Alles Cyberchonder ? oder was ? (Allgemein)

helmut @, Nürnberg, Freitag, 11.04.2008, 11:17 (vor 5902 Tagen)

Internet weckt Krankheitsängste
Forscher haben herausgefunden, dass medizinische Informationen im Netz viele Surfer zum eingebildeteten Kranken machen. Zu jedem Symptom fände sich im Internet schnell eine passende Krankheit, so die Wissenschaftler. Das Web ist auch für Hypochonder eine perfekte Fundgrube: Manche nutzen die medizinischen Informationsquellen so intensiv, dass Experten dann vom Cyberchonder sprechen, der schlimmsten Stufe. Für Betroffene ist das bitterer Ernst, denn die eingebildeten Kranken fühlen den Schmerz wirklich.

Alles Cyberchonder ? Manchmal könnte man es meinen

MfG
Helmut

--
In der Mobilfunk-BI und
"In der Abendsonne kann selbst ein kleiner Zwerg große Schatten werfen" (frei nach Volker Pispers)


Meine Kommentare sind stets als persönliche Meinungsäußerung aufzufassen

Alles Cyberchonder ? oder was ?

Robert, Freitag, 11.04.2008, 22:59 (vor 5902 Tagen) @ helmut

Am Sonntag war ein interessanter Bericht in der FAZ über somatoforme Störungen.

Dazu findet man in Wiki:
"Als Somatoforme Störungen werden körperliche Beschwerden bezeichnet, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Dabei stehen neben Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit und Erschöpfung Schmerzsymptome an vorderster Stelle, gefolgt von Herz-Kreislauf-Beschwerden, Magen-Darm-Beschwerden, sexuellen und pseudoneurologischen Symptomen.

Somatoforme Störungen treten bei ca. 80 % der Bevölkerung zumindest zeitweise auf, gehen in der Regel "von selbst" vorüber und werden kaum beachtet. Bei einigen Personen (die Angaben über die Häufigkeit schwanken zwischen 4 % und ca. 20 %) können sich diese Beschwerden aber chronifizieren und eine zentrale Rolle im Leben einnehmen. Sie gehören zu den häufigsten Störungsbildern bei Patienten von Allgemeinärzten und Allgemeinkrankenhäusern. Mindestens 20 % der Patienten, die einen Hausarzt aufsuchen, leiden an einer somatoformen Störung; aus stationären Abteilungen werden somatoforme Störungen in einer Häufigkeit von 10 bis zu 40 % der Patienten berichtet. Patienten mit somatoformen Störungen gelten traditionell als schwierig beim Hausarzt und als unmotiviert beim Psychotherapeuten."

Was mich wirklich überrascht hat, waren die hohen Prozentzahlen zu den Besuchen bei Hausärzten und zu den Leuten, die ein massives Problem damit bekommen. ("chronifiziert").
Ich hatte vor einigen Jahren auch Schmerzen in der Brust und später in der Nierengegend. In beiden Fällen sah ich mich bereits auf dem OP-Tisch liegen. Nachdem aber der Halbgott in Weiss immer Entwarnung gab verschwanden die Schmerzen innerhalb kurzer Zeit. Insofern bin ich wohl kein schwerer Fall, eher einfach beim Hausarzt und den Psychotherapeuten hat´s (noch) nicht gebraucht. Ich bin aber offenbar auch bei den 80% dabei.

Zu Ursachen in Wiki:
"Somatoforme Störungen lassen sich normalerweise nicht auf eine einzige Ursache zurückführen. Vielmehr wird ein Wechselspiel verschiedener biologischer, seelischer und sozialer Faktoren als Auslöser angenommen. Auch genetische Faktoren (z. B. eine verstärkte Reaktionsbereitschaft des vegetativen Nervensystems) werden diskutiert. Wahrscheinlich sind aber insbesondere psychosoziale Faktoren für die Entstehung und den Verlauf somatoformer Störungen von Bedeutung:

* zu lange anhaltender Stress führt zu Anspannungen oder Fehlsteuerungen innerer Organe
* ein Teufelskreis von körperlichen Reaktionen, Angst und verstärkter Wahrnehmung körperlicher Symptome
* körperliche Beschwerden als Folge seelischer Konflikte: meist unbewusste seelische Prozesse (z. B. Angst, Wut, Ärger) können sich in Körpersymptomen ausdrücken (vgl. Psychosomatik). "

Weiter:
"Die Interaktion zwischen Ärzten und Patienten mit somatoformen Störungen ist häufig schwierig; nicht selten kommt es zu Abbrüchen der Beziehung und zu häufigen Arztwechseln ("doctor-hopping" oder "doctor-swapping")"

Kürzlich in diesem Forum:
"Seit ca. 2 Jahren weiß ich überhaupt erst von der Ursache da alle besuchten Ärzte (teils verständlicher Weise) keinen blassen Schimmer davon haben."

Oder zum selben Thema im
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=54039
"In der Behandlung sind Therapiemaßnahmen wie Psychotherapie, die eine aktive Mitarbeit voraussetzen, effektiver als passive Therapien wie Injektionen und Operationen."
"Die Mehrheit der Patienten, die sich keiner Therapie unterziehen, werden nach drei Jahren aufgrund ihrer Symptome arbeitsunfähig".

Eigentlich verwundert es mich jetzt sogar, wenn angesichts der enorm hohen Zahl Betroffener so wenig Leute die Ursachen ihrer Beschwerden in elektromagnetischen Wellen sehen. Wird doch so gut wie jede Beschwerde, vom nächtlichen Zähneknirschen bis hin zum Gehirntumor von nicht gerade wenigen promovierten Medizinern mit den teuflischen "Strahlen" in Verbindung gebracht.
Da scheinen sich die "Cyberchonder" doch noch auf vergleichsweise seriösen Seiten zu informieren.

Tags:
Deutsche Aerzteblatt, Somatoforme Störung

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum