Stoa-Studie: ein Geschenk Gottes für Italiens Mobilfunkgegner (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 09.04.2024, 00:33 (vor 36 Tagen) @ H. Lamarr

Diagnose-Funk nutzt die kommende Bundestagswahl, um sich mit einer neuen "EU-Studie", einer alarmierenden Review über angebliche Gesundheitsrisiken von 5G in Szene zu setzen. Doch wie immer bei diesem Verein: Schaut man genauer hin, bleibt von der kernigen Ankündigung nicht viel übrig. Dieser Faktencheck gilt nicht dem Inhalt der Review, sondern den fragwürdigen Umständen, unter denen dieses Papier zustande kam. Die Recherchen deuten auf eine herbe Fehlfunktion in der Stoa-Lenkungsgruppe des EU-Parlaments hin. Ob sich daraus ein handfestes Skandälchen entwickelt ist noch nicht entschieden.

Manchmal sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht. Denn ein weiterer bislang unbeachtet gebliebener Aspekt in der Causa "Stoa-Studie" ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie. Dieser hätte für die Studienautorin aus Italien nicht besser liegen können.

Vergeben hatte Stoa den Auftrag für eine Review der gesundheitlichen Auswirkungen von 5G unter fragwürdigen Begleitumständen (darum geht es oben in diesem Strang) an die italienische Wissenschaftlerin Fiorella Belpoggi. Veröffentlicht wurde die Studie, die eigentlich ein Bericht ist, für die Allgemeinheit am 22. Juli 2021, zuvor wurde sie am 31. Mai 2021 anlässlich einer Online-Präsentation Mitgliedern des EU-Parlaments vorgestellt.

Der Zeitpunkt war für die überzeugte Mobilfunkkritikerin Belpoggi eine Punktlandung, denn Mitte 2021 tat sich ausgerechnet in Italien etwas, für dessen Vereitelung die Review wie geschaffen war: Die italienische Politik schickte sich an, die strengen HF-EMF-Vorsorgewerte des Landes zu lockern, um den 5G-Netzausbau im Stiefel zu fördern. Ob es aufs Konto der alarmierenden Stoa-Studie ging ist nicht bekannt, Fakt ist jedenfalls, der politische Vorstoß zur Grenzwertlockerung in Italien versandete seinerzeit und wurde erst 2023 wieder aufgegriffen. Der Vorgang erinnert an das Scheitern des Nichtraucherschutzgesetzes im Deutschen Bundestag (1998), eine peinliche Fehlentscheidung, die erst rd. zehn Jahre später korrigiert wurde.

Der äußerst günstige Zeitpunkt des Erscheinens der Stoa-Studie auf der Bildfläche kann Zufall sein, die Häufung fragwürdiger Begleitumstände dieses Projekts nähren jedoch auch die Spekulation, dass hier ein perfider Plan im Spiel war. Welche der beiden Varianten die zutreffende ist, werden wir wohl nie erfahren und letztlich ist es auch egal, denn so oder so wird Ende April 2024 aller Wahrscheinlichkeit nach der Vorsorgegrenzwert in Italien von 6 V/m auf 15.V/m gelockert.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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