Mobilfunk-Lobbyisten in Bundesministerien: Fehlanzeige (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 17.11.2011, 23:22 (vor 4978 Tagen)

In den Zentralorganen vereinsmäßig organisierter Mobilfunkgegner wird gerne von mächtigen Lobbyisten geraunt & gemunkelt, die sich im Dienste der Mobilfunkindustrie willfährige Politiker Untertan machen, um politisch frei Bahn für die "Verstrahlung" der Bevölkerung zu bekommen. Da Lobbyismus weit verbreitet ist, könnte an den Behauptungen vielleicht sogar etwas dran sein, zumal Anti-Mobilfunk-Vereine wie Diagnose Funk ihrerseits auf Lobbyismus setzen, indem sie versuchen, politische Parteien auf Kreisebene mit Vereinsmitgliedern zu unterwandern, um so Einfluss auf politische Willensbildungsprozesse zu bekommen.

Jüngstes Beispiel einer ausgelebten Lobbyisten-Paranoia ist dieses Posting im hese-Forum. Das Forum trägt den Titel "Allg. Info/Diskussionsforum zum Thema EMF/Elektrosmog", so dass angenommen werden darf, der Teilnehmer "user" dort wolle auf eine Unterwanderung deutscher Ministerien durch Lobbyisten der Mobilfunkindustrie aufmerksam machen.

Lobenswerterweise setzt "user" einen Link zu "Lobbypedia", wo fein säuberlich nach unterschiedlichen Kriterien geordnet alle Lobbyisten in Ministerien aufgelistet sein sollen. Dort am Eingang muss "user" dann aber aufgehört haben, seinem diffusen Verdacht ein wenig Substanz einzuhauchen. Denn hätte er die Seite weiter erforscht, hätte er feststellen müssen, dass dort weder Handyhersteller noch Mobilfunkbetreiber als Lobbyisten gelistet sind. Bestenfalls deutsche Telekom und Siemens könnten um zwei drei Ecken herum als mit Mobilfunk assoziierte Unternehmen (Netzbetreiber, Netzausrüster) gesehen werden. Dagegen spricht, dass nicht ersichtlich ist, warum etwa Vodafone dem Konkurrenten das Feld des Lobbyismus alleine überlassen sollte, und nicht ebenfalls mit einer eigenen Interessenvertretung vor Ort präsent ist.

Warum "user" bei dieser für ihn ungünstigen Faktenlage überhaupt auf Lobbypedia verlinkt hat, wenn dort doch dummerweise gar keine Mobilfunklobbyisten anzutreffen sind, das bleibt wohl für immer sein Geheimnis. Unwahrscheinlich, dass er nur aufs Goethe-Institut als Lobbyist im Auswärtigen Amt aufmerksam machen wollte.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Lobbyarbeit, unterwandert, Paranoia

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