Warum Medien Pressemitteilungen von Diagnose-Funk meiden (Allgemein)
Seit Jahren bemüht sich der Stuttgarter Verein Diagnose-Funk vergeblich, mit sogenannten Pressemitteilungen das Interesse der Medien auf sich zu ziehen. Auch der jüngste Versuch scheiterte. Warum?
Grundsätzliches, warum die Medien die unprofessionellen Pressemitteilungen von Diagnose-Funk in aller Regel verschmähen, der Verein aber unbeirrt weitere in die Welt setzt, wurde bereits in diesem Posting erörtert. Ich kann mich also auf den jüngsten Fehlschlag der Stuttgarter konzentrieren.
Am 14. Juni 2022 warf der Verein unter dem Titel "16. Juni ist Welttag der Elektrohypersensibilität: STOA-Studie der EU empfiehlt Senkung der Mobilfunkgrenzwerte" über ein Presseportal seinen Köder aus, der von nennenswerten Medien, die von Googel-News beobachtet werden, erwartungsgemäß nicht geschluckt wurde. Als Ex-Fachjournalist habe ich tausende solcher "Pressemitteilungen" auf dem Tisch gehabt und musste innerhalb von Sekunden entscheiden: Hopp oder Top. Umständliches "Gesülze", wie bei Diagnose-Funk an der Tagesordnung, ließ meinen hungrigen Papierkorb erwartungsvoll seinen Schlund öffnen. Warten musste er nur, wenn die Meldung wenigstens grundsätzlich interessant war, also für einen nennenswerten Teil unserer Leserschaft Neuheitenwert besaß. Dann war Arbeit angesagt, den Text vom Gesülze zu befreien und auf eine Meldung zu komprimieren. Wer regelmäßig mit schlechten Pressemitteilungen auffiel bekam diese Chance nicht mehr, diese Werke wurden von mir ungelesen entsorgt, denn eine Redaktion ist kein Wohlfahrtsunternehmen.
Diagnose-Funk ärgert schon im ersten Absatz seiner "Pressemitteilung" jeden gestressten Journalisten, denn statt zur Sache zu kommen, spielt sich der bedeutungslose Verein als Ratgeber für Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf. Als ob das nicht schon ätzend genug wäre, will mir der Verein auch noch die Belpoggi-Studie als Stoa-Studie andrehen. Nein, danke. Meine Entscheidung: Ablage P.
Im zweiten Absatz versucht der Verein einen Glauben zu machen, "Elektrosensibilität" sei eine anerkannte, real existierende körperliche Erkrankung. Ich weiß, die anerkannte Wissenschaft sieht das anders, doch davon ist kein Wort zu lesen, hier will mich jemand für dumm verkaufen. Meine Entscheidung: Ablage P.
Und dann auch noch ein Klick-Köder auf Diagnose-EHS. Leute, ich habe zu arbeiten und keine Zeit, mich auf dubiosen Webseiten herumzutreiben. Wenn ihr es nicht schafft, mit eurer Pressemitteilung euer Anliegen überzeugend vorzutragen, dann lasst es ganz oder packt eure Links hinters Textende, wo sie nicht stören. Meine Entscheidung: Ablage P.
Dritter Absatz: Belanglose Zitate von unbekannten Personen, ach wie Journalisten das lieben! Meine Entscheidung: Ablage P.
Bis maximal hierher und nicht weiter wäre Diagnose-Funk bei mir gekommen, damit ich die "Pressemitteilung" verärgert entsorgt hätte. Verärgert, weil mir mit anscheinend willkürlich zusammengeschusterten Textfragmenten Zeit über einen privat ausgerufenen "Welttag" gestohlen wird, den sich vor fünf Jahre eine französische "Elektrosensible" – mutmaßlich nach Exposition eines oder mehrerer Schnäpschen – ausgedacht hat. Das restliche Gesülze steigert meinen Ärger weiter, fabuliert der Verein doch, abermals garniert mit einem Klick-Köder auf die eigene Website:
Im Jahr 2014 erkannte das OVG Schleswig Elektrohypersensibilität als Krankheit an
Donnerwetter, wusste ich noch gar nicht! Habe ich da was übersehen? Jetzt wäre statt ätzender Eigenwerbung halt ein Link direkt zum Urteil schön gewesen. Diagnose-Funk geizt damit. Die "Elektrosensiblen" in München bieten zwar ebenfalls keinen Original-Urteilstext an, scheinen darüber aber mehr zu wissen. Ach so, es geht in Wahrheit um einen Radartechniker der Bundeswehr, der frech zum "Elektrosensiblen" umetikettiert wurde! Also auch an dieser Stelle gezielte Verarschung des Lesers. Nee Leute, das ist von Anfang bis Ende Beschiss, das macht ihr mit mir nicht noch einmal, ihr kommt auf die schwarze Liste und eure sogenannten Pressemitteilungen wandern künftig vom Posteingang auf direktem Weg in den Papierkorb. Basta!
Hintergrund
Mehr zum "Welttag der Elektrosensibilität"
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –