slogans in eine beliebte Fortpflanzungspraxis geschlechtsreifer People. Gucken Sie sich einfach die Bilder an und Sie werden die tiefere Bedeutung unserer rätselhaften Worte auf Anhieb verstehen. Sicher ist: Da haben Nokia-Regulatoren noch jede Menge zu tun ... (16.11.04-ll).
*) Nokia und Nokia Connecting People sind eingetragene Warenzeichen der Nokia Corporation
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