Lennart Hardell: 35 % der Tumoren im Vorderlappen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 20.01.2013, 03:02 (vor 4117 Tagen)

Auf der Website der Stiftung Pandora findet sich ein Text, mit dem der schwedische Krebsforscher Prof. Lennart Hardell Auskunft über seine aktuell laufende Studie gibt. Unter anderem heißt es dort:

Die meisten bösartigen Tumore entsprechen dem Gliomtyp. Meningiome sind die häufigsten unter den gutartigen Tumoren. Der überwiegende Teil der Tumore befindet sich in dem Hirnbereich, der am stärksten der Mobilfunkstrahlung ausgesetzt ist, 35% im Vorderlappen und 29% im Seitenlappen, also insgesamt 64%. Wenn man die Tumore mitzählt, die auch in angrenzende Bereiche hineingewachsen sind (meistens große Tumore), sind es sogar 78%.

Im ersten Moment empfand ich das Textfragment alarmierend. Beim Verdauen der Zeilen fiel mir aber auf, dass Hardell damit eigentlich - nichts sagt. Denn alarmierend wäre z.B. die Aussage 35 % der Tumoren im Vorderlappen doch erst dann, wenn dort normalerweise nicht 35 % der Geschwülste sitzen, sondern deutlich weniger, sagen wir mal 10 %. Da aber selbst Großkopferte nur ein sehr begrenztes Schädelvolumen haben, stellt sich die Frage, wo sie denn hin sollen, die Tumoren, wenn das Platzangebot nur in etwa so groß ist wie ein Handball.

Mit anderen Worten: Wenn sich rein statistisch ohnehin ungefähr 35 % der Hirntumoren im Vorderlappen niederlassen, nicht wegen Handystrahlung, sondern weil es ihnen dort gefällt, dann ist die Beobachtung Hardells keineswegs mehr alarmierend.

Also habe ich heute versucht herauszubekommen, wie sich Hirntumoren auf die einzelnen Hirnregionen verteilen. Doch diese Fragestellung scheint nicht oft aufzutauchen, denn es gibt zwar viele wunderschöne Zahlen über die Häufigkeit einzelner Hirntumorarten, Zahlen über deren räumliche Verteilung im Kopf habe ich jedoch nicht gefunden. Zumindest nicht solche, die man einfach mitnehmen kann.

Als hilfreich erwies sich die Klassifizierung gemäß ICD-10. Hirntumoren laufen dort unter der Klasse C71. Das aber wäre zu ungenau, doch es gibt dazu zehn Unterklassen, in denen die Hirnregionen vorkommen, C71.1 z.B. bezeichnet Tumoren im Frontallappen.

So richtig spannend wurde es aber erst auf der Website der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Dort lassen sich für den Zeitraum 2000 bis 2010 nämlich die Diagnosedaten der Krankenhäuser abrufen (oberster Eintrag). Das ist genau das, was ich suchte!

Das verblüffende Ergebnis einer ersten Sichtung: Die Inzidenzraten für Hirntumoren gehen in Deutschland insgesamt deutlich zurück. Auch bei Jüngeren unter 15 Jahren ist dies so. Weiter bin ich momentan allerdings noch nicht gekommen, da die angebotenen Daten derer viele sind und ich sie mit einer Tabellenkalkulation erst noch in die gesuchten Prozentwerte umrechnen muss ...

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Hardell, Hirntumor, GDB, C71

Lennart Hardell: 35 % der Tumoren im Vorderlappen

Christopher, Sonntag, 20.01.2013, 23:21 (vor 4116 Tagen) @ H. Lamarr

Also habe ich heute versucht herauszubekommen, wie sich Hirntumoren auf die einzelnen Hirnregionen verteilen. Doch diese Fragestellung scheint nicht oft aufzutauchen, denn es gibt zwar viele wunderschöne Zahlen über die Häufigkeit einzelner Hirntumorarten, Zahlen über deren räumliche Verteilung im Kopf habe ich jedoch nicht gefunden. Zumindest nicht solche, die man einfach mitnehmen kann.

Ich bin an die Frage etwas anders herangegangen: Indem ich nämlich einfach mal versucht habe, das Volumen der betroffenen Lappen in Relation zum Gesamtvolumen des Gehirns zu stellen.
Leider verwendet Wikipedia andere Bezeichnungen für die Lappen, daher mußte ich was anderes suchen - und bin auf ein "Gehirn, 5-teilig" gestoßen, in dem praktischerweise Stirn- und Seitenlappen zu einem Teil zusammengefaßt sind. Meiner Meinung nach läßt sich daraus recht unkompliziert erkennen, daß der "Stirn-Teil" (mit der gelben Markierung, vermutlich für den Sehnerv) schätzungsweise mindestens die Hälfte des gesamten Hirnvolumens ausmacht, bezogen aufs Großhirn wohl eher zwei Drittel.
Und bei einer zufälligen Verteilung von Tumoren im Großhirn würde man bei dem Teil, der 2/3 des Volumens ausmacht, wohl auch 2/3 der Tumore erwarten, oder?

Lennart Hardell: 35 % der Tumoren im Vorderlappen

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 23.01.2013, 00:36 (vor 4114 Tagen) @ Christopher

Also habe ich heute versucht herauszubekommen, wie sich Hirntumoren auf die einzelnen Hirnregionen verteilen. Doch diese Fragestellung scheint nicht oft aufzutauchen, denn es gibt zwar viele wunderschöne Zahlen über die Häufigkeit einzelner Hirntumorarten, Zahlen über deren räumliche Verteilung im Kopf habe ich jedoch nicht gefunden. Zumindest nicht solche, die man einfach mitnehmen kann.

Ich bin an die Frage etwas anders herangegangen: Indem ich nämlich einfach mal versucht habe, das Volumen der betroffenen Lappen in Relation zum Gesamtvolumen des Gehirns zu stellen.
Leider verwendet Wikipedia andere Bezeichnungen für die Lappen, daher mußte ich was anderes suchen - und bin auf ein "Gehirn, 5-teilig" gestoßen, in dem praktischerweise Stirn- und Seitenlappen zu einem Teil zusammengefaßt sind.

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Meiner Meinung nach läßt sich daraus recht unkompliziert erkennen, daß der "Stirn-Teil" (mit der gelben Markierung, vermutlich für den Sehnerv) schätzungsweise mindestens die Hälfte des gesamten Hirnvolumens ausmacht, bezogen aufs Großhirn wohl eher zwei Drittel.

Und bei einer zufälligen Verteilung von Tumoren im Großhirn würde man bei dem Teil, der 2/3 des Volumens ausmacht, wohl auch 2/3 der Tumore erwarten, oder?

Ja, so könnte es sein, "Christopher". Oder auch nicht, der Annahmen/Schätzungen wegen. Ich werde bei nächstbester Gelegenheit mal schauen, ob ich Ihr Ergebnis mit den harten zahlen der klinischen Diagnose erhärten kann. Was mich da aber noch vor Beginn von der Rolle brachte ist diese Meldung aus Dänemark. Dabei geht es zwar nur um bestimmte aggressive Tumoren, dennoch steht dieser Trend (Verdopplung) total gegen den Trend der Hirntumorentwicklung, wie er für Deutschland aus den klinischen Diagnosen C71 auf Anhieb ersichtlich ist.

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