Bienen (Allgemein)

Doris @, Donnerstag, 01.07.2010, 12:08 (vor 5056 Tagen) @ Eva Weber

Prof. Neelima Kumar, der Universität Pandjab, Kalcutta, India bringt Bienensterben mit Mobilfunk in Zusammenhang.

Zu dieser indischen Studie wird im WIK EMF-Brief vom 08.06.2010
wie folgt Stellung genommen.

Möge dies jeder in seine persönliche Bewertung mit einbeziehen...oder auch nicht
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Neue indische Studie über das Verhalten von Honigbienen unter Mobilfunkeinfluss

In der Publikation „Changes in honeybee behaviour and biology under the influence of cellphone radiations“ berichten Forscher der indischen Panjab Universität über nachteilige Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung auf die untersuchten Bienenvölker. In dem Versuchsaufbau wurden zwei Bienenstöcke
mit je zwei eingeschalteten Handys (GSM 900 MHz) bestückt. Zwei weitere Stöcke mit inaktiven „Dummy-Handys“ bzw. ganz ohne Mobiltelefone dienten als Kontrollgruppen. Zwischen Februar und April wurden die Handys in den Test-Bienenstöcken an zwei Tagen pro Woche täglich zweimal 15 Minuten im
Sprachmodus betrieben (eins der Handys wahrscheinlich über Kabel verbunden mit einer Audioquelle; siehe Abbildung in der Publikation). Ergebnis: Die Bienen in den exponierten Bienenstöcken flogen weniger aus, sammelten deutlich weniger Pollen, und ihre Königinnen produzierten weniger Eier. In den
Stöcken fanden die Forscher keine toten Bienen, aber die Anzahl verringerte sich durch nicht wiederkehrende Arbeiterbienen. Nicht ausfliegende Bienen verhielten sich still oder verwirrt, "als ob sie nicht wüssten, was sie tun sollen", so ein Zitat aus der Publikation. Und weiter: „Gegen Ende des
Experiments kam es zu einem vollständigen Verlust der Kolonie, weil es dort weder Honig, noch Pollen, noch Brut noch Bienen mehr gab". Auf Basis dieser Beobachtungen ziehen die Autoren Vergleiche zu/ Studien von Ulrich Warnke aus den 70er Jahren und einer Publikation von Edwin L. Carstensen aus den
80er Jahren über Einflüsse von Niederfrequenzfeldern (Hochspannungsleitungen) auf Bienen, wo ähnliche Effekte beobachtet worden waren. Außerdem lege die vorliegende Studie nahe, „dass das (allgemeine) Bienenvolksterben (‚colony collapse disorder‘, CCD) als Folge der Exposition in Mobilfunkfeldern auftritt“,
so die Autoren.

Bemerkungen zur Studie:
Die Bienenexperten der Panjab Universität bestimmten in ihrem Versuchsaufbau mit relativ einfachen Mitteln durchschnittliche Feldintensitätswerte, die etwa 2% (Leistungsflussdichte) bzw. 14% (elektrische Feldstärke) der in Deutschland geltenden Grenzwerte entsprechen und die nahe den Schweizer Grenzwerten liegen. Die unzureichende Dosimetrie (punktuelle Feldmessung statt Bestimmung der
Feldverteilung und eventueller Störfelder) sowie die beiden unter unkontrollierten Freilandbedingungen in die Bienenstöcke hineingestellten Handys als Expositionsquelle lassen jedoch vermuten, dass die
Forscher dem funktechnischen Design der Studie nicht allzu viel Bedeutung beigemessen haben. Dieser Eindruck verstärkt sich durch einen Fehler bei der Umrechnung der gemessenen Leistungsflussdichte in die elektrische Feldstärke um eine Kommastelle, der allerdings auch den Reviewern des Artikels offenbar
nicht auffiel (der richtige Wert wäre 5,68 V/m statt 56,8 V/m). Eine weitere Schwäche des Studiendesigns ist, dass die exponierten und nicht exponierten Gruppen jederzeit erkennbar waren, eine Verblindung der Versuchsgruppen also nicht stattfand.
Die Untersuchung wurde in der mit einem Impact Factor von 0,8 relativ niedrig gelisteten indischen Fachzeitschrift „Current Science“ veröffentlicht. Die weitgehenden Schlussfolgerungen, die die Autoren aus dieser einzelnen Studie mit einem nur als vorläufig zu betrachtenden Studiendesign ziehen, sind aus
wissenschaftlicher Sicht fraglich und vor allem durch den nicht fachmännischen technischen Aufbau ohne gut definierte Expositionsquellen nicht gerechtfertigt. Umso erstaunlicher ist es, dass auch namhafte deutsche Medien die Schlussfolgerungen der Autoren unkritisch übernehmen und mit Titeln wie „Mobilfunk führt zum Bienentod“ (n-tv, 02.06.2008 (vermutlich Schreibfehler, müsste 2010 sein)) oder „Handys töten Bienen“ (Financial Times, 02.06.2010) darüber berichten.
Ähnlich mangelhaft standardisierte und elektrotechnisch charakterisierte Versuchsaufbauten mit DECTTelefonsignalen an Bienenstöcken wurden bereits in den 2000er Jahren von einer deutschen Arbeitsgruppe um die Forscher J. Kuhn und H. Stever verwendet (siehe Literaturhinweise in der vorliegenden Studie), die allerdings nicht so weit gehende Schlüsse aus ihren Resultaten zogen. Ihre
Ergebnisse wiesen aber tendentiell in die gleiche Richtung wie in der vorliegenden Studie.
Bibliografie:
Sharma & Kumar, Curr. Sci. 98(10), 1376-1378 (2010) Download der Studie

siehe auch:
Bienen und Mobilfunk: Folge 26
Bienenstudie

Tags:
Bienensterben, Bienen, WIK EMF-Brief, Kumar


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