Schirmung gegen Funkfelder: Antworten auf häufige Fragen (Technik)
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gibt in der Technischen Richtlinie "Elektromagnetische Schirmung von Gebäuden" auf 92 Seiten umfassend Auskunft über die Wirksamkeit und das Kosten/Nutzen-Verhältnis unterschiedlicher Schirmmaßnahmen, die von Laien fälschlich auch Abschirmungen genannt werden. Das Dokument ist mMn weitgehend auch für Halbprofis nützlich. Die folgenden Antworten auf häufige Fragen aus der Schirmpraxis erklären kurz und bündig, worauf man achten und was man tunlichst vermeiden sollte.
Häufig treten bei der Schirmung von Räumen oder ganzer Gebäuden die gleichen Probleme auf, für die es mitunter einfache Lösungen gibt. Im Folgenden sollen einige Beispiele erläutert werden:
1. Warum bricht die Schirmdämpfung oberhalb einer Grenzfrequenz (Cutoff-Frequenz) ein?
Jeder Raum, der geschirmt werden soll, besitzt Öffnungen (Aperturen) im schirmenden Medium (Türen, Fenster, Versorgungsleitungen). Die Grenzfrequenz, bis zu der eine hohe Schirmdämpfung erreicht werden kann, hängt im Wesentlichen von der Größe solcher Öffnungen ab. Je größer die Öffnung desto kleiner die Frequenz, ab der die Dämpfung einbricht. Zur Erhöhung des Grenzwertes sollten die Abmaße aller Öffnungen minimal und die Tiefe (Drahtstärke bei Gittern) maximal sein.
2. Warum ist meine Schirmdämpfung an einem Frequenzpunkt besonders hoch?
Alle elektrisch leitfähigen Komponenten besitzen im Frequenzspektrum Resonanzstellen, bei denen sie zum einen die Feldenergie besonders gut aufnehmen und bei fehlender Ableitung auch wieder an ein Feld abgeben können. Dies führt zur unkontrollierten Beeinflussung des Feldes. Bei Baukörpern kann beispielsweise ein Stahlträger eine solche Komponente darstellen. Solche Elemente sind aus konstruktiver Sicht oft wichtig und die hervorgehenden Effekte mitunter nicht vermeidbar.
3. Warum bricht die Schirmdämpfung an einem Frequenzpunkt ein?
Schlitze in leitfähigen Materialien können eine so genannte Schlitzantenne bilden. Durch diesen Schlitz werden dann in Abhängigkeit von der Länge des Schlitzes Felder in das Schirmvolumen eingeleitet. Die Entfernung solcher Schlitze ist mitunter schwierig, weil diese nicht immer zu erkennen sind (Haarriss im Schirm).
4. Warum bricht die Schirmdämpfung nach Verlegung einer Versorgungsleitung ein?
Kabel oder [metallische; Anm. Postingautor] Rohre sind hervorragende Wellenleiter und beeinflussen das Feldbild, innerhalb eines geschirmten Raumes. Dazu müssen dringend benötigte Versorgungsleitungen durch spezielle HF-Filter gesichert oder mithilfe von optischen Kopplern verlegt werden.
5. Wie kann man Schwachstellen lokalisieren?
Geräte für die Messung der Schirmdämpfung sind sehr kostenintensiv und sollten nur von Fachpersonal bedient werden. Schwachstellen im Schirm können mitunter mit der so genannten Sniffer-Methode lokalisiert werden. Prüfsets bestehend aus Sende- und Empfangseinheit, die nach dieser Methode arbeiten, können verhältnismäßig günstig im Handel erworben werden. Nachteilig ist, dass diese Sets meist nur für wenige diskrete Frequenzen ausgelegt sind. Schwachstellen der Schirmung, die bei nicht berücksichtigten Frequenzen auftreten, können damit schlecht oder gar nicht lokalisiert werden.
6. Wer führt Schirmdämpfungsmessungen durch?
Schirmdämpfungsmessungen sollten nur von akkreditierten Prüflaboren und von Fachpersonal durchgeführt werden. Zum seriösen Vergleich ist eine normgerechte Prüfung notwendig.
7. Wie wirken sich im Haus befindliche Funkeinrichtungen (WLAN) auf die Schirmdämpfung aus?
Ein wirksamer Schirm dämpft nur die durchdringenden elektromagnetischen Wellen. Wellen die sich nur innerhalb eines geschirmten Raumes ausbreiten und den Schirm somit nicht durchdringen, sind davon nicht betroffen. Im Haus befindliche Funkstrecken werden daher durch eine Schirmung nicht gedämpft. Durch eine hohe Reflexionsgüte kann ein Schirm sogar zu einer Verstärkung des Feldes innerhalb eines geschirmten Bereiches führen.
8. Kann es zu Versorgungsengpässen beim Mobilfunk (Radio, Fernsehen) kommen?
Im Gegensatz zu im Haus befindlichen Funkstrecken benötigen Mobiltelefone und andere terrestrische oder satellitengestützte Sendesysteme die Verbindung zu außerhalb des Gebäudes stehenden Empfangs- und/ oder Sendemasten. Eine wirksame Schirmung kann diese Verbindung stören oder unterbrechen. Es muss daher innerhalb geschirmter Räume mit Versorgungsengpässen gerechnet werden. Des Weiteren ist davon abzuraten, die Funkverbindung dadurch zu verbessern, in dem beispielsweise ein Fenster geöffnet wird. In diesem Fall ist auch die Schirmung nicht mehr wirksam.
9. Welche Alterungsbeständigkeit weist Schirmdämpfung auf?
Inwiefern sich die Schirmdämpfung von Materialien ändert, hängt stark von der Beanspruchung ab. Bekannt ist, dass gerade Kontakte aller beweglichen Elemente (z.B. Federleisten bei Türen, Fenstern) mit der Zeit abschleifen oder der Kontakt durch Fett und Schmutz beeinflusst wird. Des Weiteren reagieren manche Schirmmaterialien mit der Umgebung. So geben beispielsweise Betone und Holz ihre Restfeuchte ab oder Silber reagiert mit Schwefelwasserstoffverbindungen aus der Luft zu Silbersulfid. Durch beide Reaktionen sinken die Schirmdämpfungseigenschaften. Darüber hinaus kann durch unbedachte Umbau oder Installationsmaßnahmen oder durch mechanische Einwirkung beim Setzen eines Mauerwerks der Schirm beschädigt werden. Die Schirmdämpfung von sensiblen Bereichen muss daher immer wieder überprüft werden, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –