Neil Cherrys Website steht zum Verkauf (Allgemein)
Die Website von Neil Cherry, 2003 verstorbener ICNIRP-Kritiker und wissenschaftliches Rückgrat der ersten Generation europäischer Mobilfunkgegner, steht gegenwärtig mit einem Preis von 2000 Dollar zum Verkauf.
Die Site wurde erst im April 2002 registriert, Cherry (Jg. 1946) war zu diesem Zeitpunkt bereits unheilbar an amyotropher Lateralsklerose erkrankt. Inhaltlich gab die Site für Besucher nicht viel her. Auf der Homepage wurden lediglich Cherrys Arbeitsschwerpunkte kurz vorgestellt (biologische EMF-Wirkungen und solare/geomagnetische Wirkungen auf Menschen). Mehr los war auf "Purchase", der zentralen Seite des Webauftritts. Dort wurden 30 wissenschaftliche Dokumente Cherrys (z.B. eigene Forschungsarbeiten) zu Preisen zwischen 5 Dollar und 30 Dollar als PDFs zum Kauf angeboten. Dann gab es noch eine Seite mit einem ausführlicheren Profil des neuseeländischen Wissenschaftlers und eine Seite zur Kontaktaufnahme. Mehr Inhalte hatte die Site nicht.
Cherry betrieb zu diesem Zeitpunkt die Beratungsfirma "Cherry Environmental Health Consulting Ltd" (Offers info on possible health effects of powerlines, microwaves, radars, radio and TV station towers, cell sites and cell phones).
Bis Ende 2010 wurde die beschriebene Site-Struktur unverändert beibehalten, dann gab es einen Einschnitt: Die wissenschaftlichen Dokumente wurden nicht länger zum Verkauf angeboten, sondern standen jetzt unentgeltlich zum Download zur Verfügung, wie zuvor geordnet nach den Kategorien:
- Principles
- Natural Electromagnetic Radiation Health Effects
- ELF Health Effects
- RF/MW Health Effects
- Biological Mechanisms
- Specific Health Effect Reviews
- Major Evidence Reviews
Im Mai 2014, elf Jahre nach dem Tod Cherrys, wurde die Site aufgegeben, d.h. die Inhalte wurden gelöscht.
Eines der Cherry-Dokumente trägt den Titel "A New Paradigm, the physical, biological and health effects of Radiofrequency/Microwave Radiation", der Neuseeländer verwendete es als Hintergrundmaterial anlässlich eines Vortrags am 11. November 2000 in Kufstein, Österreich. In der Zusammenfassung dieses Dokuments gibt Cherry unter anderem eine für einen Wissenschaftler ungewöhnlich konkrete Prognose:
Cell phones will highly probably increase many neurological diseases and brain tumours over the next 10 to 20 years.
(Funktelefone werden höchstwahrscheinlich in den kommenden 10 bis 20 Jahren zu einer Zunahme neurologischer Erkrankungen und Hirntumoren führen.)
Allein die Forschungsarbeiten von Lennart Hardell stützen diese Prognose, andere Arbeiten und vor allem viele Hirntumorstatistiken stützen Cherrys Prognose zwei Jahre vor Ablauf der von ihm genannten Frist nicht.
Schon fast im Stil der "Bürgerwelle" ist Cherrys Sicht auf angeblich gar schreckliche biologische Folgen von Mobilfunk-Basisstationen:
Cell sites will highly probably increase miscarriage, many cancers, many diseases, significant neurological and cardiac diseases and death. Neurological and cardiac effects have been observed in dose-response manner in Europe. Childhood cancer near a cell site in Spain, site closed by the High Court.
Mag sein, dass Cherry mit solchen Worten nur die Erwartungshaltung seiner aufgeregten Zuhörer aus dem nahen Salzburg bedienen wollte. Doch aus heutiger Sicht sind seine Äußerungen so eindeutig neben der Spur und unverantwortlich, dass ich von einer Übersetzung ins deutsche absehe. Für überzeugte Mobilfunkgegner aber waren Cherrys Ausführungen wie ein warmer Regen, sie huldigten dem Neuseeländer bedingungslos, konnte er doch die dumpfen Ängste der Menschen in wissenschaftliches Packpapier wickeln und so gesellschaftsfähig machen. Endlich hatten (auch) sie eine Autorität, auf die sie sich berufen konnten. In der wissenschaftlichen Community hingegen konnte der Todkranke keine nennenswerte Fußspur hinterlassen. Für Mobilfunkgegner aber blieb er ein Held. Nachdem sein Herz am 24. Mai 2003 aufhörte zu schlagen, brachte Gigaherz den für meinen Geschmack schwülstigen Nachruf Dr. Neil Cherry, einer unserer Grössten, gestorben.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –