Frankreich (2018): Regierungsbericht zu "Elektrosensibilität" (Elektrosensibilität)
Am 9. Februar 2015 verabschiedete die französische Nationalversammlung das Gesetz Nr. 2015-136, darin geht es u.a. darum, im Einvernehmen mit den Mobilfunknetzbetreibern eine vorsorgliche Begrenzung der Exposition gegenüber elektromagnetischen Wellen herbei zu führen. Nebenbei fordert dieses Gesetz, die französische Regierung müsse einen Bericht über die "Elektrosensibilität" im Lande vorlegen. Im Juni 2016 lag dieser Bericht vor und ging in die öffentliche Konsultation, an der Vertreter so ziemlich aller Teilnehmer der Mobilfunkdebatte beteiligt waren, Politiker, Wissenschaftler, Umweltschützer, Bürgerinitiativen, Mediziner und Betroffene. Bemerkenswerterweise wurde u.a. Dominique Belpomme in der Abteilung "Mediziner" einvernommen, Lebrecht von Klitzing, Leif Salford und andere hingegen in der Abteilung "Wissenschaftler". Auch die unvermeidliche Michèle Rivasi (EU-Parlament) war mit dabei, ebenso "Elektrosensible" wie Philippe Tribaudeau, nicht aber Dr. Gerd Oberfeld.
Am 27. März 2018 legte Anses, die Nationale Gesundheitsagentur für Lebensmittel, Umwelt und Arbeitssicherheit, die Endfassung des Berichts vor (Hypersensibilité électromagnétique ou intolérance environnementale idiopathique attribuée aux champs électromagnétiques), einen 382 Seiten umfassenden Wälzer in französischer Sprache. Wer soll das alles lesen, bereits die Zusammenfassung zieht sich über viele Seiten hin ...
Dass die Anti-Mobilfunk-Szene auffallend ruhig blieb und das Werk nicht mit dem sonst üblichen Gedöns bedachte, ist ein erster Hinweis auf den Inhalt.
Glücklicherweise brachte die Agentur Anses im März auf ihrer Website eine kompakte Zusammenfassung des Mammutwerks heraus, aus der hervor geht, dass die Franzosen ebenfalls nichts anderes herausgefunden haben als zuvor z.B. die Schweizer, Schweden oder Deutschen. Heißt: Die Symptome von "Elektrosensiblen" werden auch in Frankreich nicht bestritten, solide Beweise für einen Kausalzusammenhang dieser Symptome mit der Einwirkung elektromagnetischer Felder gebe es bis heute hingegen nicht. Jetzt wissen wir, warum organisierte Mobilfunkgegner den Bericht totschweigen. Die Agentur empfiehlt eine angemessene Betreuung der Betroffenen sowie die Durchführung von Forschungsarbeiten, deren experimentelle Bedingungen die Lebensumstände von Personen berücksichtigen, die glauben elektrosensibel zu sein. Auch die Empfehlung, die Lebensumstände in Studien mit einzubeziehen, ist keineswegs neu. Eine jüngst, ich meine in Australien durchgeführte EHS-Studie fand daher im gewohnten Lebensumfeld der Betroffenen statt, erbrachte aber dennoch nur das übliche Ergebnis, dass die Probanden eine gezielte Feldprovokation auch unter diesem Umständen nicht "spüren" konnten.
Ich kann mir ausmalen, wie viel Geld der Bericht von Anses verschlungen hat, es muss ein kleines Vermögen gewesen sein. Die Resultate erscheinen mir dafür enttäuschend unspektakulär. Doch vielleicht ist in den 382 Seiten der Endfassung die eine oder andere Perle verborgen, die entdeckt sein will.
[Admin: Posting geringfügig editiert am 26.08.2018]
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –