Fluris große Metas-Kritik: letzter kleiner Faktencheck (VI) (Technik)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 23.01.2024, 20:19 (vor 693 Tagen) @ H. Lamarr

Zitat Fluri (Seite 29 von 33):

Fazit von Ericsson:
Size of exclusion zone makes 5G network roll-out a major problem or impossible

Zum Verständnis bitte in Fluris Kritik die Grafiken auf Seite 29 betrachten.

Ja stimmt, ein Entwickler von Ericsson hat das tatsächlich geschrieben. Aber: Fluri erweckt den Eindruck, das Zitat gelte weltweit pauschal für alle 5G-Netze. Dieser Eindruck ist falsch. Das Zitat gilt einzig und allein für 5G-Netze in Ländern, in denen nicht die Icnirp-Grenzwerte gelten, sondern 1/100 dieser Grenzwerte. Die Aussage trifft also in Europa nur für die Schweiz mit ihren Anlagegrenzwerten zu. Doch seitdem dort im Dezember 2021 die Korrekturfaktoren für die zulässige Strahlungsleistung von Massive-Mimo-Antennen eingeführt wurden, gilt die Ericsson-Aussage auch in der Schweiz nur noch mit erheblichen Abstrichen.

Fluri hat sich mMn einer Zitatverfälschung durch Weglassung schuldig gemacht. Wer diese Behauptung von mir nachprüfen möchte, muss wohl oder übel versuchen, mit Fluris Quellenangaben das Original-Ericsson-Dokument mit der besagten Aussage zu finden. Dies sind die verfügbaren Quellenangaben:

[10] „Impact of EMF limits on 5G networkroll-out“, ITU Workshop on 5G, EMF & Health, Warsaw, Ericsson, Christian Törnevik, December 5 , 2017
[11] „5G och EMF“, Ericsson, Ref. Doc. SSM, 2018-12-12

Um die Suche ein bisschen bequemer zu machen, habe ich nachfolgend für beide Quellen die Suchtreffer verlinkt, die mir heute Google beschert hat:

Quelle [10] - Suchtreffer
Quelle [11] - Suchtreffer

Und, fündig geworden?

Mir hat Google heute keinen einzigen Treffer zu dem Ericsson-Original geliefert, angeboten wurde mir nur belanglose Treffer zu Fluris Kritik.

Beleglos muss meine Behauptung der Zitatverfälschung dennoch niemand hinnehmen. Denn glücklicherweise hat lange vor Fluri Gigaherz-Präsident Jakob bereits Mitte 2018 Schindluder mit Informationen von Ericsson getrieben. Im Gegensatz zu Fluri nannte Jakob seinerzeit überhaupt keine bibliographischen Quellenangaben, geschweige denn, dass er einen Link preisgab, um seine Behauptungen zu belegen. Notgedrungen machte ich mich im www mit wechselnden Suchbegriffen irgendwann auf die Pirsch nach dem Original. Das dauerte. Mitte 2019 aber hatte ich das Original gefunden und konnte Jakob damit gründlich widerlegen. Wie sich herausstellte, bediente sich auch Jakob u.a. der Verfälschung durch Weglassung.

Hier also der Link zum Ericsson-Originaldokument, aus dem auch Fluri Nektar saugte.

Wer ein bisschen was von Funktechnik versteht wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, vergleicht er das Original mit dem, was Fluri daraus auf Seite 29 seiner Kritik gezaubert hat. Kommt Fluri für eine Antenne vom Typ AIR 6488 B42 mit den Schweizer Anlagegrenzwerten auf 250 m Sicherheitsabstand (horizontal) bzw. 140 m (vertikal) sind es im Original (Seite 9) nur 115 m bzw. 70 m. Kommt Fluri auf beängstigende 30'000 W ERP-Strahlungsleistung, sind es auf Seite 4 im Original nur 72 dBm entsprechend 15'850 W (EIRP) ...

Fazit: Wie die meisten Mobilfunkgegner bedient sich auch Thomas Fluri gerne des Tricks, nicht ganz einfach nachzuvollziehende technische Sachverhalte dramatischer darzustellen als sie tatsächlich sind. Fluri kann damit die gesamte (laienhafte) Schweizer Anti-Mobilfunk-Szene tief beeindrucken, mit Sicherheit aber nicht die EMF-Fachleute von Metas. So wird die große Fluri-Kritik vom Februar 2021 bis heute einzig und allein von der inhaltlich damit restlos überforderten kleinen Szene organisierter Mobilfunkgegner gefeiert. Doch inzwischen von der Zeit und den Fortschritten in der 5G-Messtechnik überrollt, ist sie selbst dort ein bedeutungsloser Anachronismus geworden. Der späte kleine Faktencheck an der Fluri-Kritik ist aus meiner Sicht dennoch nicht vergebens gewesen. Denn was öffentlich unwidersprochen bleibt, wird gerne irrtümlich für wahr gehalten. Der Faktencheck ist bei Weitem nicht vollständig, der erkennbare Ergebnistrend ist für mich jedoch schon so eindeutig, dass ich weitere Folgen für unnötig halte.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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