Induktive Ladestationen machen Elektrosmog-Profiteure froh (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 29.04.2017, 14:13 (vor 2556 Tagen)

Die schwedische Strahlenschutzbehörde SSM (Swedish Radiation Safety Authority) hat keine neue Elektrosmog-Gefahr, sondern ein neues Elektrosmog-Risiko ausgemacht: das induktive Laden. Also das drahtlose Laden von Akkumulatoren mit Hilfe magnetischer Induktion. Im kleinen Stil kennt dies wohl jeder von den elektrischen Zahnbürsten, deren Akku ohne jeden elektrischen Kontakt induktiv geladen wird. An diesen E-Zahnbürsten hat sich die Anti-Elektrosmog-Szene noch nicht aufgehängt, sie poltert lieber ohne Hirn und Verstand wegen batteriegespeister Funkzähler (Smart Meter), denen sie mit substanzloser Argumentation Schreckliches andichtet. Wie eben Laien andere Laien mit Geschichten vom toten Hund in Angst und Schrecken versetzen können.

Die SSM kümmert sich ebenfalls nicht um E-Zahnbürsten, sie hat die induktive Aufladung der Traktionsbatterien von E-Autos im Blick. Dazu hat sie bereits Messungen der magnetischen Flussdichte vornehmen lassen. Bei einer solchen Anwendung fließen sehr hohe Ströme, die erhebliche Magnetfelder verursachen. Da magnetische Wechselfelder ab einer gewissen Flussdichte (abhängig von der Frequenz) im Verdacht stehen, Krebs verursachen zu können, dürfen Menschen derartigen Feldern nicht in beliebiger Stärke ausgesetzt werden. Wie üblich trennen Grenzwerte auch hier schädliche von unschädlichen Immissionen (frei nach Paracelsus: Die Dosis macht das Gift). Und wie üblich, sind diese Grenzwerte Zankapfel zwischen Interessengruppen, deren verborgenen wahren Interessen meiner Einschätzung nach häufig unerkannt bleiben.

Weniger risikobehaftet ist eine andere Induktionsquelle, von der die SSM berichtet: Ein großes schwedisches Möbelhaus hat damit begonnen Möbel zu bewerben, die eine induktive Ladestation für Smartphones und andere Mobilgeräte enthalten. Riskant sind diese Möbel wegen der geringen übertragenen Energie aus meiner Sicht nicht, jedenfalls nicht viel riskanter als E-Zahnbürsten.

Wie dem auch sei: Induktive Ladestationen werden in ein paar Jahren auf breiter Front in alle privaten und öffentlichen Haushalte einziehen und das Leben dort ein Stückchen komfortabler machen. Der großen Anzahl wegen, der Verortung (auch) in den eigenen vier Wänden und der grenzwertbehafteten Nutzung zufolge werden sich Profiteure der Angst vor Elektrosmog mit Hurra auf dieses neue "Risiko" stürzen, gratis den Teufel an die Wand malen und – gegen Honorar – allerlei rettende Dienstleistungen anbieten, deren gemeinsamer Nenner ist: sie sind allesamt überflüssig wie ein Kropf.

Wetten, dass ...?!

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Induktive Ladestationen gesundheitlich unbedenklich, aber ...

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 08.06.2017, 16:39 (vor 2516 Tagen) @ H. Lamarr

Energieeffizienz und EMF-Immissionen von integrierten Induktionsladestationen

Im Auftrag des Schweizerischen Bundesamtes für Energie (BFE) untersuchte die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM), Zürich, unter anderem, ob von induktiven Ladestationen ein Gesundheitsrisiko ausgeht. Daraus entstand ein 57 Seiten umfassender Forschungsbericht, dessen Zusammenfassung lautet:

Für den vorliegenden Bericht wurden drahtlose, induktive Ladestationen für elektronische Kleingeräte auf ihren Energieverbrauch und ihre EMF-Emissionen hin untersucht. Zwei technische Standards existieren, Qi und AirFuel. Der erste ist marktbeherrschend.

Drahtloses Aufladen benötigt mehr Energie als vergleichbares kabelgebundenes Laden. Während des aktiven Ladebetriebs liegt die Energieeffizienz von der Steckdose bis zum Lademodul des Endgerätes im Bereich von 50-60 %, bei kabelgebundenem Laden bei ca. 75 %. Im Stand-by Betrieb konsumieren drahtlose Ladestationen mehr Energie als steckengelassene Netzadapter. Besonders hoch ist der Verbrauch, wenn das Endgerät nach erfolgter Aufladung auf der Konsole liegen gelassen wird. Im worst-case wird mehr für den Stand-by Betrieb als für das Aufladen der Batterie benötigt. Bei angenommener 100 %iger Durchdringung der Technologie im Haushaltsbereich beliefe sich der jährliche Strommehrverbrauch von drahtlosem im Vergleich zu konventionellem Laden auf etwa 30 GWh. Das entspricht einem oder einigen wenigen Promille des jährlichen Stromverbrauchs der Schweizer Haushalte. Betreffend EMF-Emissionen wurden Messungen und Simulationen durchgeführt. Die Spitzen- und rms-Feldstärken an der Oberfläche des Ladegeräts können im Qi-Standard im Stand-by Betrieb einige 100 μT betragen. Zur gesundheitlichen Beurteilung dieser Magnetfeldexpositionen müssen die Basisgrenzwerte konsultiert werden. Dazu wurden die im Gewebe induzierten Ströme numerisch modelliert. Die Resultate zeigen, dass die Basisgrenzwerte bei weitem nicht überschritten werden: betreffend Energieabsorption (SAR) liegen sie einen Faktor 1'000, betreffend elektrischer Feldstärke im Gewebe einen Faktor 500 darunter. Aus gesundheitlicher Sicht sind die Anlagen deshalb unbedenklich.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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