Elektrosmog-Report 1996: Brustkrebsstudie von Löscher (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 09.02.2015, 13:15 (vor 3456 Tagen)

Zumindest rudimentäre Kenntnisse vom Fach sollte haben, wer sich auf Internetpirsch begibt, um Belastungsmaterial gegen Elektrosmog zu erbeuten. Denn wer keinen Schimmer hat, fällt auf fehlerhafte Meldungen herein, informiert nicht, sondern verbreitet schlimmstenfalls nur groben Stuss weiter.

Hier ein Beispiel. Die Website "Datadiwan" verbreitet alte Ausgaben des Elektrosmog-Reports. Darunter auch Ausgabe Nr. 6 vom Juni 1996. Dort heißt es in der Meldung "Wiederholung der Brustkrebsstudie von Löscher":

Larry Anderson von dem bekannten US-amerikanischen Forschungslabor Batelle Pacific Northwest Lab in Richland erhielt einen mit 1,5 Millionen Dollar dotierten Forschungsauftrag von der NIEHS (National Institute of Environmental Health Science) zur Wiederholung der Brustkrebsstudien von Wolfgang Löscher und Meike Mevissen.

Löscher und Mevissen von der Tierärztlichen Hochschule Hannover hatten einen krebsfördernden Effekt von niederfrequenter EMF in einem Brustkrebsmodell an Ratten ermittelt (Elektrosmog-Report, 1(1), S. 5-6, 1995). Ratten, die eine bestimmte Menge DMBA, eine chemische krebserregende Substanz, erhalten hatten, die im allgemeinen bei etwa 50% der Tiere Brustkrebs auslöst, entwickelten unter niederfrequenter EMF-Belastung (50 Hz) mehr bzw. häufiger Tumoren bzw. Vorstufen von Tumoren als ohne EMF-Belastung. Es fanden sich Hinweise auf einen dosisabhängigen Effekt bei magnetischen Flußdichten zwischen 0,3 T und 100 T. Bei magnetfeldexponierten Tieren fanden sich zudem in der Dunkelphase erniedrigte Konzentrationen des Hormons Melatonin.

So weit so schlecht. Denn der Text enthält einen kapitalen Fehler. Haben Sie ihn gefunden?

Fehlerhaft sind die genannten Expositionswerte, sie sind millionenfach zu hoch. Die tatsächlichen Expositionswerte lassen sich hier nachlesen. Ob der Fehler bereits im Original stand oder der Website "Datadiwan" anzulasten ist, tut im vorliegenden Zusammenhang nichts zur Sache.

Die angeblich so teure Replikation durch Larry Anderson scheiterte übrigens. Im September 2002 meldete der Elektrosmog-Report:

"In seinen Studien ergab sich kein Hinweis auf einen krebspromovierenden Effekt niederfrequenter Magnetfelder."

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Löscher, Mevissen


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