National Roaming:
Wenn Netzbetreiber sich Sendemasten teilen

von Stephan Schall, IZgMF

Ein Mann, ein Wort. Ein Mobilfunk-Sendemast, ein Netzbetreiber. Jahrelang ließ sich der Zorn aufgestachelter Bürgerinitiativen leicht an einem der Netzbetreiber festmachen: Denn wer einen Sendemasten errichtete, der betrieb ihn auch. Doch diese Zeiten sind vorbei. Besonders in Regionen mit geringem Gesprächsaufkommen kann sich niemand mehr sicher sein, über welchen Mobilfunk-Sendemasten seine Gespräche abgewickelt werden. Die Grundlage dafür ist das “National Roaming” (27.12.2015).

Nehmen wir an, in einer eher dünn besiedelten Gegend errichtet die Deutsche Telekom als erster Netzbetreiber einen Mobilfunk-Sendemasten im wurmstichigen Dachstuhl eines alten Schlosses. Schauen dann Kunden der Netzbetreiber Vodafon und O2/E-Plus in die Röhre? Oder können sie darauf hoffen, dass der Telekom-Sendemast auch ihre Gespräche abwickelt? Das IZgMF fragte bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) nach und bekam folgende Auskunft:

BNetzA behindert nicht gemeinsame Nutzung von Sendemasten

National Roaming

Unter Roaming ist die Fähigkeit eines Mobilfunkteilnehmers zu verstehen, in einem anderen Mobilfunknetz (dem “Gastnetz”) als dem seines eigenen Mobilfunkanbieters (dem “Heimatnetz”), automatisch Anrufe empfangen oder tätigen bzw. Daten verschicken oder empfangen zu können. Beim National Roaming ist dieses im Gegensatz zum International Roaming (oder Auslandsroaming) – auf das Inland beschränkt, folgt aber im Wesentlichen derselben Technik. Umgesetzt wird das Roaming durch “Roaming-Agreements”, die die Mitbenutzung fremder Netze zum Ziel haben in Gebieten, in denen ein eigener Netzausbau nicht oder noch nicht stattgefunden hat. Auf diese Weise ist trotz eines fehlenden eigenen Netzes das flächendeckende Angebot der Mobilfunkleistungen möglich (Quelle: Drucksache 16/13500).

Eine gemeinsame Nutzung von Mobilfunk-Sendemasten durch mehrere Wettbewerber ist in Deutschland möglich. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass die gemeinsame Nutzung von Funknetzinfrastrukturen einen Beitrag zur Kostensenkung beim Auf- und Ausbau sowie beim Betrieb von Funknetzen liefern kann. Kooperationen zwischen den Wettbewerbern können (gerade im ländlichen Raum) zu einer Kostenreduzierung führen und damit den zügigen und flächendeckenden Netzaufbau und eine schnelle Verfügbarkeit von drahtlosen Netzzugängen fördern.

Die Bundesnetzagentur hat hierzu ein entsprechende Thesenpapier mit dem Titel Gemeinsame Nutzung von Funknetzinfrastruktur und Funkressourcen im Amtsblatt 15/2010, Mitteilung 458/2010 vom 11. August 2010 veröffentlicht.

Unter Punkt I.1 (Site Sharing) ist in diesem Thesenpapier aufgeführt, dass u. a. eine gemeinsame Nutzung von Grundstücken, Masten und Antennen zulässig ist. Den Wettbewerbern steht es also frei, untereinander die gemeinsame Nutzung von Mobilfunk-Sendemasten (für bestimmte Standorte) zu vereinbaren.

Im zweiten Teil des Thesenpapieres werden weitergehende gemeinsame Nutzungen von Funknetzinfrastrukturen und Frequenzressourcen betrachtet, welche der Einzelfallprüfungen durch die Bundesnetzagentur und erforderlichenfalls der zuständige Kartellbehörde bedürfen. Hierzu zählt auch die mögliche Nutzung "fremder" Mobilfunknetze durch den Verbraucher.

In der Vergangenheit war es z.B. O2-Kunden in Deutschland möglich, von 1999 bis 2010 das Mobilfunknetz der Deutschen Telekom zu nutzen, wenn keine Netzversorgung über das O2-Netz gegeben war. Auf diese Weise konnten Lücken im O2-Netz mit Hilfe von “National Roaming” geschlossen werden. Das National Roaming wurde zwischen beiden Konzernen vertraglich geregelt. Berichte, die Bundesnetzagentur hätte solches in der Vergangenheit untersagt, sind unzutreffend.

Die Statistik Standortmitbenutzung auf unserer EMF-Internetseite gibt unabhängig von dem jeweiligen Betreiber die Anzahl der Funkanlagen an einem Standort wieder. Sowohl aus Gründen des Wettbewerbs als auch aus technischen Gründen haben die Mobilfunk-Netzbetreiber unterschiedliche Netzplanungen. Dies führt dazu, dass an einem Funkanlagenstandort beispielsweise mehrere GSM-, UMTS- oder LTE-Systeme mit unterschiedlicher Konfiguration installiert sind. Zur Minimierung von erforderlichen Funkanlagenstandorten, lässt sich anhand der veröffentlichten Statistik feststellen, dass die Mobilfunknetzbetreiber bemüht sind, Funkanlagenstandorte soweit wie möglich gemeinsam zu nutzen.

Soweit die Auskunft der BNetzA.

Die auch im IZgMF-Forum verbreitete Ansicht, die Regulierungsbehörde habe früher die Mitbenutzung von Mobilfunk-Sendemasten durch Wettbewerber untersagt, beruht aller Voraussicht nach auf der Netzausbauverpflichtung, die den ersten Mobilfunk-Netzbetreibern (D-Netze) mit den GSM-Lizenzen aufgetragen wurde. Diese Verpflichtung, die nicht mit der Versorgungsverpflichtung verwechselt werden darf, verbot in den Anfangsjahren des GSM-Mobilfunks faktisch ein National Roaming zwischen Deutsche Telekom und damals Mannesmann.

E-Plus und O2: deutschlandweites National Roaming

Ende März 2015 begann Telefónica Deutschland mit dem Zusammenlegen der UMTS-Netze von O2 und E-Plus. Nach und nach wurde in immer mehr Regionen National Roaming möglich. Bereits am 20. Mai meldete Telefónica Deutschland, die Zusammenlegung der Netze sei abgeschlossen, den Kunden stünde nun die dichteste UMTS-Versorgung im städtischen Raum zur Verfügung. Die zusammengelegte UMTS-Netzinfrastruktur erreiche jetzt rund 90 Prozent der Bevölkerung Deutschlands.

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National Roaming mit unerwünschter Spätfolge

So willkommen National Roaming für einen aufstrebenden Netzbetreiber auch sein mag, wenn das eigene Netz im Laufe der Zeit zunehmend ausgebaut wurde und damit die Notwendigkeit der Netzmitbenutzung entfällt, gilt es das National Roaming Stück für Stück wieder zu beenden. Bei flächendeckendem National Roaming ist es gar nicht so einfach, dies reibungslos hinzubekommen. Eine solche Erfahrung mussten 2007 die damaligen National-Roaming-Geschäftspartner O2 und T-Mobile machen, wie aus dem Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts für die Jahre 2007/2008 hervor geht (Drucksache 16/13500).

Das Bundeskartellamt hatte seinerzeit die Beschränkung sogenannter Barring-Rechte in einer Klausel des National-Roaming-Vertrages für das GSM-Netz (Mobilfunk der zweiten Generation „2G") zwischen den beiden Mobilfunk-Netzbetreibern Telefónica O2 (O2) und T-Mobile Deutschland GmbH (T-Mobile) geprüft und abgemahnt. Die Parteien haben daraufhin den Verstoß durch eine Ergänzungsvereinbarung beseitigt. Das Verfahren wurde mit einer Entscheidung nach § 32c abgeschlossen.

O2 hatte im Jahr 1997 als vierter und letzter Mobilfunk-Netzbetreiber eine GSM-Lizenz erworben, die im Gegensatz zu den anderen vergebenen Lizenzen keine Netzausbauverpflichtung vorsah, sondern lediglich eine Versorgungspflicht, die somit auch durch National Roaming mit einem anderen Netz erfüllt werden konnte. Nachdem O2 einige Jahre National-Roaming-Dienstleistungen über ein Verfahren der Swisscom AG bezogen hat, schloss das Unternehmen im Jahr 2000 mit T-Mobile eine National-Roaming-Vereinbarung für das 2G-Netz, mit dem T-Mobile National-Roaming-Dienstleistungen zugunsten von O2 gegen die pauschale Vergütung von Minutenkontingenten erbrachte.

Wurde während des National Roamings – wie es bei O2 seit dem Erwerb günstigerer Frequenzen im Jahr 2006 der Fall ist – das Heimnetz parallel ausgebaut, kommt es zu überlappenden Versorgungsgebieten, in denen die O2-Kunden für beide Netze zur Nutzung autorisiert sind.

Die Aufrechterhaltung des Roamings in überlappenden Versorgungsgebieten kann jedoch nicht unerhebliche Einschränkungen der Nutzung des ausgebauten Heimatnetzes mit sich bringen, ausgelöst durch den (unerwünschten) Netzwechsel während eines Gesprächs oder im Stand-By-Modus des Endgerätes. Die National-Roaming-Vereinbarung sah daher das Recht von O2 vor, in von O2 angegebenen Bereichen des T-Mobile-Mobilfunknetzes, das National Roaming für O2-Kunden zu sperren (sogenanntes Barring). Das Barring hatte zur Folge, dass die O2-Kunden in gebarrten Gebieten nicht mehr auf das Netz von T-Mobile zugreifen können, sondern nur noch auf das bestehende O2-Netz oder aber keine Netzversorgung haben, sofern in dem gebarrten Gebiet oder Teilen davon kein O2-Netz verfügbar ist. Ein Wechsel in das T-Mobile-Netz war damit ausgeschlossen. Die Versorgungsgebiete von T-Mobile und O2 sind wegen unterschiedlicher Netzstrukturen allerdings nicht kongruent (deckungsgleich). Beim Barring konnte es daher zu Versorgungslücken kommen, wenn T-Mobile ein größeres Gebiet barrte als O2 zu diesem Zeitpunkt ausgebaut hatte. Ein Barring in nicht ausgebauten Gebieten führt an den betroffenen Standorten in großem Ausmaß zu plötzlich schlechterem Netzempfang, abbrechenden Gesprächen, undeutlicher Sprachqualität und Funklöchern. Umgekehrt können trotz des Barrings weiterhin überlappende Versorgungsgebiete mit den daraus resultierenden Nutzungssproblemen entstehen. Durch eine Klausel in der 2G-National-Roaming-Vereinbarung wurde das Barring-Recht von O2 auf eine begrenzte Anzahl von Barring-Ersuchen pro Jahr beschränkt.

Die Prüfung des Bundeskartellamtes ergab 2007, dass die Begrenzung der Anzahl der Barring-Rechte eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung zwischen T-Mobile und O2 auf dem Endkundenmarkt für Mobilfunk-Sprachdienste darstellte. Insbesondere führte die Barring-Beschränkung zu einer erheblichen Behinderung des Homezone-Produkts Genion von O2, einen wesentlichen Preisparameter auf dem relevanten Markt.

 

 

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