Adaptive 5G-Antennen: Abschätzung der Maximalimmission (Technik)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 23.03.2021, 23:59 (vor 1730 Tagen) @ rallb

Allerdings treffen ja sämtliche von Ihnen benannten Unsicherheitsfaktoren genauso auf LTE zu bzw. sogar auf GSM, mal abgesehen von der Problematik mit dem Crest-Faktor. Dies würde ja bedeuten: rechnerische Abschätzungen der Maximalimmission von Mobilfunkanlagen sind zumindest bezogen auf den Spitzenwert gar nicht möglich.

Doch, wer alle relevante Größen einer Sendeanlage kennt, z.B. auch die tatsächliche Sendeleistung (und nicht nur deren beantragten Höchstwert), der kann die Immissionen ziemlich genau berechnen. Bei Größen mit Unwägbarkeiten wird einfach konservativ abgeschätzt, um auf der sicheren Seite zu sein. Diejenigen, die alle diese Größen kennen sind die Mobilfunknetzbetreiber. Anders kann es nicht sein, dass in der Schweiz künftig genau so eine Abschätzung der Immission praktiziert wird. Ziel: Gewährleisten, dass während eines Intervalls von 6 Minuten die niedrigen EMF-Anlagegrenzwerte der Schweiz (je nach Trägerfrequenz 4 V/m bis 6 V/m) nicht überschritten werden, obwohl gemäß der im Februar 2021 veröffentlichten Vollzugshilfe die Sendeleistungen adaptiver 5G-Antennen bis zu 10-Mal höher seien dürfen als die herkömmlicher Antennen. Diese Aufgabe löst ein Algorithmus in der Software, welche die Sendeleistung und damit indirekt die Immission steuert. Die Kunst des Programmierers besteht darin die Sendeleistung situationsabhängig so zu steuern, dass die zulässige Maximalimmission von knapp 20 V/m bei höchster Sendeleistung zwar befristet vorkommen darf, am Ende jedes Intervalls die gemittelte Immission den relevanten Anlagegrenzwert jedoch nicht überschreitet. Das Schweizer Bundesamt für Umwelt (Bafu) bestätigte kürzlich die ordnungsgemäße Funktion des Algorithmus' (siehe auch ""Hintergrund" und Post von "Wellenreiter").

Ich frage mich dann nur, wie die Bundesnetzagentur ohne messtechnische Abnahme bei der Standortbescheinigung dann vorab sicherstellen kann, dass die vorgegebenen 1952 V/M auch kurzfristig nicht überschritten werden können.

Die BNetzA kann das berechnen, da sie von den Daten ausgeht, die ein Netzbetreiber mit seinem Antrag auf Standortbescheinigung einreicht und sich nicht dafür interessiert, ob der Antragsteller später die bewilligte Sendeleistung nur teilweise ausschöpft. Hauptsache er überschreitet diese nicht. Die BNetzA geht bei ihren Berechnungen auch anderweitig von ungünstigsten Annahmen aus, um garantieren zu können, dass ihre Standortbescheinigungen zu keiner Befeldung über Grenzwert führen. Das führt dazu, dass bewilligte Sendeanlagen stets deutlich schwächer strahlen als sie dem Papier zufolge dürften. Probieren Sie's aus. Begeben Sie sich bei einer Sendeanlage Ihrer Wahl an den Rand des Sicherheitsabstands (am besten am 31. Dezember um Mitternacht) und messen Sie die Immission. Jede Wette, Sie werden dort nicht den Grenzwert, sondern nur einen Bruchteil davon messen, vielleicht 1/5 oder 1/10, vorausgesetzt Sie messen RMS und nicht etwa Spitzenwert.

Hintergrund
Erläuterungen zu adaptiven Antennen und deren Beurteilung ...

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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