Engagement und Misserfolg in Bürgerinitiativen (Allgemein)

KlaKla, Dienstag, 16.01.2007, 07:54 (vor 6323 Tagen)

Politische Lernprozesse von Berliner Verkehrsbürgerinitiativen

Zwar nicht ganz unser Thema, das hier besprochen wird, aber das, was den Berliner Verkehrsbürgerinitiativen widerfahren ist, dürfte auch den Aktivisten aller anderen BIs reichlich bekannt vorkommen.

Zusammenfassung
Seit 1973 hat die Zahl der Initiativen stetig zugenommen - deren Erfolgsquote ist in diesen zwanzig Jahren kontinuierlich gesunken: Es stieg einerseits die Zahl der Verkehrsinitiativen in Berlin seit den 70er Jahren beachtlich - andererseits ist die Erfolgsquote der Initiativen, die sich im Zeitraum 1973 - 1993 in Berlin gegründet hatten, von 34 % (70er Jahre) über 16 % (80er Jahre) auf unter 11 % (90er Jahre) gesunken. In einem signifikanten Zusammenhang zu Erfolg und Mißerfolg stehen die Faktoren Unterschriftenlisten bzw. Protestpostkarten, Zusammenarbeit mit Abgeordneten oder Bezirks-verordneten, Kontaktaufnahme mit der Verwaltung, Mobilisierung der Bevölkerung und fachliche Kompetenz.

Das Engagement in Verkehrsbürgerinitiativen ist nicht nur zunehmend erfolgloser geworden, es ist für die Aktiven neben einem immensem Zeitaufwand auch mit einem hohen Maß an Frustrationen und Enttäuschungen verbunden. Es ist die Rede von "einem deprimierenden Kampf gegen Windmühlen" bis hin zu fatalistischen Äußerungen wie "hat ja alles doch keinen Sinn". Die ganze Enttäuschung nach jahrelangem, erfolglosem Bemühen in ihrer Verkehrsbürgerinitiative gipfelte in dem schon erwähnten Aufschrei einer älteren Aktivistin: "Was soll man noch tun? Soll man Bomben schmeißen?".

Ein weiteres Ergebnis gibt Aufschluß über typische "politische Persönlichkeiten": 94% der untersuchten InterviewpartnerInnen, waren schon vorher politisch oder gesellschaftlich aktiv gewesen. Viele Aktive beginnen den sofortigen oder etappenweisen Rückzug aus dem politischem Engagement - dies ein weiteres Ergebnis der Teilstudie 2: Politische und wirtschaftliche Ohnmachtsgefühle von Millionen Menschen sind vielleicht Mitursache dafür, dass sich schon seit einiger Zeit bei einem nicht mehr zu vernachlässigenden Teil der deutschen Bevölkerung ein autoritatives und fremdenfeindliches Stimmungsgebräu entwickelt hat (vgl. Stöss 2000).

Mehr Demokratie wäre heute in Deutschland kein Wagnis mehr, sondern eine Chance. Die von Bürgerinitiativen als "scheindemokratisch" erlebten Abläufe und die realen Einflussmöglichkeiten bei der sogenannten Bürgerbeteiligung sind so zu reformieren, dass die schon vor Jahren diagnostizierte "Zuschauerdemokratie" (Wassermann 1986) dieser Republik in die Lage versetzt wird, sich zu einer echten und selbstbewussten Teilhabe- und Diskussionsdemokratie weiterentwickeln. Statt Politik(er)verdruss könnte Demokratielust im Land umsichgreifen. Die in dieser Arbeit ermittelten Ohnmachtsgefühle und Ohnmachtserfahrungen engagierter BürgerInnen sind jedenfalls stille, aber wirksame Totengräber der Demokratie.

Quelle: http://www.diss.fu-berlin.de/2001/166/

10 goldene Regeln für erfolgreiche BI-Arbeit

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Meine Meinungsäußerung

Tags:
Game over, Windmühlen, Checkliste, Misserfolg

Engagement und Misserfolg in Bürgerinitiativen

Marianne, Dienstag, 16.01.2007, 08:14 (vor 6323 Tagen) @ KlaKla

Glaube alles was da steht, KlaKla. Auch meine Erfahrungen.
Deshalb müssen wir es anders machen. Nicht mehr von außen nach innen, sondern rein. Was heißt: Auf die Listen und ab in die Politik. 2008 sind Kommunalwahlen in Bayern und ich rühre kräftig die Werbetrommel damit sich viele "von uns" in die Gemeinderäte und Landtage wählen lassen.
Bisher schauts gut aus, zumindest in unserem Ort werden wir einen Teil des Gemeinderates "übernehmen", einen Landtagskandidaten haben wir auch.
Dann machen wir die Politik.

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