Falsche Ausgewogenheit in der Mobilfunkdebatte (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 11.10.2022, 00:59 (vor 760 Tagen)

Falsche Ausgewogenheit, gelegentlich auch als falsche Gleichgewichtung bezeichnet (englisch false balance, bothsidesism), ist ein Phänomen der medialen Verzerrung, bei dem vornehmlich im Wissenschaftsjournalismus einer klaren Minderheitenmeinung oder völligen Außenseitern ungebührlich viel Raum gegeben wird, sodass fälschlich der Eindruck entsteht, Minderheitenmeinung und Konsensmeinung seien gleichwertig.

Hierbei werden beispielsweise Argumente und Belege angeführt, die in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Nachweisen der jeweiligen Seiten stehen oder Informationen unberücksichtigt lassen, die die Behauptung einer Partei als haltlos erscheinen lassen würden. Teilweise werden auch wissenschaftlich völlig haltlose Thesen als plausible oder gar fundierte Hypothesen präsentiert. Ursache für diese Verzerrung ist häufig der Wunsch von Journalisten, Verzerrung möglichst zu vermeiden.

Durch diese vermeintlich neutrale, bzw. objektive Darstellung, die sich nicht am Forschungsstand orientiert, sondern Mehrheits- bzw. Konsensmeinung und Außenseitermeinung als gleichwertig darstellt, entsteht in der Öffentlichkeit ein falsches Bild über den Kenntnisstand innerhalb der Wissenschaft, das bis hin zur Verbreitung von klaren Falschinformationen reichen kann. In manchen Fällen wie z. B. beim wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel, den Gesundheitsgefahren des Tabakkonsums oder der Wirksamkeit von Impfungen kann in der Öffentlichkeit selbst bei seit langem wissenschaftlich unumstrittenen Themen der Eindruck entstehen, diese würden in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. weiter ...

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Wissenschaft, Zerrbild, Verschwörungstheoretiker, Kontroverse, Wissenschaftsjournalismus, Falschinformation, Konsens

Falsche Ausgewogenheit in der Mobilfunkdebatte

e=mc2, Dienstag, 11.10.2022, 08:15 (vor 760 Tagen) @ H. Lamarr

... bei dem vornehmlich im Wissenschaftsjournalismus einer klaren Minderheitenmeinung oder völligen Außenseitern ungebührlich viel Raum gegeben wird, sodass fälschlich der Eindruck entsteht, Minderheitenmeinung und Konsensmeinung seien gleichwertig.

In meiner Erfahrung tritt dieses Phänomen im wissenschaftlichen Journalismus nicht sehr häufig auf. Jedoch ist es gang und gäbe, bei wissenschaftlichen Artikel im politischen Journalismus. Solche Artikel erscheinen dann bevorzugt im Inland-, Regional- oder Wirtschaftsteil einer Zeitung. Sehr häufig ist das Phänomen auch in Fernsehsendungen zu finden, inkl. Diskussionssendungen.
Grad darum braucht es mehr Wissenschaftsjournalismus mit einer klaren Trennung zwischen Meinung und Fakten.
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Ausgewogenheit

Falsche Ausgewogenheit in der Mobilfunkdebatte

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 12.10.2022, 18:29 (vor 758 Tagen) @ e=mc2

In meiner Erfahrung tritt dieses Phänomen im wissenschaftlichen Journalismus nicht sehr häufig auf. Jedoch ist es gang und gäbe, bei wissenschaftlichen Artikel im politischen Journalismus. Solche Artikel erscheinen dann bevorzugt im Inland-, Regional- oder Wirtschaftsteil einer Zeitung. Sehr häufig ist das Phänomen auch in Fernsehsendungen zu finden, inkl. Diskussionssendungen.

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Die Grafik bringt den Sachverhalt treffend auf den Punkt. Ein typisches Ergebnis dieser Wahrnehmungsverzerrung ist die Behauptung vom "wissenschaftlichen Patt" in der Mobilfunkdebatte. Es dauerte Jahre bis ich kapierte, dieses Patt ist eine Erfindung der Medien und von organisierten Mobilfunkgegnern, um die Minderheitenmeinung größer erscheinen zu lassen als sie tatsächlich ist.

Bis heute wird die gezielte Wahrnehmungsverzerrung besonders gerne dann praktiziert, wenn eine der obligatorischen "Informationsveranstaltungen" stattfindet. Das Kräfteverhältnis der wissenschaftlichen Meinung über das Risiko EMF wird dann nicht selten auf den Kopf gestellt und ein kompetenter Vertreter der Mehrheitsmeinung sieht sich zwei oder drei inkompetenten Vertretern der Minderheitenmeinung gegenüber. Hier im Forum reden wir dann von "Kompetenzgefälle", da die Interessen der Minderheit von selbsternannten Experten (fachliche Laien) vertreten wird. Auch in Zeitungsartikeln tauchen diese "Notnägel" häufig auf, um den Gegenpol zur Mehrheitsmeinung zu bilden. Warum aber greifen Journalisten überhaupt auf "Notnägel" zurück, also z.B. auf einen Baubiologen, einen Vereinsmeier von Diagnose-Funk, einen "Elektrosensiblen" oder einen fachfremden Akademiker? Weil sich die Position des Gegenpols anders nicht besetzen lässt, es gibt hierzulande keinen einzigen Bioelektromagnetiker, der bereit wäre, diese Rolle zu übernehmen. Ergo kommen Leute ab der dritten bis 32. Reihe zum Zug und das "Kompetenzgefälle" ist programmiert. Da trifft dann z.B. in der Schweiz ein Martin Röösli auf Gigaherz-Jakob oder auf eine wild gewordene Uhrmacherin und das Schicksal nimmt seinen Lauf ...

Hintergrund
Öffentlich-rechtliche Desinformation zu Mobilfunkrisiken

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Kompetenzdefizit, Wahrnehmungsverzerrung, Geltungssucht, Kommerz, Patt, Kolportage, Kompetenzgefälle, Aufmerksamkeit

Falsche Ausgewogenheit in der Mobilfunkdebatte

e=mc2, Donnerstag, 13.10.2022, 22:31 (vor 757 Tagen) @ H. Lamarr

Weil sich die Position des Gegenpols anders nicht besetzen lässt, es gibt hierzulande keinen einzigen Bioelektromagnetiker, der bereit wäre, diese Rolle zu übernehmen. Ergo kommen Leute ab der dritten bis 32. Reihe zum Zug und das "Kompetenzgefälle" ist programmiert. Da trifft dann z.B. in der Schweiz ein Martin Röösli auf Gigaherz-Jakob oder auf eine wild gewordene Uhrmacherin und das Schicksal nimmt seinen Lauf ...

Dann machen wir doch mal die Probe aufs Exempel bei der Webseite des Schweizer Fernsehens SRF. Für verschiedene Protagonisten suchte ich die Anzahl Artikel im Zusammenhang mit 5G. Das Resultat:
Team Wissenschaft:
Martin Röösli: 6 Artikel
David Schürmann: 1 Artikel
Niels Kuster: 0 Artikel
Meike Mevissen: 0 Artikel
Peter Achermann: 0 Artikel
Primo Schär: 0 Artikel

Team Hinterbänkler (Reihe 3-32):
Rebekka Meier: 4 Artikel
Hans-U. Jakob: 3 Artikel
Markus Durrer: 1 Artikel
Martin Zahnd: 1 Artikel

Fazit: Perfekte "false balance" mit etwas mehr Diversität im Team Hinterbänkler.

Tags:
Wissenschaftler, Irrtum, Patt, Kompetenzgefälle, SRF, Pseudo-Experte, Ausgewogenheit

Falsche Ausgewogenheit in der Mobilfunkdebatte

H. Lamarr @, München, Freitag, 14.10.2022, 21:51 (vor 756 Tagen) @ e=mc2

Weil sich die Position des Gegenpols anders nicht besetzen lässt, es gibt hierzulande keinen einzigen Bioelektromagnetiker, der bereit wäre, diese Rolle zu übernehmen. Ergo kommen Leute ab der dritten bis 32. Reihe zum Zug und das "Kompetenzgefälle" ist programmiert. Da trifft dann z.B. in der Schweiz ein Martin Röösli auf Gigaherz-Jakob oder auf eine wild gewordene Uhrmacherin und das Schicksal nimmt seinen Lauf ...

Dann machen wir doch mal die Probe aufs Exempel bei der Webseite des Schweizer Fernsehens SRF. Für verschiedene Protagonisten suchte ich die Anzahl Artikel im Zusammenhang mit 5G.

Fazit: Perfekte "false balance" mit etwas mehr Diversität im Team Hinterbänkler.

:clap:

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

EMF-freie Hotels: Falsche Ausgewogenheit in Medienberichten

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 20.10.2022, 18:20 (vor 750 Tagen) @ H. Lamarr

Bis heute wird die gezielte Wahrnehmungsverzerrung besonders gerne dann praktiziert, wenn eine der obligatorischen "Informationsveranstaltungen" stattfindet. Das Kräfteverhältnis der wissenschaftlichen Meinung über das Risiko EMF wird dann nicht selten auf den Kopf gestellt und ein kompetenter Vertreter der Mehrheitsmeinung sieht sich zwei oder drei inkompetenten Vertretern der Minderheitenmeinung gegenüber. Hier im Forum reden wir dann von "Kompetenzgefälle", da die Interessen der Minderheit von selbsternannten Experten (fachliche Laien) vertreten wird.

Typisch für die Schieflage der Mobilfunkdebatte sind auch angeblich redaktionelle Inhalte, die tatsächlich werblichen Zwecken dienen. Früher treffend Schleichwerbung genannt, werden solche Beiträge heute eher unter dem abstrakten Begriff "Advertorial" gehandelt. Ein praktisches Beispiel zum Üben ist der Beitrag Elektrosmog: Strahlung im Fokus, erschienen auf der Website tophotel.de.

In dem Beitrag geht es darum, das Geschäftsmodell "strahlungsfreies oder -armes Hotel" nicht ins Gerede, sondern ins Gespräch zu bringen. Verkaufsförderung also. Dazu wird zunächst sehr oberflächlich ein angebliches Wirkmodell gestreift, warum hochfrequente elektromagnetische Felder überhaupt schädlich sein sollen. Anschließend fährt die Autorin drei "Experten" auf. Dem Bundesamt für Strahlenschutz teilt sie belegfrei die unrühmliche Rolle des Entwarners zu, die Vereine Bürgerwelle Deutschland und Diagnose-Funk bekommen die glänzende Rolle der besorgten Mahner und Warner. Das Kompetenzgefälle zwischen den Fachleuten des BfS und den Laien der beiden Vereine juckt die Autorin in keiner Weise, sie verkauft ihren Lesern die krasse Schieflage bei der Fachkompetenz als handle es sich um eine gut austarierte Balkenwaage. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Denn um das Geschäftsmodell attraktiv erscheinen zu lassen, greift die Autorin ganz zwanglos auf zwei weitere "Experten" zurück, diesmal auf zwei Praktiker:

► Manfred Mierau, Baubiologie Maes, Büro Aachen, gemäß Selbstauskunft Dipl.-Biologe.
Stephanie Zeller, Baubiologin in Füssen (2013 IBN-Fernlehrgang Baubiologie), gemäß Selbstauskunft Dipl.-Ing. (FH) Elektrotechnik.

Dass diese beiden "Experten" ihren Lebensunterhalt u.a. mit irrationalen Ängsten gegenüber Elektrosmog bestreiten und daher ohne Wenn & Aber einem kommerziellen Interessenkonflikt unterliegen, juckte die Autorin ebenfalls nicht. Unsere Balkenwaage gerät deshalb weiter aus der Balance. Die Autorin stört dies nicht. Sie verwurstet noch einen Professor, der an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg angeblich die Wirkung von Dect- und W-Lan-Signalen auf die Herzratenvarianz des menschlichen Organismus erforscht. Das hört sich nach ernsthafter Wissenschaft an. Doch der Professor ist kein ergebnisoffener Forscher, sondern der einschlägig als selbstdiagnostizierter "Elektrosensibler" bekannte Mario Babilon, der an einer wissenschaftlichen Objektivierung seiner unerwünschten Feldwahrnehmung kein Interesse zeigte.

Fazit: Um ein Geschäftsmodell zu preisen greift die Autorin des Beitrags auf die Stimmen von "Experten" zurück, die kein Gericht dieser Welt als fachlich qualifizierte unabhängige Sachverständige anerkennen würde. Unter diesen Umständen ist aus meiner Sicht nicht mehr von einer falschen Ausgewogenheit der Mobilfunkdebatte zu reden, sondern von einer Vorspiegelung falscher Tatsachen. Das Geschäftsmodell "EMF-freies Hotel" selbst ist wertungsfrei. Wenn ein Hotelier glaubt, mit so einem pseudowissenschaftlichen Alleinstellungsmerkmal sein Haus über die Runden bringen zu können, ist dies allein seine Sache. Aber: Damit das Geschäftsmodell funktioniert, müssen zwangsläufig in der Bevölkerung irrationale Ängste gegenüber EMF geweckt oder geschürt werden, nur so ist überhaupt eine Nachfrage nach dem Angebot möglich. Rationale Ängste gegenüber EMF lassen sich nach dem Stand des Wissens nicht wecken, auch wenn Vereine und Geschäftemacher der Anti-Mobilfunk-Szene dies seit etwa 30 Jahren immer wieder neu versuchen, ist es ausnahmslos bei gescheiterten Versuchen geblieben.

Ein mieser Geschäftemacher ist zweifellos, wer zuerst gratis irrationale Ängste gegenüber EMF predigt und es sich später gut bezahlen lässt, seinen Opfern diese Ängste wieder zu nehmen. Zum Beispiel mit unnötigen Messungen, mit Schirmung oder Pülverchen oder mit pseudowissenschaftlichem Hokuspokus. Die Schändlichkeit dieses Tuns dürfte außer Frage stehen. Doch macht sich auch ein Hotelier schuldig, der sein "EMF-freies Haus" anpreist und insgeheim jeden Medienbericht begrüßt, der Elektrosmog mit Tod & Verderben in Verbindung bringt? Leider hat die Autorin dieser für Hoteliers wahrscheinlich bewegenden Frage in ihrem Artikel gar keinen Raum gegeben.

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Tags:
Baubiologe, Füssen, Babilon

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