Lennart Hardell: ausgeblogt? (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 12.11.2022, 23:14 (vor 548 Tagen)

Im Mai 2013 startete Lennart Hardell seinen Blog. Der jüngste Eintrag datiert allerdings vom 21. Oktober 2021. Dies deutet darauf hin: Der schwedische Krebs-Epidemiologe hat sich ausgeblogt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Magnetfeld? Ach messt doch, Watt ihr Volt...

Schutti2, Montag, 14.11.2022, 16:58 (vor 547 Tagen) @ H. Lamarr

Im Mai 2013 startete Lennart Hardell seinen Blog. Der jüngste Eintrag datiert allerdings vom 21. Oktober 2021. Dies deutet darauf hin: Der schwedische Krebs-Epidemiologe hat sich ausgeblogt.

Das ist ja ein lustiger Blog.
Im drittletzten Beitrag (23.April 2021) wird sich Gedanken gemacht über pulsförmige magnetische Felder von Rasenmährobotern, genauer gesagt von deren "Grenzsicherungsdraht".
Damit man mal einen Anhaltspunkt über die Größenordnung der Pulse bekommt, zeigt Hardell eine Grafik. Auf der Y-Achse lesen wir (Brille aufsetzen !) als Maßeinheit:
V DC (zu deutsch: Volt Gleichspannung)
Eine originelle Art, die Stärke eines Magnetfelds anzugeben: Maximalwert 0,8 Volt, immerhin.:surprised:
Auf der x-Achse haben wir immerhin die Zeit (in Millisekunden).
Alle 20 Millisekunden kommt so ein Messimpuls. Die Pulswiederholfrequenz ist der Kehrwert davon, nämlich... 50 Hertz. Sieht so aus, als ob im Takt der Netzfrequenz ein Schaltimpuls auf den Draht gegeben wird.
Hardell schreibt zwar etwas von 10 Kilohertz, die er gemessen haben will.
"we found pulsed magnetic field “packages” in the ELF range that pulse frequencies around some tens of kHz".
Abgesehen von der seltsamen Grammatik - wenn die Impulse nur steil genug sind, wird man auch bei einigen Kilohertz noch Oberwellen finden.
Aber das hieße schon mehr Gedanken in den Text hineindeuten, als der Herr Professor sich selbst gemacht hat.

Lustig auch seine Umrechnung der magnetischen Flussdichte in magnetische Feldstärke:
0.2–0.4 μT, i.e. about 0.2–0.3 A/m
Nichtlineare Permeabilität?:confused:
Ja, nee, stimmt schon...
0.2–0.4 μT, i.e. about 0.0159–0.318 A/m

Ja, so sieht´s aus, wenn ein Onkologe sich auf das Rasenfeld der Elektrotechnik verirrt.

Auf dem Niveau dann auch seine Follower, noch mal zur Frage Hertz oder Kilohertz:

Die in dem Artikel angegebene Frequenz von einigen tausend Hz ist viel höher als die 50 Hz des Haushaltsstroms. Die höhere Frequenz kann eine stärkere biologische Wirkung haben. Je höher die Frequenz, desto stärker sind die elektrischen Felder und Ströme, die durch das Magnetfeld induziert werden, und dies kann stärkere biologische Wirkungen haben, wobei ich natürlich nicht weiß, ob dies der Fall ist. Dies ist ein weiterer Grund, diese Exposition zu vermeiden.

Hier in der Übersetzung von deepl.com, wobei ich natürlich nicht weiß, ob das so stimmt.

Je höher, desto vieler. Vielleicht.
Selig die Einfältigen.

Lennart Hardell ist nicht wählerisch

H. Lamarr @, München, Dienstag, 15.11.2022, 14:15 (vor 546 Tagen) @ Schutti2

Im Mai 2013 startete Lennart Hardell seinen Blog. Der jüngste Eintrag datiert allerdings vom 21. Oktober 2021. Dies deutet darauf hin: Der schwedische Krebs-Epidemiologe hat sich ausgeblogt.

Das ist ja ein lustiger Blog.

2002 war Hardell in den USA Sachverständiger aufseiten der Kläger im Hirntumorprozess von Christopher Newman vs. Motorola. Ob die Richterin seine Aussage lustig fand ist nicht überliefert, Hardell fiel bei der Anhörung im Zuge der Beweisaufnahme jedenfalls genauso durch wie die anderen Sachverständigen der Klägerseite.

Mal so, mal anders.

Neun Jahre später befand eine von Iarc, Frankreich, einberufene wissenschaftliche Arbeitsgruppe, HF-EMF sei möglicherweise krebserregend, und stufte Funkfelder in die Risikogruppe 2B ein. Ausschlaggebend für die Risikobewertung der Arbeitsgruppe sollen die Hardellschen Krebsstudien in Schweden gewesen sein sowie die multinationale Interphone-Studie. Hardells krumme Dinger spielten dabei offenbar keine Rolle.

Zu seinen jüngeren krummen Dingern würde ich neben der Rasenmäher-Studie auch seine Schlafzimmer-Studie zählen, die er Anfang 2022 mit seiner Followerin Mona Nilsson vom Zaum gebrochen hat. Als grenzwertig sehe ich Hardells Überlegungen, Schilddrüsenkrebs hätte deshalb zuletzt stark zugenommen, weil bei Smartphones die Antennen meist unten im Gehäuse angebracht sind und deshalb der Schilddrüse näher auf den Pelz gerückt sind. Hardells Verdacht beruht allein auf dem gemeldeten Zuwachs an Schilddrüsenkrebsfällen und der zeitlichen Übereinstimmung mit dem Aufkommen von Smartphones (um 2007 herum). Aber: Es verdichten sich von Jahr zu Jahr die Hinweise, dass der bedrohlich starke Zuwachs bei den Fallzahlen das Ergebnis von Überdiagnosen ist.

Hardell unterscheidet sich bei der Zuschreibung von biologischen Schadwirkungen an Mobiltelefone nicht wesentlich von unserer Frau W. aus O. in M., die allerlei Wehwehchen bis hin zu ernsten Erkrankungen auf homöopathisch verdünnter Faktenlage mit Funkfeldern in Zusammenhang bringt. In die Scheinkausalität mit einem Anwachsen psychischer Erkrankungen ist sie geradezu verliebt und bringt diese immer wieder neu, sobald es der Boulevard hergibt.

Auch unberechenbare Filmstars wie Orson Welles oder Marlon Brando sollen sich den Luxus geleistet haben, mal oscarreife Leistungen abzuliefern, mal in grottenschlechten Streifen der C-Klasse mitzuwirken, ohne diese künstlerisch aufzuwerten.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Game over, Motorola, Kausalzusammenhang, USA, Nilsson, Hardel, Sachverständige, Newman

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