Corona vs. Elektrosmog: Oberprima trifft auf Grundschule (Allgemein)
Aufseiten der Mobilfunkgegner möchten die beiden Frontleute des Vereins Diagnose-Funk liebend gerne als Politikberater in Sachen EMF wahrgenommen werden. Der eine ist im Ruhestand und betrieb zuletzt eine therapeutische Druckerei in einer Einrichtung für psychisch Kranke. Der andere ist gelernter Architekt und "Baubiologe". Wegen dieser bescheidenen Kompetenzausstattung in EMF-Belangen wird das Beratungsangebot der selbstgewissen Diagnose-Funker bislang günstigstenfalls auf Kommunalebene angenommen, denn nur dort wissen die Beratenen über EMF noch weniger Bescheid als ihre Berater. Gleichwohl sehen sich die beiden Autodidakten zu Höherem berufen und beraten auch schon mal ohne Auftrag und gegen den Willen eines Beratenen in der stillen Hoffnung, damit die ersehnte öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. So erhielt das Bundesamt für Strahlenschutz 2020 ungefragt die Beratungsleistung aufgedrängt, was das Amt aus Sicht der Besserwisser zu tun und zu lassen hat.
Szenenwechsel.
Aufzug für die Experten, die nach Spiegel-Informationen gegenwärtig die deutsche Bundesregierung und die Länderchefs in Corona-Sachfragen beraten.
Das Kompetenzgefälle zwischen den acht Corona-Experten und den beiden selbsternannten Elektrosmog-Experten ist offensichtlich und steil: Oberprima hier, Grundschule dort. Machen Sie sich selbst ein Bild, wen die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten als Corona-Berater akzeptieren.
Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts (RKI). Wieler ist Tiermediziner und berät die Regierung seit Beginn der Pandemie.
Christian Drosten, Chef der Virologie an der Charité. Drosten ist Mediziner mit dem Fokus auf Viruserkrankungen. Er hat als junger Forscher erstmals das Sars-1-Virus entschlüsselt, das sich in den Jahren 2002 und 2003 in zahlreichen Staaten ausgebreitet hat. Als einer der weltweit führenden Spezialisten für Coronaviren berät er die Bundesregierung seit Beginn der Pandemie.
Michael Meyer-Hermann, Abteilungsleiter System-Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), ist Physiker und modelliert den Verlauf der Corona-Pandemie im Computer. Im Mai hat er gemeinsam mit dem Präsidenten des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, einen Leitfaden zur Eindämmung der Pandemie erarbeitet, in dem auch wirtschaftliche Interessen berücksichtigt wurden.
Gérard Krause, Leiter der Abteilung Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI). Der 56 Jahre alte deutsche Arzt war lange am Robert Koch-Institut in Berlin tätig, ehe er nach Niedersachsen wechselte. Krause beschäftigt sich intensiv mit der Ausbreitung von Viren und den dahinter liegenden Mechanismen.
Cornelia Betsch, Psychologieprofessorin an der Universität Erfurt im Bereich Gesundheitskommunikation. In der Pandemie kommt Betsch eine wichtige Funktion zu, denn die Datenauswertungen ihres Teams zur Impfbereitschaft geben Aufschluss darüber, wie schnell die Impfungen in Deutschland durchgeführt werden könnten und wie erfolgreich die Impfkampagne ist.
Rolf Apweiler, Direktor des Europäischen Instituts für Bioinformatik (EMBL-EBI). Apweiler ist in Deutschland im Verlauf der Pandemie bisher höchstens Fachleuten ein Begriff gewesen. Der Deutsche arbeitet in Großbritannien und leitet dort zusammen mit einem Kollegen eines der weltweit wichtigsten molekularbiologischen Zentren.
Melanie Brinkmann, Professorin für Virologie an der TU Braunschweig, ist eine weitere renommierte Virologin in dem Expertengremium.
Kai Nagel, Professor für Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik an der TU Berlin. Der Physiker hat zusammen mit einem Kollegen ein bekanntes Modell zur Simulation des Straßenverkehrs entwickelt, das Nagel-Schreckenberg-Modell. Seit der Pandemie beschäftigt sich Nagel mit der Mobilität der Deutschen und überträgt Daten zur Ausbreitung des Virus auf Verkehrs- und Bewegungsmodelle. Dazu verwendet er beispielsweise anonymisierte Mobilfunkdaten.
Hintergrund
Gutbier wirft BfS Betrug vor
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –