14. Tom Butler vs. König des Vereinigten Königreichs (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 05.10.2025, 20:45 (vor 28 Tagen) @ H. Lamarr

► A Report on the Non-Thermal Effects of Radio Frequency Radiation and the Adequacy of Health and Safety Guidelines to Protect Public Health, 106 Seiten, 2020 (Volltext)

Warum zum Teufel verfasst ein Wirtschaftsinformatiker in Irland einfach mal so ohne Not 106 Seiten über athermische Effekte von HF-EMF mit Betrachtungen zu Fragen der Sicherheit im Aszendenten?

Der Verein Diagnose-Funk, der die Ausführungen von Tom Butler wie ein trockener Schwamm aufsog, sie komprimiert ins Deutsche übersetzte und seinen Anhängern zur Verkostung anbot, beantwortet diese Frage nicht. Sicher ist: Butler hat die 106 Seiten ganz bestimmt nicht zur exklusiven Verzückung von Diagnose-Funk beschrieben. Aber wozu dann?

Nicht im Auftrag Ihrer Majestät

Einen kurzen, aber deutlichen Hinweis auf sein Motiv gibt Butler auf Seite 3 mit den Textpassagen "Duty to the Court" und "Statement of Truth". Offensichtlich verfasste Butler seine Abhandlung nicht aus edler Menschenfreundlichkeit, sondern als Gutachter in einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Da gerichtlich bestellte Gutachter von ihrem Auftraggeber üblicherweise gut bezahlt werden, ist das Motiv Butlers für sein Engagement jetzt nachvollziehbar geklärt. Klar ist auch, von welcher Seite er engagiert wurde (Kläger), womit wiederum die Begeisterung von Diagnose-Funk nachvollziehbar wird. Denn für sein Parteigutachten zugunsten der Kläger konnte Butler gar nicht anders, als z.B. mit athermischen Effekten und Anfeindungen gegenüber Icnirp Diagnose-Funk zu verzücken. Diese Erkenntnisse über das Butler-Papier sind schon die halbe Miete, um den Schriftsatz besser einordnen zu können.

Interessant: Diagnose-Funk verschweigt in seiner deutschen Übersetzung, dass die umfangreiche Butler-Recherche 2020 in Wahrheit ein gerichtlich verwertetes Parteigutachten für die Klägerpartei ist. Suchbegriffe wie Gericht und Gutachten ergaben keine Treffer. Dieses Verschweigen werte ich mit Verlaub als bewusstes Irreführen der Leser, die anscheinend glauben sollen, Butler habe aus freien Stücken gehandelt und die nicht wissen sollen, dass er im Auftrag einer Klägerpartei handelte.

Doch was war das für ein Streitfall, in dem er gutachterte und wie ist diese Auseinandersetzung ausgegangen? Hat Butlers Fleißarbeit seinem Auftraggeber zum Sieg verholfen? Da ChatGPT für derartige Recherchen wie geschaffen ist, habe ich sie der KI anvertraut.

Querulanten gegen 5G

Das Gutachten wurde als Unterstützung in dem ab März 2021 laufenden UK-Gerichtsverfahren Legal Action Against 5G vs. britische Regierung verwendet. Verhandelt wurde der Fall letztinstanzlich am High Court of Justice (Administrative Court) unter dem Aktenzeichen CO/1111/2021. Zuvor wurde die Klage mehrfach abgewiesen. Zuerst am 6. Juli 2021 ohne mündliche Verhandlung, am 28. Oktober 2021 nach einer mündlichen Anhörung dann erneut. Am 25. Mai 2022 gewährte der Court of Appeal nur teilweise die Zulassung zur Klage am High Court.

Legal Action Against 5G ist kein Verein, sondern ein 2019 gegründeter loser Zusammenschluss von Mobilfunkgegnern, um, finanziert von Spenden, juristisch gegen die Einführung von 5G-Mobilfunknetzen vorzugehen (wer finanziert solche Spinner?). War die 5G-Paranoia hierzulande schon schlimm, in UK war sie noch viel schlimmer. Vor Gericht vertrat die Aktivistin Victoria Angell die Kläger. Hauptbeklagter war der UK-Gesundheitsminister.

Der Regierung wurde vorgeworfen, sie ignoriere nicht-thermische Effekte von Hochfrequenzstrahlung. Icnirp-Richtlinien und nationale Richtlinien seien unzureichend, da sie nur thermische Effekte berücksichtigen. Wissenschaftliche Argumente für mögliche nicht-thermische Risiken liefere das Gutachten von Tom Butler. Daraus leiteten die verstörten Kläger schnurstracks ihre Forderungen ab: Die Regierung sollte Vorsorge treffen, strengere Grenzwerte einführen oder den 5G-Ausbau stoppen.

Finale im März 2023

Der High Court wies die Klage am 8. März 2023 ab. Das Gericht entschied, dass die britische Regierung bei ihrer Bewertung der Gesundheitsrisiken von 5G auf anerkannten wissenschaftlichen Rat zurückgegriffen habe und dass die Kläger*innen keine ausreichenden rechtlichen Gründe für eine gerichtliche Überprüfung vorgebracht hätten. Die bloße Existenz widersprechender Ansichten rechtfertigt keine erfolgreiche Judicial Review (Prüfung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen öffentlicher Stellen).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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