Die Lufthoheit überlassen (Allgemein)

Kuddel, Sonntag, 12.01.2014, 18:43 (vor 3758 Tagen) @ Peter
bearbeitet von Kuddel, Sonntag, 12.01.2014, 20:30

Genau das befürchte ich auch und deshalb dachte ich, dass eine Gruppe erfahrener, sachlich versierter Kenner der Materie diese Prästentation im Fuchsstadl nutzen sollten, um die Scharlatanerie zu entlarven. Leider scheint das ein Wunsch zu bleiben.

Vorsicht !
Herrn Raithel kann man sicher keine Scharlatanerie vorwerfen.

Er hat den Auftrag bekommen, ein "Prognose-Gutachten" anzufertigen und Vorschläge zu machen, wie man an ausgewählten Punkten die Immission von Sendemasten verringern kann. Man könnte hier und da an Details herummäkeln, aber im Großen und Ganzen hat er seinen Auftrag vertragsgemäß erfüllt.

Die "Sinnhaftigkeit" des erteilten Auftrags und die Sinnhaftigkeit von "Aufwand zu Nutzen" kann man ihm nicht zum Vorwurf machen.
So wenig, wie man einem Versicherungsvertreter verübeln kann, wenn er einem Kunden eine unnütze Versicherung verkauft, die der Kunde selbst verlangt hat und sich auch finanziell leisten kann.

Baubiologen bieten an, Imissionen zu reduzieren und bedienen sich dabei subtilen "Ängsten", ähnlich wie auch Versicherungsvertreter es tun.

Selbstverständlich stellen sie den Sinn ihrer Dienstleistung nicht in Frage, sondern fördern die Ängste ganz geschickt durch (nicht objektivierbare) "Fallbeispiele aus der Praxis" und durch Berufung auf andere "Autoritäten", wie z.B. Herrn Dr. Gerd Oberfeld von der Landessanitätsdirektion, dem BUND, der Bioinitiative etc.

"Entwarner" und Zweifler stehen bei solchen Veranstaltungen so gut wie immer auf verlorenem Posten.
Es sei denn das Publikum besteht ausschließlich aus gebildeten und vernunftbegabten Menschen und ist für Gegenargumente tatsächlich "offen", was meist nicht der Fall ist.

Gegenüber einem Laienpublikum spielt weniger fachlich fundiertes Wissen eine Rolle, als rhetorisches Können, Schlagfertigkeit, sympathisches Auftreten und fachliche Titel.

Leute, wie Herr Buchner, Herr Maes oder Herr Raithel, die schon zig-fach solche Veranstaltungen durchgezogen haben, haben sich diese Fertigkeit über Jahre angeeignet und verfügen über sicheres Auftreten und einen erprobten Baukasten an rhetorischen Kniffen um bei Laien als "Experte" zu überzeugen. Sie sind möglicherweise sogar von sich selbst überzeugt, handeln also nach bestem Wissen und Gewissen. Sie gehören quasi zur "Creme de la Creme" von Haustürvertretern, die an ihr Produkt glauben und selbst einem Eskimo noch einen Kühlschrank verkaufen.

Dagegen kommt man nur an, wenn man mehr zu bieten hat, als sachliche Erwiderungen. Man muß ebenso "schlagfertig" sein und auch den Zuhörern vermitteln können, daß man man ihre Ängste und Sorgen ernst nimmt.
Diese Mischung aus (wirklicher) Experte ,Psychologe, Pädagoge und Führungspersönlichkeit ist kaum zu finden.

Politische Entscheidungträger achten darauf, daß sie sich die Sympathie im Volk nicht verscherzen.
Im Zweifelsfall werden sie lieber den Weg des geringsten Widerstandes gehen und öffentliche Gelder für Gutachten ausgeben, als die nächste Wiederwahl zu gefährden.

Am Ende wird der "importierte Entwarner" nicht nur von den "Mahnern" und den "Besorgten" in die Zange genommen, sondern auch von den Polikern, die das Geld für das Gutachten ja bereits ausgegeben haben und mit dem Zweifel an der Sinnhaftikeit des Auftrags selbst in die Schußlinie geraten.

Die üblichen Methoden, um den "Entwarner" zu diskredieren:

Zunächst werden Spekulationen über seine möglichen Motive in den Raum geworfen, z.B. Vorwurf der "Nähe" zu den Mobilfunkbetreibern oder der Industrie.

Ein äußerst beliebter Trick der Baubiologen ist es, die Zuhörer mit einer maschinengewehrartigen Salve von besorgniserregenden Studien-Zitaten "fachlich" zu beeindrucken, auf die der "Entwarner" auf die Schnelle nichts erwidern kann, weil

a) es sich um pseudowissenschaftliche Studien aus der Alternativmedizin handelt, die er nicht kennt
b) die Studien von so zweifelhafter Qualität sind, dass sie in der wissenschaftlichen Community bedeutungslos sind
c) Aussagen so geschickt aus dem Zusammenhang gerissen wurden, dass sie das Resumee der Studienautoren ins Gegenteil verkehren.
d) Es sich um alte Pilot-Studien handelt, deren Ergebnisse in Folgestudien nicht reproduzierbar waren.
e) die Zitate schlicht gefälscht sind
f) es zu viele Zitate sind, um sie im Detail zu erwidern

Weil der "Entwarner" in der Regel nicht ebenso maschinengewehrartig kontern kann, steht er beim Laienpublikum gegenüber dem Baubiologen als der Depp da.

Ein Übriges tun die Störungen aus dem Publikum, von jenen ....
- ... die den Diskurs zwischen Pseudoexperten und Fachleuten als "Streit unter Wissenschaftlern" interpretieren, der auf ihrem Rücken ausgetragen werden soll.
- ... die keine Entwarnung wollen
- ... denen die Diskussion zu lange dauert

Der "Entwarner" hat als einziges die Möglichkeit, die vielen entwarnenden Studienergebnisse und die Expertenmeinungen von BfS und WHO anführen.
Darauf ist der Baubiologe aber bestens vorbereitet, denn er kennt die bedeutsamen "entwarnenden" Studien aus dem eff-eff und diskreditiert diese wiederum mit dem "Verdacht auf Industriegelder" oder kontert mit wieder mit maschinengewehrartigen Salven an Kritikpunkten, auf die sein Gegenspieler nicht vorbereitet ist, so dass vor dem Laienpublikum der Pseudoexperte als Experte dasteht und der Experte als Depp.

Dieses "in die Zange nehmen" seitens der Mobilfunkgegner ist auch der Grund, warum Behördenvertreter von BfS und Lfu generell nur ungern an solchen Veranstaltungen teilnehmen.

Wie Herr Lerchl in seiner Fussnote schreibt:
Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." (Vince Eber)

K

Tags:
Scharlatanerie, Entwertung, Trick, Steuerverschwendung, Kommerz, Autodidakt, Entwarnung, Ulrich


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