Belastete Wohnungen, ein Rückblick in das Jahr 1996 (Allgemein)

Kuddel, Sonntag, 18.01.2009, 20:29 (vor 5579 Tagen)

Beim Flohmarkt eines Gemeindefests fiel mir neulich ein interessantes Buch in die Hände:
"Wohnen ohne Gift", herausgegeben 1996 von der Stiftung Warentest.

In dem Buch setzt sich die Stiftung Warentest auf 192 Seiten kritisch mit allen möglichen Wohngiften auseinander und gibt Tipps sowie eine Liste von Adressen von Prüf-Instituten.

Angefangen von Asbest ,über Haushaltsreiniger, PCB, Lösemittel in Farben und Lacken, Holzschutzmittel, Schädlingsbekämpfungmittel, Pflanzenschutzmittel, Schimmel, Pollen, Milben, Radon, Feinstaub, Dämmstoffe, Tapeten, Belastung durch Passivrauchen und so weiter.
Auch "Elektrosmog" ist dabei, dazu in einem 2. Beitrag mehr.

In der Einleitung ist ein Zitat von Prof. Henning Rüden, Hygienetechniker der Uni Berlin abgedruckt:
"Wenn es für unsere Zimmerluft so klare und verbindliche Schadstoff-Grenzwerte, wie für Arbeitsplätze gäbe, müßten 10% der Wohnungen in der Bundesrepublik evakuiert werden"

In dem Buch findet man weitere interessante Aussagen, wie z.B. folgende:
Es ist ein Irrtum, zu glauben, daß alle Produkte mit dem Zeichen "Bio" und "Natur" nach derzeitigem Wissen empfohlen werden können.

Folgender Abschnitt bezieht sich eigentlich auf chemische und biologische Substanzen, ich finde aber, er passt ebenso perfekt auf die Elektrosmogdiskussion !

Wer suchet, der findet
Verschärft wird die Unsicherheit der Betroffenen durch verschiedenartige Formen des Messens. Die Meßtechnik stürmt mit 7-Meilen-Stiefeln voran. Immer mehr Substanzen werden identifiziert, Geräte spüren immer geringere Mengen auf.

Oft finden Sie in Pressemeldungen: "Der Stoff XYZ wurde nachgewiesen", wobei die Frage, ob Stoffe in dieser Menge bedrohlich sind, nicht beantwortet wird.

Prüfinstitute werden sehr häufig fündig, das liegt in der Natur ihrer Arbeit. Allein die Maßzahl ppb "Parts per billion" (Teil pro Milliarde) zeigt, in welche Größenordnungen die Chemiespürnasen vorgestoßen sind. Ob die Substanzen tatsächlich Schäden verursachen, ab welcher Menge, in welchen Zeiträumen, bei welchen Menschen, wie in Kombination mit anderen Substanzen, ist vielfach nicht zweifelsfrei erforscht.

Tags:
Wohngifte, Buch, Radon, Wünschelruten, Krebserreger

Thema Elektrosmog, ein Rückblick in das Jahr 1996

Kuddel, Sonntag, 18.01.2009, 20:35 (vor 5579 Tagen) @ Kuddel
bearbeitet von Kuddel, Sonntag, 18.01.2009, 22:27

Fortsetzung der Buchrezension
Stiftung Warentest, Ratgeber Umwelt "Wohnen ohne Gift" (1996)

Nun zum Kapitel "Elektrosmog".

Die genaue Kapitelüberschrift lautet interessanterweise:

"Elektrosmog, Störfelder, Rutengeher"

Nanu, ist die Überschrift etwa eine unterschwellige Kritik der Autoren an der Umtriebigkeit einer bestimmten "Berufsgruppe" ? ;-)

Daß elektromagnetische Wellen die Temperatur in dem Material erhöhen, in das sie eindringen, ist unstrittig.
Strittig ist, ob es andere Folgen gibt, so genannte "athermische Folgen".
Es gibt zum Beisipiel die Beobachtung, daß sich der Herzschlag verändert, wenn man in ein sehr starkes elektromagnetisches Feld tritt.
...

Einige Ärzte führen die unterschiedlichsten Beschwerden ihrer Patienten auf elektromagnetische Felder zurück. Das reicht von Unwohlsein über Schlafstörungen, Gereiztheit, Depressionen, Kopfschmerzen Sehstörungen.
Doch diese Beschwerden können viele andere Ursachen haben !

...
Kritiker fahren mit schweren Geschützen auf, wie eine 2 fach erhöhte Leukämierate bei Kindern nahe einer Hochspannungsleitung, Zugvögel, die sich vor einer Trafostation aufteilten usw.
Der Nachteil all dieser Untersuchungen: Sie sind nicht in allen Fällen so hieb und stichfest, daß jeder Zweifel beseitigt ist.

So zeigte z.B. eine US-Studie, daß schwangere Frauen, welche eine Heizdecke verwendeten, deutlich mehr Fehlgeburten erlitten, als der Durchschnitt.
Das elektrische Feld wurde von den Studienautoren eindeutig als die Ursache für die Fehlgeburten angesehen.
Kritiker der Studie merkten an: Vielleicht waren die elektromagnetischen Felder verantwortlich, jedoch könnte es genauso gut die erhöhte Temperatur durch die Heizdecke sein.

Thema Mobiltelefon...könnten Empfehlungen vom IZgMF sein, gab es das schon 1996 ?

Die prominenteste Quelle für vermuteten Elektrosmog ist das allseits beliebte Mobiltelefon...

Man beachte, von Basisstationen ist in dem Buch keine Rede !

Außer einer in den meisten Fällen ungefährlichen Erwärmung der Körpertemperatur haben Mobiltelefone keine gesundheitsgefährdende Wirkung, sagen wissenschaftliche Studien.
Doch die letzten Zweifel sind noch nicht ausgeräumt.

Tips: Wer nach längeren Gesprächen am Mobiltlefonen Kopfschmerzen hat, der verzichte auf sein Mobiltlefon, fasse sich kurz oder telefoniere wenn möglich mit einem normalen Telefon.
Lange Gespräche führen sie besser mit einem leitungsgebundenen Telefon
Benutzen Sie das Mobiltelefon im Auto nur mit Außenantenne.

...
Tipps zu elektrischen Feldern von Haushaltsgeräten:
Lassen Sie Kinder nicht zu lange und zu nahe am Bildschirm sitzen...
Schalten Sie nicht benutzte Geräte generell vollständig ab.
Die Haushaltsgeräte Ihres Nachbarn sind in keinem Fall eine Gefahr, sie sind zu weit entfernt...

Verbannen Sie elektrische Geräte aus dem unmittelbaren Schlafbereich.
Sie verhindern dadurch Störgeräusche, z.B. durch das Brummen von Transformatoren in Kleingeräten...
Interessante Interpretation....Entstehen (Schlaf-)Störungen durch Felder, oder vielleicht durch Brummgeräusche ?

Es folgen einige Seiten zum Sinn und Unsinn von Netzfreischaltern.
Wer sich davon viel erwartet kann bei einer Renovierung darauf achten (Tips zur Leitungsverlegung)....Prof Jürgen h. Bernhardt vom Institut für Strahlenhygiene meint: Ein Netzfreischalter ist eigentlich überflüssig, da vom Netz ausgehende Felder bereits in 1m Abstand minimal sind.

An dieser Stelle ist im Buch eine Illustration von einem lächelnden Mann mit Anzug und Schlips, der mit einer zitternden Wünschelrute vor einem Bett steht. Unter dem Bett steht ein ängstlich aussehendes Sparschwein.

Größere magnetische Belastungen treten an Trafostationen und Schaltanlagen auf. Wer an solchen Orten wohnt und glaubt einen gesundheitlichen Schaden davonzutragen, dem bleibt nur der Wohnungswechsel.

Auch beim folgenden Kapitel hatte ich ein Deja vu, allerdings von heute in die Vergangenheit betrachtet:

Schlafstörungen:
Bedenken Sie, daß Schlafstörungen nicht unbedingt auf Elektrosensibilität zurückzuführen sind und sehr viele Ursachen haben können.
Wenn der herbeigerufene Baubiologe oder Radiästhet ein Gerät mit effekthascherischer Anzeige auspackt, dann mißtrauen Sie seinen Aussagen.

Einzig geeichte Geräte können brauchbare Informationen liefern.
Solange keine klaren wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, können wir Ihnen nur einen Rat geben:
Ängstigen Sie sich nicht und vermeiden Sie unnötige elektromagnetische Belastungen.

...
Je mehr Elektrosmog zum Thema wird, umso häufiger wollen Menschen wissen, ob Sie in ihren eigenen vier Wänden elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt sind.
Die Wahrscheinlichkeit, daß Sie zur Gruppe elektrosensitiver Menschen gehören, ist äußerst gering
...

Es folgt ein Absatz über Baubiologenmeßgeräte, wie z.B. dem Multimeter.
...
Die Elektrostreßhysterie hat die Preise für diese technisch einfachen Apparate vielfach in die Höhe getrieben
...

Das Wort "Elektrostreßhysterie" ist von den Autoren wohl als Wink mit dem Zaunpfahl gemeint...

[image]
Bild: Stiftung Warentest, Ratgeber Umwelt: Wohnen ohne Gift (1996)
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Tags:
Buch, Rutengeher, deja vu, Netzfreischalter, Sehstörung, Depressionen

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