DNA-Schäden infolge EMF-Einwirkung: ein Überblick (Forschung)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 07.11.2010, 13:57 (vor 4921 Tagen)

Mit dem Beitrag Vorsorge aufgrund wiederholter Feststellung so genannter a-thermischer Wirkungen von HF-EMF (PDF) gibt der mobilfunkkritische Prof. W. Mosgöller, Wien, einen laiengerecht aufbereiteten Überblick auf die Studienlage bei DNA-Brüchen infolge EMF-Einwirkung (Stand: Oktober 2010). Der Beitrag ist mit drei Seiten noch in Reichweite von Lesefaulen, das Literaturverzeichnis ist mit 13 Seiten üppiger. Auch die umstrittene Reflex-Studie wird unkommentiert als Belastungszeuge zitiert (Diem, E, Schwarz, C, Adlkofer, F, Jahn, O and Rüdiger, H (2005). Non-thermal DNA breakage by mobile-phone radiation (1800 MHz) in human fibroblasts and in transformed GFSH-R17 rat granulosa cells in vitro. Mutat.Res. 583: 178-83.).

Zusammenfassend kommt der Autor zu den folgenden Aussagen:

1. Nach Expositionsbeginn vergeht eine so genannte Latenzzeit bis die DNA-Brüche feststellbar sind. Je kürzer die Expositionsdauer, umso weniger wahrscheinlich kommt es zu Schäden.

2. Zusätzlich zu der durch Energieabsorption pro Masseneinheit wirksamen Strahlungsleistung (SAR-Wert) sind weitere Expositions-Parameter relevant. Beispielsweise reagieren sensible Zellen bei rhythmischen Unterbrechungen (intermittierende Exposition) sensibler als auf kontinuierliche Exposition. Dies bedeutet, dass zelluläre Reaktionen auch unabhängig von der spezifischen Absorptionsrate (Wärmeentwicklung) auftreten können.

3. Es finden sich wiederholt Hinweise, dass bei gleicher Intensität die Exposition zu modulierten Signalen mehr DNA-Brüche erzeugt als die Exposition zu einer nicht modulierten Trägerwelle. Dies bestätigt, dass die zellulären Reaktionen nicht alleine von der spezifischen Absorptionsrate (Wärmeentwicklung) abhängen.

4. Nach Expositionsende verschwinden die DNA-Brüche ungefähr innerhalb von 2 Stunden Erholungszeit. Dieser Befund kann Expositionspausen zum Schutz vor Expositionsfolgen begründen. Für die exakte Feststellung der Erholungszeit bedarf es weiterer systematischer Forschung.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Reflex, ATHEM-Projekt, Mosgöller, DNA-Brüche

DNA-Schäden infolge EMF-Einwirkung: ein Überblick

Doris @, Sonntag, 07.11.2010, 14:18 (vor 4921 Tagen) @ H. Lamarr

Mit dem Beitrag Vorsorge aufgrund wiederholter Feststellung so genannter a-thermischer Wirkungen von HF-EMF (PDF) gibt der mobilfunkkritische Prof. W. Mosgöller, Wien, einen laiengerecht aufbereiteten Überblick auf die Studienlage bei DNA-Brüchen infolge EMF-Einwirkung (Stand: Oktober 2010).

Verschaeve et al. haben zu diesem Thema auch druckfrisch was zu sagen.

Review über Laboruntersuchungen zur erbgutschädigenden Wirkung elektromagnetischer Felder

Zehn weltweit anerkannte EMF-Wissenschaftler, die zum Teil auch in internationalen Bewertungsgremien tätig sind, haben für diese Literaturstudie die Daten aus vorliegenden Studien ausgewertet, in denen der Einfluss von Hochfrequenzfeldern auf die Erbmasse in Reagenzglasuntersuchungen, Tierstudien und an menschlichen Gewebeproben untersucht wurde. Berücksichtigt wurden auch publizierte Studien, in denen nach einem kombinierten Einfluss von EMF und chemischen oder anderen physikalischen Einflüssen gesucht wurde. Wie auch schon in früheren Literaturübersichten, ergab sich kein einheitliches Bild. Viele der positiven Befunde in den Studien könnten nach Einschätzung der Autoren auf eine thermische – also deutlich oberhalb der Grenzwerte durchgeführte – Exposition zurückzuführen sein. Einige Studien wiesen jedoch darauf hin, dass biologische Effekte auch bei schwacher Exposition zu finden seien. Insgesamt stuft das Autorenteam die Anhaltspunkte für erbgutschädigende Wirkungen durch Hochfrequenzfelder geringer Stärke jedoch als sehr schwach ein.

Bibliografie: Verschaeve et al., Mutat. Res. 2010 Oct 16. [Epub ahead of print]
Abstract

Quelle: WIK EMF-Brief Nr. 27

Tags:
DNA

DNA-Schäden infolge EMF-Einwirkung ----> Fragen dazu

Doris @, Sonntag, 07.11.2010, 14:31 (vor 4921 Tagen) @ Doris
bearbeitet von Doris, Sonntag, 07.11.2010, 14:52

Eine Frage dazu, die auf meiner Hirn-Festplatte immer noch als "offen" gespeichert ist, passt zu dieser Review Studie.

Da steht folgendes:

Berücksichtigt wurden auch publizierte Studien, in denen nach einem kombinierten Einfluss von EMF und chemischen oder anderen physikalischen Einflüssen gesucht wurde.

a) Ist z.B. diese Arbeit aus der Türkei als solche Arbeit zu sehen

Wirkungen von Selen und L-Carnithin auf den oxidativen Stress im Blut von Ratten, induziert durch 2,45 GHz-Befeldung durch drahtlose Geräte.

b) warum werden solche Kombinationsstudien durchgeführt?

Ich habe zwar eine Erklärung für mich, möchte aber gerne, dass mir das ein Fachmann sagt.

Der Glimmertintling ist an allem schuld ...

H. Lamarr @, München, Sonntag, 07.11.2010, 16:44 (vor 4921 Tagen) @ Doris

b) warum werden solche Kombinationsstudien durchgeführt?

Als ausgewiesener Laie in solchen Fragen verdünne ich kompetente Antworten mit meiner dilletantischen Vermutung, es könnte sich ähnlich wie beim Pilzgift Coprin verhalten, das erst in Verbindung mit Alkohol unangenehme Auswirkungen hat.

Coprin ist ein Pilzgift. Es wurde zuerst im Faltentintling Coprinus atramentarius gefunden, außerdem kommt es im Netzstieligen Hexenröhrling und im Glimmertintling vor. Es verursacht im Zusammenhang mit Alkoholgenuss das Coprinus-Syndrom: Schweißausbrüche, die Körperhaut verfärbt sich lila, das Gesicht rot, Ohrläppchen und Nasenspitze bleiben dabei weiß. Das Gift verbleibt bis zu vier Tage im Körper, nach erneuter Alkoholeinnahme zeigen sich erneut die Symptome. Ohne Alkohol ist es unschädlich (Quelle).

Auch Mehrfachkombinationen sind denkbar, etwa ...

"charles" + "EMF" ist harmlos,
"charles" + "EMF" + "Weber" ist bereits reizend,
"charles" + "EMF" + "Weber" + "Scheiner" ist toxisch ;-).

Die Konstante "EMF" kann rausgekürzt werden, am Resultat ändert dies nichts.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Humor

Sendemastengegner gehen leer aus

H. Lamarr @, München, Sonntag, 07.11.2010, 18:03 (vor 4921 Tagen) @ Doris

Insgesamt stuft das Autorenteam die Anhaltspunkte für erbgutschädigende Wirkungen durch Hochfrequenzfelder geringer Stärke jedoch als sehr schwach ein.

Das steht ziemlich deutlich im Widerspruch zu der Dringlichkeit, mit der Prof. Mosgöller Prävention und Vorsorgemaßnahmen für einen "sicheren Umgang mit HF-EMF abstrahlenden Geräten" fordert.

Folgt man seiner Empfehlung "Dazu gibt es praktische Tipps im Projekt-Report 47 der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt http://esv-sva.sozvers.at/mediaDB/555261_R47.pdf, (Seite 171-173)" landet man in dem bekannten Abschlussbericht des AUVA-Projekts ATHEM.

Sendemastengegner gehen in der dortigen Tippsammlung explizit leer aus. Es gibt neben allgemeinen Hinweisen einen eigenen Abschnitt für Handy-Nutzer ...

7.2.4 Vorsorgemaßnahmen bei der Benützung von Handys

... aber keinen Abschnitt mit Tipps für Sendemastengegner. Ganz offensichtlich teilen auch die ATHEM-Wissenschaftler und Prof. Mosgöller die Einschätzung ...

Nicht die Masten sind das Problem, sondern die Handys!

Wenn sich das doch endlich mal unter Sendemastengegnern herumsprechen würde. Leider beziehen mobilfunkkritische Wissenschaftler dazu mMn nur ungern eine klare Position, vielmehr wird gerne der wichtige Unterschied zwischen Handy- und Sendemast-Strahlung sprachlich zu "Mobilfunkstrahlung" eingeebnet, ein Pauschalismus, der reihenweise für kapitale Missverständnisse auf Seiten der Sendemastengegner sorgt, wenn diese Handy-Alarmstudien irrtümlich auf Sendemasten anwenden.

Andererseits ist - zur großen Freude der BBs - in der Tippsammlung des ATHEM-Berichts auch zu lesen "Zur Abschirmung von Räumen oder Quellen ist bei der Wahl des Abschirmmaterials die Frequenz der Strahlung ausschlaggebend." Also, business as usual, ein Zuckerl für die Gilde der Baubiologen kann ja angesichts der "uneinheitlichen Forschungslage" nicht schaden. Dabei hätten die preiswerten Heilsteine, das Bett der Isar ist voll davon, die gleiche Wirkung auf die Abgeschirmten, wie zentimeterdicke Metallplatten. Aber niemand will diese Idee von "sektor3" den BBs entgegenschmettern, die mit aufwändigen Schirmungen selbst 24,7 µW/m² noch zuleibe rücken möchten, weil nach SBM 2008 (PDF) "stark auffällig".

Vor rund zehn Jahren noch Wunschtraum aller Sendemastengegner dieser Welt, bildet der berühmte "Salzburger Vorsorgewert" (1 mW/m²) heute aus Sicht der Baubiologie gar die Schwelle zu "extrem auffälligen" Werten - einfach irre, wie hier mit willkürlich gesetzten Werten ohne wissenschaftliche Expertise massiv Schirmungsbedarf "generiert" wird. Die homöpathischen Wurzeln der EMF-Debatte sind bei diesem Trend zu homöopathisch niedrigen Richtwerten gut erkennbar, dass das fiktive Wirkprinzip der Homöopathie genau andersrum funktioniert als bei EMF (je weniger Wirkmoleküle, desto wirksamer), tut dem veranstalteten Budenzauber keinerlei Abbruch. Gläubige brauchen keine logische Argumente!

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Tags:
SBM, Vorsorge, Willkür, Homöopathie, ATHEM-Projekt, Mosgöller, Heilsteine

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