Leif Salford: zwei Bilder, eine Geschichte (Forschung)

Schutti2, Montag, 28.07.2025, 14:39 (vor 3 Tagen)

[Admin: Teilstrang wegen Themenwechsel abgetrennt am 29.07.2025; Absprung war hier]

Weltweit verwursteten Mobilfunkgegner Fig. 2 ohne auch nur einen Funken Rücksicht auf die US-amerikanischen funktechnischen Parameter zu nehmen, die dem Bild zugrunde liegen.

So ein Bild, das Beine bekommen hat, kennt man auch aus einer Arbeit von Leif Salford (2003).
"Gefahr für die Blut-Hirn-Schranke!" Hieß es damals und heißt es auch heute immer wieder mal.
Dieses Bild
[image]
findet man auch heute noch vielfach.
Es stammt aus einer fehlerhaften Fassung der Publikation Nerve cell damage in mammalian brain after exposure to microwaves from GSM mobile phones von Salford et al. (2003).
Sogar Nichtfachleuten war damals aufgefallen, dass in den Bildern unterschiedliche Regionen des Rattenhirns dargestellt sind.
Tatsächlich stammt das rechte Bild nicht einmal aus den in der Arbeit beschriebenen Untersuchungen. Man hatte einfach ein Bild aus irgendwelchen anderen Versuchen hergenommen, das ist in der verlinkten Arbeit unter der Überschrift "Correction" nachzulesen.

Dieses "Vorher-Nachher-Bild" wie oben zu sehen beschreibt also keine Realität. Es ist fake.
Meines Erachtens wären wir hier haarscharf an der Grenze zu scientific misconduct (Täuschung und Fälschung in der Wissenschaft), wenn Salford et al das im Jahr 2003 in der finalen Fassung nicht korrigiert hätten.

Das Bildpaar gibt es seit 22 Jahren nicht mehr in der wissenschaftlichen Literatur.
Aber es geistert fröhlich weiter durchs Internet, bei Kinderpostämtern der Wissenschaft.
- Bei "Ärzte und Mobilfunk", wie oben verlinkt
- Bei Uli Weiner. Na ja, wer auf diesen Käse von Klagemauer-TV reinfällt, ist selber schuld.
- Bei diagnose funk ganz aktuell im Februar 2025. Und zwar richtig dreist: Aus dem 20-minütigen Youtube-Video wird ausgerechnet das Standbild von Minute 9:15 gezeigt.
Dieser Vortrag von Salford persönlich stammt aus dem Jahr 2009 oder noch später.
Merkwürdig.

Tags:
Blut-Hirn-Schranke, Salford, Ratten, Querschnitt

Leif Salford: zwei Bilder, eine Geschichte

H. Lamarr @, München, Montag, 28.07.2025, 21:57 (vor 3 Tagen) @ Schutti2

[image]

Die Bildbeschriftung ist schon sehr lustig: Damit meine ich nicht "Saalford", das ist geschenkt, sondern den fleckigen Hirnschnitt, den Salford von einer Ratte genommen hat, nachdem diese zuvor zwei Stunden mit einem Mobiltelefon telefoniert hat. Wegen der enormen Dauer des Telefonats mutmaße ich, die Spenderratte war weiblich.

- Bei diagnose funk ganz aktuell im Februar 2025. Und zwar richtig dreist: Aus dem 20-minütigen Youtube-Video wird ausgerechnet das Standbild von Minute 9:15 gezeigt.

Weil Derartiges bei Diagnose-Funk nicht die Ausnahme ist, sondern die Regel, dokumentieren solche Vorkommnisse aus meiner Sicht den unbedingten Willen des Vereins zur Desinformation.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Leif Salford: zwei Bilder, noch eine Geschichte

Schutti2, Dienstag, 29.07.2025, 17:27 (vor 1 Tag, 21 Stunden, 31 Min.) @ Schutti2

Dieses Bild
[image]
findet man auch heute noch vielfach.

Tatsächlich stammt das rechte Bild nicht einmal aus den in der Arbeit beschriebenen Untersuchungen. Man hatte einfach ein Bild aus irgendwelchen anderen Versuchen hergenommen, das ist in der verlinkten Arbeit unter der Überschrift "Correction" nachzulesen.

Ich habe noch mal genauer hingeschaut:
Nicht "irgendwelche anderen Versuche" waren das, sondern das rechte Bild stammte aus einer damals schon zehn Jahre alten Publikation vom März 1993.
Diese Publikation von 1993 ist inzwischen im Volltext frei zugänglich.

Und das ist wirklich interessant!
Eins nach dem anderen:
Hier die Grafik aus der Publikation von Juni 2003 (EHP Vol. 111 Nr. 7, Seite 881 ff.)
[image]

Hier ein Bild aus der fehlerhaften Fassung derselben Publikation (Januar 2003):
[image]
Salford et al schrieben dazu im Abstract:
"We found, and present here for the first time, highly significant (p<0.002) evidence for neuronal damage in [...] the brains of exposed rats."
Hervorhebung von mir.
Presented for the first time in 2003. Aha.

Und nun Obacht:
Hier ein Bild aus der oben verlinkten Publikation von 1993:
[image]
Ein Bild von 1993. Das ist exakt dasselbe Präparat wie das angeblich 2003 zum ersten Mal publizierte.

Wer mag, kann sich die Expositionsbedingungen in den beiden Publikationen genauer anschauen.
1993 soll es ein 915-MHz-Generator gewesen sein. Ausgangsleistung zwischen 0,2 und 20 Watt. Das s/w-Bild (a) sei entstanden bei 10 Watt Pulsleistung und einer SAR von 3.3 W/kg.
2003 soll es das Sendesignal eines GSM-Handys gewesen sein, mit Pulsleistung in drei Stufen 0,01 , 0,1 bzw. 1 Watt. Was einer SAR von 2, 20 bzw. 200 mW/Kg entspreche.
2 Stunden exponiert. ("Nach 2 Stunden Telefonat" :-D, das stimmt aber auch nicht, denn man ließ die Ratten nach der Exposition noch 50 Tage leben.) Von welchen konkreten Expositionsbedinungen die dargestellten Hirnschnitte stammen, wird 2003 vorsichtshalber nicht berichtet. Weder in der ersten, noch in der korrigierten Fassung.
Nee, halt, doch!
In der korrigierten Fassung, dort im Kasten "Correction" steht, dass das rosa Bild "B" zur Expositionstufe 2 mW/kg gehört. Das war, s.o., ausgerechnet die niedrigste der drei Expositionstufen.
Da fragt man sich doch besorgt, wie die Bilder der noch zehn- bzw. hundertmal stärker exponierten Gehirne aussahen. Und warum man davon nichts zu sehen bekommt:confused:

Das ist aber auch wurscht.
Das Bild ist 32 Jahre alt, die Exposition dazu war massiv über Grenzwert.
Zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung hatte Salford immer noch nichts besseres herzuzeigen als dieses dramatische Bild von 1993. Und tut erst mal so, als sei es ein neues Forschungsergebnis.
Und nochmal Jahre später, in seinem Vortrag, kommt er immer noch mit diesem uralten Foto um die Ecke.

Ich habe mal im "Laborjournal" etwas Lustiges gelesen, von Siegfried Bär.
"Kleiner Leitfaden durch die Phraseologie des wissenschaftlichen Papers"
Die Übersetzung, was eine beschönigende Formulierung wirklich bedeutet.

Beispiel:
"A typical set of data is shown in Fig. 1"
bedeutet:
"Fig. 1 zeigt unsere besten Daten" :rotfl:

Wie oben, aber feiner:
"For reasons of space, we only show pictures of selected typical samples."
bedeutet:
"Von den anderen Proben ist uns das Reagenzglas vom Tisch gefallen."


Ein älterer Strang (2022) zu diesem Thema

Leif Salford: zwei Bilder, noch eine Geschichte

Alexander Lerchl @, Dienstag, 29.07.2025, 20:29 (vor 1 Tag, 18 Stunden, 30 Min.) @ Schutti2

Hervorragende Beobachtungen, danke!!

--
"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

Leif Salford: zwei Bilder, noch eine Geschichte und ein Preis

H. Lamarr @, München, Dienstag, 29.07.2025, 23:19 (vor 1 Tag, 15 Stunden, 39 Min.) @ Schutti2

[image]Teilnehmer "Schutti2", für diese investigative Recherche am Grund von Schwedens Lund ist es mir eine große Freude, Ihnen als Anerkennung das Goldene Trüffelschwein am Bande überreichen zu dürfen.
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Leif Salford: zwei Bilder, noch eine Geschichte

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 30.07.2025, 10:30 (vor 1 Tag, 4 Stunden, 29 Min.) @ Schutti2

Diese Publikation von 1993 ist inzwischen im Volltext frei zugänglich.

Der Link führt nicht zum Volltext, sondern nur zu einer Preview ohne Bilder :-(.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Leif Salford: zwei Bilder, noch eine Geschichte

Schutti2, Mittwoch, 30.07.2025, 14:06 (vor 1 Tag, 0 Stunden, 53 Min.) @ H. Lamarr

Merkwürdig, bei mir klappt es.
Aber nehmen Sie vielleicht mal den Absprung von hier. Und dann weiter mit dem doi: Link oben rechts

Leif Salford: zwei Bilder, noch eine Geschichte

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 30.07.2025, 14:18 (vor 1 Tag, 0 Stunden, 40 Min.) @ Schutti2

Merkwürdig, bei mir klappt es.
Aber nehmen Sie vielleicht mal den Absprung von hier. Und dann weiter mit dem doi: Link oben rechts

Klappt nicht unabhängig vom Absprungbrett. Liegt vermutlich daran, dass Sie einen ständigen institutionellen Zugang zum Linkziel haben und ich diesen nicht habe. Ist jetzt nicht weiter tragisch, ich wollte mir nur mal routinemäßig anschauen, welche Bilder Salford in seiner Publikation von 1993 sonst noch drin hatte. Keine weiteren Umstände nötig.

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