Genuis & Lipp: Aufsatz statt Studie (Allgemein)
Diagnose-Funk hat eine Deutsche Fassung der Studie von Genuis und Lipp (2011) ins Netz veröffentlicht.
Moment mal! Ich habe den Text soeben erst überflogen und enttäuscht festgestellt: Das ist gar keine Studie im herkömmlichen Sinn und schon gar keine Bestätigung von EHS, sondern ein Fachaufsatz, mit dem die Autoren ihre eigentümliche Einschätzung über EHS mitteilen. Eigentümlich deshalb, weil Genuis und Lipp anscheinend die Existenz von EHS annehmen, bislang auf dieser unserer Welt jedoch kein EHS imstande war, seine Feldfühligkeit für Elektrosmog reproduzierbar unter wissenschaftlicher Aufsicht unter Beweis zu stellen. Die Einschätzung der beiden steht im krassen Gegensatz zu dem, was insbesondere Rubin et al. über EHS berichten. Bekanntlich hat der Brite inzwischen rund 60 qualitativ gute EHS-Studien ausgewertet und kommt immer wieder neu zu dem Ergebnis, EHS sei nicht Fakt, sondern Fiktion.
Beim Herumstochern im deutschen Text von Diagnose-Funk bin ich auf Seite 15 auf folgende Passage gestoßen, die mich misstrauisch macht: "Jüngste Beweise in der wissenschaftlichen Fachliteratur weisen darauf hin, dass verschiedene objektive physiologische Veränderungen bei manchen Elektrohypersensiblen augenscheinlich sind, die über Beschwerden nach der Exposition gegenüber bestimmten Frequenzen elektromagnetischer Strahlung klagen (McCarty et al., 2011; Havas et al., 2010)."
Was mögen das für Wissenschaftler sein, die von "Beweisen" (evidence) reden und dann als Beleg u.a. auf die fragwürdige Magda Havas verweisen?
Die Diskrepanz zwischen Genuis & Lipp einerseits und Rubin andererseits könnte darin begründet sein, dass, wie RDW schon anmerkte, die beiden Kanadier weniger anspruchsvoll waren bei der Auswahl der Studien, die sie für ihre Analyse herangezogen haben. Der Bezug auf Havas stützt diese Überlegung nachdrücklich. Anfang 2011 war Genuis übrigens noch gar nicht auf EHS fixiert, sondern auf MCS.
Nachtrag: Auf der Website einer Veranstaltung der Rutengänger von Toronto findet sich noch diese Notiz:
(4) Public Health Officials would be well advised to review the work of Stephen J. Genuis, MD, FRCSC, DABOG, Faculty of Medicine, University of Alberta and his 2006-2007 article in the Journal of the Royal Institute of Public Health "Fielding a current idea: exploring the public health impact of electromagnetic radiation" as he addresses:
EMFs and reproductive dysfunction
EMFs and Cancer
EMFs and human health
EMFs and CNS dysfunction, etc.
Some RF pulses are similar to those that were found to be capable of changing brain waves in sensitive people at a distance of 80 meters.
Tatsächlich erschien der Artikel nicht 2006/2007, sondern 2007 (online) und 2008 (gedruckt) in Public Health.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
gesamter Thread:
- ElektroHYPERsensibilität: Bestätigung durch Studie -
charles,
03.02.2012, 13:03
- ElektroHYPERsensibilität: Bestätigung (??) durch Studie - RDW, 03.02.2012, 16:11
- ElektroHYPERsensibilität: Links -
H. Lamarr,
05.02.2012, 03:15
- Die Diskrepanz zwischen Schein und Sein - RDW, 05.02.2012, 09:53
- Genuis & Lipp: Aufsatz statt Studie -
H. Lamarr,
05.02.2012, 22:33
- Genuis & Lipp: Entzauberter Kronzeuge McCarty - H. Lamarr, 08.02.2012, 01:04