Faktencheck: Prof. Röösli zur Totalverstrahlung mit 5G (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 20.06.2020, 15:12 (vor 1449 Tagen)

Organisierte Mobilfunkgegner werden nicht müde, unter Laien Schauergeschichten über 5G zu verbreiten. Dazu sind alle Mittel recht. So wird auch die Tatsache zweckentfremdet, dass 5G höhere Trägerfrequenzen von derzeit bis zu 3,6 GHz verwendet. Physikalisch bedingt bedeutet dies eine kürzere Reichweite von 5G-Mobilfunksendern (und Smartphones), was wiederum die Notwendigkeit einer Netzverdichtung mit zusätzlichen 5G-Basisstationen nach sich zieht. Über deren Anzahl geistern auch abenteuerlich große Werte durchs Internet, für Mobilfunkgegner ein gefundenes Fressen, um die Bevölkerung mit dem Menetekel einer flächendeckenden Totalverstrahlung zu ängstigen.

Prof. Martin Röösli, Schweiz, greift diesen Sachverhalt in einem technisch gehaltvollen Interview mit dem Informationszentrum Mobilfunk auf und stellt ihn richtig. Nicht mit vagen Beschwichtigungen, sondern mit nachprüfbaren Fakten. Röösli geht neue Wege und starrt im Gegensatz zu Mobilfunkgegnern nicht ausschließlich auf Sendemasten. Er stellt es klüger an und wägt die Immission von Sendemasten und Endgeräten (Smartphones) gegeneinander ab. Dies führt zu einer umfassenden und daher realistischen Situationsbeurteilung wie Mobilfunkgegner sie noch nie vorgelegt haben. Kostprobe:

5G wird als schneller und leistungsfähiger angepriesen. Viele denken, dass dies automatisch mehr Strahlung bedeutet. Das ist aber nicht unbedingt der Fall, da 5G viel effizienter als ältere Mobilfunkstandards ist. Beispielsweise strahlt eine 5G-Mobilfunksendeanlage kaum, wenn sie nicht genutzt wird. Bei GSM war rund die Hälfte der Immissionen unabhängig von der Auslastung.

Ob eine Zunahme von Mobilfunksendeanlagen zu einer höheren Exposition der Bevölkerung führt, hängt davon ab, mit welcher Leistung die Mobilfunksendeanlagen senden und wie nahe sie bei der Bevölkerung aufgestellt werden. Es ist wahrscheinlich, dass mit einer Zunahme von Mobilfunksendeanlagen die Immissionen tatsächlich etwas steigen. Die damit verbundene bessere Signalqualität führt aber dazu, dass die Mobilfunktelefone deutlich weniger stark strahlen. Da das eigene Mobiltelefon bei der Mehrheit der Bevölkerung die Hauptstrahlungsquelle ist, nimmt damit netto die Strahlenbelastung ab. Eine Modellierungsstudie[1] aus der Schweiz zeigte klar: Je mehr Mobilfunksendeanlagen desto weniger Strahlenbelastung. Die Reduktion des Zellenradius führt zu einer Verringerung der Gesamtexposition der Mobilfunknutzer um einen Faktor 2 bis 10. Die Nichtnutzer erfahren jedoch eine leichte Erhöhung um den Faktor 1,6, allerdings auf tiefem Expositionsniveau. [...]

Die Interview-Betrachtungen von Röösli erschließen sich auch Laien und sollten deshalb für die Gilde der Mobilfunkgegner Pflichtlektüre sein. Doch die Erkenntnisse sind den Gegnern nicht dienlich, deshalb werden sie aller Voraussicht nach ausgeblendet, noch dazu, weil Röösli sich ausgerechnet vom Nachfolger des verhassten IZMF interviewen ließ. Schlichte Gemüter unter den Mobilfunkgegnern werden deshalb ungeachtet des Mehrwerts der dargelegten Fakten den "Feindkontakt" meiden und sich lieber weiter von der Desinformation durch Pseudoexperten wie Gigaherz oder Diagnose-Funk und Kollegen einwickeln lassen. Diese Selbstselektion führt dazu, dass die Betroffenen tiefer und tiefer in den Sumpf der Anti-Mobilfunk-Szene einsinken und sich gegen jede Form der Belehrung durch echte Experten immunisieren. Dies wäre nicht weiter erwähnenswert, würden Betroffene sich nicht, während sie einsinken, öffentlich darüber beklagen, niemand höre auf ihre Warnungen, keiner nähme sie ernst.

Hintergrund
Reichweite von 5G-Basisstationen
40 Prozent mehr Basisstationen bewirken 50 Prozent weniger Sendeleistung

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Röösli, Faktencheck, 5G


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum