A. Lerchl: als Kritiker kalt gestellt (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 20.07.2008, 17:18 (vor 5980 Tagen)

In der Zeitschrift "Umweltmedizin in Forschung und Praxis" kommentiert Alexander Lerchl die Umstände, wie mit seiner Kritik an der Wiener UMTS-Studie fachpublizistisch umgegangen worden ist. Der Kommentar läuft unter dem Titel Umgang mit kritischen Kommentaren zu veröffentlichten Daten (PDF) und lässt Zweifel aufkommen, ob die traditionellen Selbstheilungsmechanismen des Wissenschaftsbetriebs noch intakt sind.

Ein ähnliches Phänomen wie Lerchl schildert die Bienenforscherin Elke Genersch. "Es gibt", sagte die Leiterin des Länderinstituts für Bienenkunde in Hohen Neuendorf bei Berlin, "gerade jetzt zu genmanipulierten Pflanzen extrem gute Studien. Aber gerade weil sie gut sind und zeigen, dass es keine negativen Effekte gibt, die schlimmer sind als die Effekte der Pestizide, werden sie als Auftragsforschung diffamiert." (Quelle)

Offensichtlich stößt unsere Informationsgesellschaft langsam an die Grenzen des Erträglichen im Umgang mit der Ware "Information", die sich im Internet besonders biegsam handeln lässt. Was nicht in den Kram passt, egal warum, wird bekämpft - und wenn Argumente nichts hergeben dann wird kurzerhand diffamiert, kolportiert und instrumentalisiert. Ist ja auch viel einfacher als die anstrengende sachliche Auseinandersetzung mit umständlicher Faktensammelei. Mal eben schnell eine Website hochziehen und lospoltern ist heute kein Problem mehr und ein paar Mitstreiter finden sich immer. Die vermeintliche Bürgermacht führt stellenweise zur kuriosen Selbstüberschätzung, wie an den geradezu rührend laienhaften "Stellungnahmen" zu sehen ist, die kürzlich zum Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramm von den Scheinriesen der mobilfunkkritischen Szene abgegeben oder angekündigt wurden. Was juckt den Bär die Laus in seinem Fell, mag der Wissenschaftsbetrieb achselzuckend denken und zur Tagesordnung übergehen. Keine gute Idee. Die "lästigen" Laien sind nun mal da. Und sie wollen mitmischen. Der Wissenschaftsbetrieb muss sich darauf einrichten, irgendwie, um die Deutungshoheit für Forschungsresultate auf Dauer nicht an volksnahe Laien (mit unbekannten Zielen) zu verlieren, die zwar fachlich wenig Ahnung vom Forschungsthema haben aber auf Websites zurückgreifen und damit öffentlichen Rechtfertigungsdruck aufbauen können.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Scheinriesen, Instrumentalisiert, Deutungshoheit


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