Staatliche Schutzpflicht ist nicht grenzenlos (Allgemein)
Geht es um ihre persönlichen Belange, fordern Wutbürger gerne eine staatliche Schutzpflicht. Der Staat habe sich gefälligst um den Schutz seiner Bürger zu kümmern. Das ist nachvollziehbar, auch ich möchte z.B. nicht umettiketiertes Gammelfleisch im Supermarkt kaufen, nur weil die staatliche Aufsicht Urlaub auf den Balearen macht. Doch wie weit muss diese staatliche Schutzpflicht gehen, kann auch Frau W. aus O. in M. sich darauf berufen, nur weil sie der festen Überzeugung ist, ein 120 Meter entfernter UMTS-Sendemast setze ihr, ihr allein dort, körperlich zu? Gleiches gilt für Suzanne S. aus O., die abseits der Zivilisation im Unterholz der bayerischen Voralpen haust, weil sie sich extrem "elektrosensibel" glaubt.
2011 beschäftigtes sich das Verwaltungsgericht Würzburg mit dieser Frage (AZ W 4 K 10.754) und stellte fest:
Bei komplexen Einwirkungen, über die noch keine hinreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, gebietet die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Deshalb ist der Verordnungsgeber nicht verpflichtet, Grenzwerte zum Schutz von Immissionen zu verschärfen (oder erstmals festzuschreiben), über deren gesundheitsschädliche Wirkungen keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen.“
Das Würzburger Urteil fiel nicht im Zusammenhang mit Mobilfunk-Sendeanlagen, sondern im Kontext von Windrädern (Quelle).
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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