Thalwil: Sturm auf die Antennen - abgesagt (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 26.12.2012, 15:48 (vor 4157 Tagen)

Das www ist übersäht mit Leichen. Gemeint sind tote oder halbtote Webseiten von Bürgerinitiativen gegen Mobilfunk. Indiz für die Verwesung: das Datum der letzten Aktualisierung.

Szenenwechsel.

Thalwil ist eine Gemeinde am Zürichsee, Gigaherz hät dort regelmäßig im Januar seine Jahreshauptversammlung ab.

Bei der Suche nach Thalwil bin ich auf diese vor sich hingammelnde Website einer BI gestoßen, genauer auf den dort eingestellten unsäglichen Grusel-Artikel Elektrosmog - Sturm auf die Antennen (PDF) von Thomas Grether und Christoph Schilling, erschienen irgendwann 2005 in dem Schweizerischen Axel-Springer Blatt "Beobachter"

So weit so gut, die Gute-Nacht-Geschichte aus dem Beobachter dürfte anno Tobak Klein und Groß in Angst und Schrecken versetzt haben.

Kommen wir zurück auf Thalwil. Auch um diesen Flecken geht es in dem Gruselartikel des Beobachter. Vorsicht, der Textstil ist aus der Goldgräberzeit der Mobilfunkgegnerei und heute praktisch ausgestorben:

Kritik an den Gemeindebehörden auch in Thalwil ZH: Dort steht eine Antenne auf dem Bergschulhaus. Die Gemeinde erhält dafür von Sunrise jährlich 2400 Franken. Einige Antennennachbarn schlafen nur noch im Keller. Sie hatten sich erfolglos gegen die Anlage gewehrt. «Die Gemeinderäte unterwarfen sich kampflos der Telekomindustrie», sagt die Zahnärztin Cécile Pajarola resigniert. Wegen schlafloser Nächte, schwerer Sehstörungen und unerträglicher Ohrenschmerzen musste sie die Leitung der Schulzahnklinik aufgeben. Gemeindeschreiber Martin Pallioppi weist die Kritik zurück, man habe sich für die Bevölkerung zu wenig eingesetzt. «Als wir den Vertrag mit Sunrise abschlossen, waren die Gefahren noch nicht so bekannt.» Die Gegenwehr der Bürger bewirkte immerhin, dass Thalwil den Vertrag aufs Jahr 2008 kündigte und künftig auf Gemeindegebiet keine Antennen mehr zulässt.

Das, worauf es mir ankommt habe ich rot markiert.

Soviel zu der Behauptung aus dem "Beobachter" des Jahrgangs 2005.

Und nun zur Realität.

Mit einem Bildbearbeitungsprogramm habe ich zwei Karten transparent übereinander gelegt. Die eine (Google-Maps) zeigt das Gemeindegebiet von Thalwil (im Bild rot nachgezogen), die andere (Bakom-Senderkarte) den Senderbestand am Zürichsee. Übereinander gelgt lässt sich damit mühelos feststellen, was an der Behauptung im "Beobachter" dran ist.

[image]

Ich zähle dort 22 Standorte für GSM-Sendemasten und 14 Standorte für UMTS-Sendemasten. Ganz ordentlich.

Noch Fragen?

Die Vorhersage des "Beobachter", sie ist so falsch, falscher geht's nicht. Statt der angekündigten 0 Sendemasten hat die Gemeinde am 26.12.2012 auf 5,53 km² Gemeindegebiet 36 Sendemasten. Thalwil ist damit genau der richtige Ort für einen Anti-Mobilfunk-Verein mit Elektrosensiblen-Abteilung, dort seine Jahreshauptversammlung abzuhalten. Dass Thalwil noch das Auslaufen von 36 Verträgen abwarten muss, um irgendwann doch noch antennenfrei in die Steinzeit der Funkversorgung zu fallen, halte ich für die Fieberphantasie eines Mobilfunkgegners.

Der publizierte Müll aber bleibt im www stehen und wird von fleißigen Lieschen emsig gesammelt und weiterverbreitet. Eine Pflege findet nicht statt. Das wird, wenn nichts dagegen unternommen wird, mMn über kurz oder lang zu einem Desinformationskollaps der sogenannten Informationsgesellschaft führen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Jakob, Gigaherz, Senderkarte, Jahreshauptversammlung


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