5G-Messprojekt in NRW: Maximal 47 % Grenzwertausschöpfung (Technik)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 09.03.2022, 21:09 (vor 818 Tagen)

Im Auftrag des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW untersuchte eine Expertengruppe an insgesamt 40 Messpunkten in der Umgebung von zehn 5G-Basisstationen die auftretende EMF-Immission. Ausgewählt wurden Basisstationen, an denen 5G sowohl über Dynamic-Spectrum-Sharing (DSS) in Koexistenz mit 4G als auch im 3,6-GHz-Band betrieben wird. Hier ein Auszug aus den zusammengefassten Ergebnissen des im November 2021 publizierten Messprojekts.

An jedem Messpunkt wurde sowohl die zum Messzeitpunkt vorherrschende Momentanimmission als auch die maximal mögliche Immission durch 5G und durch weitere am Standort installierte Mobilfunkanlagen (LTE/GSM) bestimmt. Bei 5G-Anlagen im 3,6-GHz-Band wurde zusätzlich die Momentanimmission bei typischer Nutzung (TV-Livestream), im Folgenden als „typische Immission" bezeichnet, bestimmt.

Die höchste festgestellte Maximalimmission bei 5G im 3,6-GHz-Band liegt an Messpunkt 10.3 vor und beträgt 47,0 % des Feldstärkegrenzwertes der 26. BImSchV. Am selben Messpunkt, der hinsichtlich seiner Lage in Relation zur Basisstation besonders exponiert ist, treten auch die höchsten Maximalimmissionen bei 4G/5G (DSS, 4,9 %) und bei LTE/GSM (22,8 %) auf.

Dieser Messpunkt stellt insofern einen Ausreißer dar, als dass die zweithöchste Maximalimmission von 5G im 3,6-GHz-Band mit 23,5 % des Feldstärkegrenzwerts um 6 dB (Faktor 4 bezüglich der Leistung) niedriger ausfällt. Die niedrigste Maximalimmission beträgt 0,5 % des Feldstärkegrenzwerts bei 5G im 3,6-GHz-Band, 0,2 % bei 4G/5G (DSS) sowie 0,4 % bei LTE/GSM. Der Median aller Maximalimmissionen ergibt sich bei 5G im 3,6-GHz-Band zu 6,9 % gefolgt von LTE/GSM mit 4,9 % und 4G/5G (DSS) mit 1,5 %.

Hinsichtlich der Momentanimmission weist 5G im 3,6-GHz-Band die niedrigsten Immissionen auf. So liegt das Maximum bei 0,5 % des Feldstärkegrenzwerts, während es bei 4G/5G (DSS) 1,0 % und bei LTE/GSM 6,3 % beträgt. Auch bei den Medianwerten zeigt sich, dass 5G im 3,6-GHz-Band mit 0,2 % gegenüber LTE/GSM mit 1,3 % im Mittel die niedrigsten Immissionen aufweist. Dies ist primär durch die derzeit niedrige Netzauslastung im 3,6-GHz-Band zu erklären, wodurch sich die Anlagen größtenteils im Leerlauf befinden und die Momentanimmission in guter Näherung der Minimalimmission im Leerlauf der Anlagen entspricht. 4G/5G (DSS) liegt mit einem Medianwert von 0,2 % ebenfalls auf einem niedrigen Immissionsniveau.

Eine etwas größere Spannbreite bei 5G im 3,6-GHz-Band ist bei den typischen Immissionen festzustellen. Dennoch liegen auch hierbei Maximalwert (1,9 % des Feldstärkegrenzwerts) und Median (0,3 %) deutlich näher an der Minimalimmission, als an der Maximalimmission. Im Hinblick auf den horizontalen Abstand zur Sendeanlage zeigen die Untersuchungen, dass sich weder bei 5G im 3,6-GHz-Band noch bei 4G/5G (DSS) oder LTE/GSM ein klarer Trend zwischen Immissionshöhe und Entfernung zur Anlage feststellen lässt. Hinsichtlich des Vertikalwinkels zur Anlage treten die höchsten Immissionen bei kleinen Vertikalwinkeln, d.h. in größeren Entfernungen zur Sendeanlage auf. Während die Immission für Vertikalwinkel größer als etwa 15° keine sichtbare Korrelation mit dem Vertikalwinkel aufweist, ist für kleinere Vertikalwinkel insbesondere bei 5G im 3,6-GHz-Band ein Anstieg der Immission mit fallendem Vertikalwinkel (d.h. mit steigendem Abstand zur Anlage) erkennbar. Dies ist durch das vertikale Schwenken der im 3,6-GHz-Band eingesetzten Beamforming-Antennen bedingt, wodurch auch am Zellrand ein hoher Signalpegel erzeugt und somit eine hohe Datenrate ermöglicht wird.

Die in vorliegender Studie durchgeführten Messungen fanden an 5G-Basisstationen im Non-Standalone-Betrieb statt. Alle Netzbetreiber haben angekündigt, dass im gesamten 5G-Netz mittelfristig Standalone aktiviert wird. Damit werden nicht nur Nutzerdaten, sondern auch die gesamte Signalisierung über 5G übertragen, welche bislang über das 4G-Ankernetz abgewickelt wird. Dadurch ist nur eine geringfügige Verschiebung der Momentanimmission von 4G hin zu 5G zu erwarten. Die Maximalimmission verändert sich hingegen nicht. [...]

Download des kompletten Messberichts (PDF, 77 Seiten)

Hintergrund
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Immission, Grenzwertausschöpfung, NRW, Messprojekt, Feldstärkegrenzwert, 5G-Messung


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