Welttag der Elektrosensibilität: Rezeption durch die ÖDP (III) (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 25.06.2023, 01:23 (vor 316 Tagen) @ H. Lamarr

Dieser Teil III war nicht vorgesehen. Er kommt nur deshalb zustande, weil ich leichtsinnigerweise nachgeschaut habe, welches Echo die weiter oben erwähnte "Mahnwache" am 16. Juni 2023 vor dem Bundeskanzleramt in Berlin hatte. Dabei kam, erstaunlicherweise in der Schweiz, etwas zum Vorschein, das einem wieder einmal die Durchtriebenheit organisierter Mobilfunkgegner in Deutschland vor Augen führt.

Die Schilder mit der Aufschrift "Ich bin elektrohypersensibel", die einige Teilnehmer der kleinen Wachmannschaft wenig enthusiastisch in die Kamera hielten, weckten bei mir die Assoziation zu den gleichmütigen lebenden Wachturm-Magazinständern der Zeugen Jehovas. Halten sich die Zeugen meist an Publikumsbrennpunkten auf, war es um die "Elektrosensiblen" vor dem Kanzleramt hingegen gespenstisch leer. Dies wiederum war für mich Anlass, Google zu befragen, welches Echo die Aktion vor Scholz' Amtssitz hatte. Der Suchbegriff "Elektrosensible Kanzleramt Berlin" spuckte heute drei relevante Treffer aus:

"Pressemitteilung" des Vereins Diagnose-Funk vom 15. Juni.
► Bericht eines "Bürgerreporters" vom 16. Juni auf myheimat.de.
► Verwurstung der Diagnose-Funk-Pressemitteilung durch das Schweizer Esoterikmagazin "Zeitpunkt" am 15. Juni.

[image]◄ Exklusiver Textkasten in dem Beitrag von "Zeitpunkt" über die "elektrosensible" Berliner Mahnwache vor dem Kanzleramt.

Den Bericht in der Berliner Zeitung vom 16. Juni hat mir Google heute auf der ersten Seite der Trefferliste unterschlagen. Dieser und der Bericht des Bürgerreporters sind die einzigen echten Treffer vom 16. Juni, denn da war jemand am Ort des Geschehens. Die beiden anderen Treffer vom 15. Juni sind lediglich redaktionelle Vorankündigungen. Das Echo fiel damit äußerst schwach aus, Google-News zeigte mir sogar allein den Bericht des Bürgerreporters.

Immerhin hatte es Diagnose-Funk diesmal geschafft, mit einer unprofessionellen, weil hoffnungslos mit Randinformationen überfrachteten Pressemitteilung, ein Schweizer Esoterikmagazin zu erreichen. Gewöhnlich finden die sogenannten Pressemitteilungen des Stuttgarter Vereins gar keinen Abnehmer. Die schlechte Qualität focht das Schweizer Blatt indes nicht an, jedenfalls wurde der Textbrei weitgehend unredigiert übernommen. Die Redaktion fügte jedoch exklusiv einen vielsagenden Textkasten hinzu (Screenshot), den sie der "Pressemitteilung" von Diagnose-Funk nicht entnommen haben kann, weil er dort fehlt. Mutmaßlich kennen auch die Diagnosefunker den Inhalt des Textkastens, haben diesen jedoch ganz bewusst weggelassen. Woher "Zeitpunkt" dennoch die Zusatzinformation hat, bleibt das Geheimnis des Blatts.

Das Unheil nimmt seinen Lauf

Die Stuttgarter dürften über die Zugabe der Schweizer ziemlich entsetzt sein. Denn es ist für jeden verständigen Menschen geradezu grotesk, als Ansprechpartner der "elektrosensiblen" Mahnwache in Berlin ausgerechnet eine Person mit Mobiltelefonnummer zu nennen. Mit solchen Eskapaden dürfen sich "Elektrosensible" nicht wundern, werden sie zum Gespött der Leute.

Die kleine Gaunerei einer Kleinpartei

Als ob die Telefonnummer nicht schon schlimm genug ist, kommt es noch schlimmer. Denn die Ansprechperson Thomas Löb ist nicht irgendjemand, sondern ein Lokalpolitiker, der bei einer Landratswahl im April 2023 mit fast 1000 Stimmen 1,8 Prozent der Wähler im Kreis Oder-Spree (Brandenburg) erreichte. Und hier schließt sich auch der Kreis zur Trilogie, denn Löbs Partei ist keine andere als die ÖDP.

Was lernen wir daraus? Die deutsche Kleinpartei hat auch dann ihre Finger unsichtbar im Spiel, wenn eine kleine Wachmannschaft "Elektrosensibler" mit gelben Stühlen vor dem Bundeskanzleramt vermeintlich unpolitisch in Eigeninitiative post. Nur dem "Datenleck" in "Zeitpunkt" ist zu verdanken, dass die kleine Gaunerei überhaupt aufflog. Denn die Partei selbst weist nicht auf ihre aktive Mitwirkung an der geradezu sympathisch-dilettantischen Aktion hin. In ihrer Pressemitteilung vom 16. Juni 2023 heißt es nur scheinheilig: Aufmerksamkeit erregen könnte dieses Jahr eine Mahnwache vor dem Bundeskanzleramt in Berlin.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
ÖDP, Pressemitteilung, Bürgerreporter, Trittbrettfahren, Echokammer, Welttag der Elektrosensibilität, Mahnwache


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