Volksgesundheit: kein Zusammenhang mit Mobilfunk erkennbar (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 13.08.2012, 23:19 (vor 4295 Tagen)

Der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk hat folgendes Diagramm auf seiner Website und schreib dazu: "Die Einführung des Mobilfunks fällt offensichtlich zusammen, mit einer erheblichen Veränderung der verschiedenen Krankheitssymtomatiken. Diese Statistik bestätigt die Bevölkerung in ihren Erfahrungen mit der Mobilfunktechnik und unterstreicht ebenso die Erkenntnisse verschiedener Studien."

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Diagramm: Diagnose-Funk

Zugegeben, das Diagramm ist nicht mehr ganz frisch und ziemlich wirr, denn 2002, damals will Diagnose-Funk das Diagramm publiziert haben, gab es den Verein noch gar nicht. Aber egal, es geht hier nur um die zeitliche Entwicklung von Krankheiten (in der Schweiz), so wie es der Verein gerne sehen möchte.

Eine gänzlich andere Entwicklung zeigen die Krankheitsverläufe in Deutschland gemäß einer seriösen deutschen Quelle:

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Diagramm: Der Spiegel

In Deutschland startet der cellulare Mobilfunk mit GSM Mitte 1992. Keine der dargestellten Kurven zeigt mit diesem Datum eine Korrelation. Wenn überhaupt, lässt sich in die Säulen der Krankheitstage sogar eine heilende Wirkung des Mobilfunks hinein interpretieren, denn von 1994 bis 2006 - in dieser Zeitspanne entwickelte sich Mobilfunk zum Massenmarkt - zeigt die Entwicklung der Krankheitstage klar nach unten.

Bemerkenswert ist in dem Diagramm die rote Kurve. Sie zeigt einen stetigen Anstieg der psychischen Erkrankungen. Genau dies reklamieren einige überzeugte Mobilfunkgegner als Folge der Einführung des Mobilfunks. Immer dann, wenn eine Krankenkasse erneut einen Anstieg der Krankschreibungen wegen psychischer Probleme meldet, wird der laienhaft vermutete Zusammenhang mit EMF hervorgekramt und ohne Sachverstand diskutiert. Die Daten des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen, sie gelten als repräsentativ, belegen jetzt die Abwegigkeit dieser Vermutung: Psychische Erkrankungen nehmen schon seit mindestens 1976 linear und mit weitgehend konstanter Steigung zu, eine Korrelation mit der Verbreitung des Mobilfunks in Deutschland lässt sich anhand der Kurven nicht erkennen.

[Nachtrag vom 31.01.2015: Fortsetzung des Stangs <hier>]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Angst, Diagnose-Funk, Unseriös, Schizophrenie, Depression, Schweiz, Krankenkasse, Lüge, Burnout, Demenz, Schaubild, Bipolare Störung, Interpharma

Deutungsversuch: wuff!

H. Lamarr @, München, Dienstag, 14.08.2012, 12:50 (vor 4295 Tagen) @ H. Lamarr

Immer dann, wenn eine Krankenkasse erneut einen Anstieg der Krankschreibungen wegen psychischer Probleme meldet, wird der laienhaft vermutete Zusammenhang mit EMF hervorgekramt und ohne Sachverstand diskutiert.

Unser verstoßener Ex-Teilnehmer "wuff" hat das Stöckchen brav aportiert.

Nur mit seiner Interpretation hapert es ziemlich. Denn unser "wuff" glaubt zu erkennen, dass fälschlich als psychiatrisch Erkrankte diagnostizierte Elektrosensible "... wohl ebenfalls zur Zunahme der 'psychischen Störungen'" beitragen.

So ganz glaubt er freilich selbst nicht an seinen krampfhaft konstruierten Zusammenhang, sonst hätte er ohne die Einschränkung "wohl" formuliert. Der Denkfehler des "wuff" liegt auf der Hand: Die psychischen Störungen nehmen seit 1976 weitgehend linear und konstant zu, ein wie immer auch gearteter Einfluss des 1992 in Deutschland eingeführten cellularen Mobilfunks (GSM) ist in keiner Weise erkennbar, insbesondere nicht in der starken Wachstumsphase um das Jahr 2000 herum. Wenn, dann hätte sich zu dieser Zeit (oder mit Versatz) ein deutlicher Knick in der Kuve zeigen müssen, sollte es einen Zusammenhang mit Funkimmission geben.

Unser "wuff" will den Leuten also a) mal wieder einen seiner plüschigen Teddybären aufbinden oder aber b) es gibt trotz langer Einwirkphase von inzwischen 20 Jahren und einem eklatanten GSM-Wachstum von 0 % auf 100 % nur so wenige Elektrosensible, dass diese sich in der Statistik nicht niederschlagen. Dagegen sprechen allerdings die hinlänglich bekannten Behauptungen überzeugter Mobilfunkgegner, es gäbe Millionen Betroffene und es würden immerzu mehr. Unvergessen ist die kuriose "wissenschaftliche" Prognose von Oberfeld/Hallberg aus dem Jahr 2006, die für 2017 vorhersagten, 50 Prozent der Weltbevölkerung (das wären rund 3,5 Mrd.) würden sich für "elektrosensibel" halten. Noch haben wir zwar erst 2012, wenn diese Zahlen sich aber nicht bald elefantös ändern, werden die Dottores Oberfeld und Hallberg einiges an Spott aushalten müssen, noch mehr als sonst.

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Glauben, Glaubensfrage, Deutungspfusch

Volksgesundheit: kein Zusammenhang mit Mobilfunk erkennbar

Kuddel, Dienstag, 14.08.2012, 19:45 (vor 4294 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von Kuddel, Dienstag, 14.08.2012, 20:33

es geht hier nur um die zeitliche Entwicklung von Krankheiten (in der Schweiz), so wie es der Verein gerne sehen möchte.

Bemerkenswert ist in dem Diagramm die rote Kurve. Sie zeigt einen stetigen Anstieg der psychischen Erkrankungen. Genau dies reklamieren einige überzeugte Mobilfunkgegner als Folge der Einführung des Mobilfunks.

Könnte man diese Graphik nicht so deuten , daß Diagnose Funk die Elektrosensiblen "psychatrisiert" ?
Also Elektrosensibilität mit psychischen Erkrankungen in Verbindung bringt, was doch eigentlich in diesen Kreisen immer bestritten wird ?

"Spinnen" wir den Faden mal weiter..

-Die psychischen Erkrankungen haben also mit Einführung des Mobilfunks in der Schweiz überproportional zugenommen, in Deutschland sind sie hingegen im gleichen Zeitraum "normal" angewachsen.

-Feststellung: Zumindest im deutschsprachigen Raum hat Elektrosmog-Debatte einen deutlichen Schwerpunkt im Süden (Schweiz, Süddeutschland)

Also könnte doch der Einfluß von "E-Smog" auf die Gesundheit an die geographische Höhe über Normal-Null gekoppelt sein, mit der Folge, daß insbesondere Schweizer und Bayern elektrosensibel werden, was sich negativ auf deren Psyche auswirkt.

Eine andere These könnte sein, daß Elektrosensibilität als regionale Erscheinung an die Kaufkraft gekoppelt ist.

Wie das ?

Die Baubiologie siedelt sich in Gebieten hoher Kaufkraft an, bzw. dort wo die Leute das Geld übrig haben, um mit Esoterikprodukten ihr Lebensgefühl steigern, bzw ihre Psyche "alternativmedizinisch" zu behandeln.

Die Werbemaßnahmen der BB führen dann im Tätigkeitsgebiet zu einem Anstieg der Elektrosensibilität...Auch bei den weniger Wohlhabenden, die gar nicht zur Zielgruppe gehören => das nennt sich Kollateralschaden.

K

Tags:
Alternativmedizin

Liebe Syndromerinnen und Syndromer!

Lilith, Donnerstag, 16.08.2012, 08:19 (vor 4293 Tagen) @ H. Lamarr

Fundstück zum Thema Volksgesundheit:

"Übrigens, wie nennt man dann ein Person der/die elektrosensitiv ist?
Ein *EMF-Syndromer* oder *EMF-Syndromerin* ?
In unsere Sprache heisst ein Dromer ein Träumer."

http://www.hese-project.org/Forum/allg/index.php?id=4481

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