dpa: Mobilfunk hat getötet

Erwin, Samstag, 13.03.2004, 16:02 (vor 7795 Tagen) @ Erwin

Die Bomben von Madrid wurden mittels Anrufen an die beigefügten Handys
gezündet.
Auch das wird jetzt gerne verschwiegen.

dpa als Quelle:

http://www.n-tv.de/5224329.html

Text:

Samstag, 13. März 2004
Details der Fahndung
Fahrplanexperten am Werk

Zwei Tage nach den Anschlägen auf vier Pendlerzüge in Madrid war noch völlig unklar, wer für das Blutbad verantwortlich war. "In dieser Frage hängt die Fahndung völlig in der Luft", sagte ein Polizeiexperte. Einige Indizien deuten eher auf eine Täterschaft der baskischen Untergrundorganisation ETA hin, andere auf das Terrornetzwerk El Kaida. Aber abgesehen vom politischen Hintergrund haben die Ermittler schon eine Reihe von Fakten herausgefunden.

Die Polizei weiß weitgehend, nach welchem Schema die Terroristen vorgingen und wie die Bomben konstruiert waren. Die Sprengsätze, die zur morgendlichen Rush Hour in den vollbesetzten Vorortszügen explodierten, bestanden aus jeweils gut zehn Kilogramm Plastiksprengstoff. Dieser hat die Handelsbezeichnung Goma-2 Eco und wurde von der Unión Española de Explosivos (UEE) in Nordspanien hergestellt.

Die ETA hatte in den 80er Jahren Dynamit-Mischungen dieser Art bei ihren Anschlägen verwendet, war aber dann auf französischen Sprengstoff umgeschwenkt. Auch die Zünder stammten nach Angaben der Ermittler aus UEE-Herstellung. Wie kamen die Terroristen an den Sprengstoff und die Zünder? Die Materialen werden unter anderem in Bergwerken verwendet. Sie werden nicht auf Vorrat produziert, sondern nur auf Bestellung durch lizenzierte Firmen. Auf Grund langjähriger Erfahrungen mit dem Terror werden die Herstellung und Verwendung genau überwacht. Sprengstoff-Transporte werden von der Polizei eskortiert. Nun wird ermittelt, wann und wo Dynamit gestohlen wurde.

Die Terroristen hatten den Sprengstoff in Reisetaschen versteckt und mit Handys gezündet. Die Detonation wurde nicht durch einen Anruf ausgelöst, sondern durch die Weckvorrichtung in den Telefonen. Alles dies wissen die Ermittler durch die Untersuchung eines Sprengsatzes, der bei den Anschlägen nicht explodiert war und erst später in einem Polizeirevier entdeckt wurde.

Die Wecker waren so eingestellt, dass die Bomben zu einem Zeitpunkt detonierten, an dem die Züge laut Fahrplan in einem Bahnhof halten sollten
. Das heißt: Die Terroristen hatten das Madrider Nahverkehrssystem genau studiert und wussten, dass sie sich auf die Pünktlichkeit der Pendlerzüge verlassen konnten. Sie hatten die Bomben mit einem gestohlenen Lieferwagen zum Bahnhof der 30 Kilometer östlich gelegenen Universitätsstadt Alcalá de Henares gebracht und dort in den Zügen versteckt.

Die vier "Todeszüge" fuhren zwischen 7:00 und 7:15 Uhr nach Madrid ab. Die Bahnsteige liegen direkt nebeneinander, so dass die Terroristen keine weiten Wege hatten. "Manche Ermittler nehmen an, dass die Bombenleger nicht mehr als sechs Mann waren", schreibt die Zeitung "El País". Bei drei Zügen hatten die Terroristen mehr als fünf Minuten Zeit. Diese Züge hatten Alcalá als Endstation und kehrten nach Madrid um. Einer der Züge hielt allerdings nur eine Minute. Er kam aus Guadalajara und fuhr nach Madrid weiter. In diesem Zug versagten zwei der gelegten Sprengsätze, möglicherweise weil den Bombenlegern nicht genug Zeit blieb.

Die Terroristen deponierten in den ersten drei Züge je vier Bomben. Nur im letzten Zug um 7.15 Uhr hinterließen sie nur einen Sprengsatz. "War ihnen einfach der Vorrat ausgegangen oder hatten sie keine Zeit mehr?", fragt "El País". Auf diese Frage gibt es keine Antwort. Unklar ist auch, ob die Terroristen nach der Deponierung der Bomben sofort wieder ausstiegen oder ein paar Stationen weit in den Zügen mitfuhren. Auch weiß man nicht, ob ein Bombenleger jeweils zwei oder drei Taschen auf einmal trug oder, um keinen Verdacht zu erwecken, jeweils nur eine.

(von Hubert Kahl, dpa)


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum