Vielleicht erfahren wir in nächster Zeit doch noch etwas mehr über diesen Artikel. Ich werde die Sache im Auge behalten.
Studie: „Risikopolitik zur Mobilkommunikation in Deutschland: Die Rollen von Bundesregierung und BfS“
In diesem Artikel beleuchten Dominik Groß (Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der RWTH Aachen) und sein Mitarbeiter Christoph Schweikardt die Risikopolitik der Bundesregierung in Bezug auf Mobilkommunikation und ihre potenziellen Gesundheitsrisiken – vor allem mit Blick auf das Deutsche Mobilfunk Forschungsprogramm (DMF, 2002-2008), die Selbstverpflichtung der Netzbetreiber sowie die weiteren daran beteiligten Akteure.
Ausgehend von der Ära des Grünen Umweltministers Jürgen Trittin (1998-2005) gehen die Autoren der Frage nach, welche Rollen Wissenschaft und Bundesregierung bei der Etablierung von Gesundheitsrichtlinien für die mobile Telekommunikation und bei der Verbreiterung der wissenschaftlichen Erkenntnislage auf diesem Gebiet in den letzten 10 Jahren gespielt haben. Thematisiert und mit Quellen hinterlegt werden:
- Der Einfluss der Grünen Partei auf das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
- Die Rollen von Strahlenschutzkommission (SSK), Grünen, Umweltministerium, Mobilfunk-Netzbetreibern und dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder beim Zustandekommen der Selbstverpflichtung der Netzbetreiber von 2001 als ein politisch akzeptabler Kompromiss
- Die Schlüsse, die von BfS und SSK aus den Resultaten des DMF gezogen wurden und ihre politi-schen Folgen in Bezug auf die Grenzwertsetzung und wissenschaftliche Folgevorhaben
- Der Umgang des BfS mit Gegenpositionen zu der Mehrheitsmeinung wissenschaftlicher Experten.
Die Autoren bemerken, dass die offenbar anhaltende Unvereinbarkeit der gegensätzlichen Interpretationen wissenschaftlicher Evidenz die Frage aufwirft, “ob Regierung und Experten der Regierung ihre Rollen im Gesundheitsschutz im Bereich mobiler Telekommunikation richtig erfüllt haben und ob Entscheidungen zur Regulation in der Telekommunikation das Ergebnis angemessener Kompromisse im letzten Jahrzehnt waren”. Die Ergebnisse des zur Hälfte durch die Selbstverpflichtung der Netzbetreiber finanzierten DMF hätten im Jahr 2008 nicht dazu geführt, dass das BfS seine Einschätzung von 2001 in Bezug auf die Gültigkeit der EMF-Strahlenschutzgrenzwerte verändert habe.
In ihren Schlussbemerkungen diskutieren die Autoren das Für und Wider einer Selbstverpflichtung als politischer Kompromiss (mit begrenzten staatlichen Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung und Vorteilen für beide Seiten). Trotz einiger ungelöster Fragen bei möglichen Gesundheitseffekten durch Mobilfunk – vor allem bei Langzeiteffekten – hätte sich der gefundene Kompromiss zwischen Regierung und Netzbetreibern als “akzeptabel und bemerkenswert stabil” erwiesen, und “gesundheitliche Bedenken hätten nicht zu einer Behinderung des Rollouts der UMTS-Technologie und der Errichtung von Basisstationen im ganzen Land geführt”, so die Autoren.
Bibliografie: Schweikardt and Gross, Glob. Public Health, online publiziert: 19. September 2011 Abstract
Quelle: WIK-EMF Brief Nr. 60 vom 06.10.2011
Tags:
WIK, EMF-Forschungsprogramm