Uffing und seine Mobilfunkgegner: ziemlich schlechte Freunde (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 20.02.2023, 21:41 (vor 433 Tagen)

Die Gemeinde Uffing am Staffelsee erstritt sich ab 2009 durch alle Instanzen das Recht, mit der Änderung eines Bebauungsplans die Errichtung von Mobilfunksendeanlagen in einem Wohngebiet der Gemeinde auszuschließen. Zuletzt wies 2012 das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde des Streitgegners zurück. Aufgeweckt von 5G stellen lokale Mobilfunkgegner jetzt neue Forderungen an den Gemeinderat.

Das Urteil zugunsten Uffings wurde möglich, da das besagte Wohngebiet von außen liegenden Standorten für Funkmasten mit Mobilfunkdiensten versorgt werden kann, eine unzulässige Verhinderungsplanung somit aus Sicht der Richter nicht gegeben ist. Innerhalb des Wohngebiets sind Funkmasten aus Vorsorgegründen tabu. Nicht erlaubt ist es Uffing jedoch bundeshoheitliche Exekutivgewalt auszuüben und z.B. in dem Wohngebiet niedrigere Grenzwerte einzuführen, als in der 26. BImSchV festgezurrt.

Den Anstoß für den Rechtsstreit gab am 7. April 2009 der Baubeginn für eine 2,5 m hohe Mobilfunkanlage auf dem Dach eines ehemaligen Bahnhofsgebäudes in Uffing, das außerhalb des angrenzenden Wohngebiets liegt. Am 16. April war das Bauvorhaben bereits weit fortgeschritten und die Antennen vormontiert. Noch am Abend des selben Tages trat der Gemeinderat zusammen und beschloss, mit Änderung des Bebauungsplans das Bahnhofsgebäude in das Wohngebiet einzubeziehen, Mobilfunkanlagen daraus auszuschließen und das Umweltinstitut München mit einem Vorsorgekonzept zu beauftragen. Mit einer Veränderungssperre wurde der Beschluss auf die im Bau befindliche Anlage ausgedehnt. Der Bauherr sah sich geleimt und klagte (zunächst erfolgreich) vor dem Verwaltungsgericht.

Mit 5G stehen Mobilfunkgegner wieder auf

Wer nun glaubt, die ortsansässigen Mobilfunkgegner hätten sich mit dem für sie vorteilhaften Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zufriedengegeben und sich rückstandslos aufgelöst, der irrt. Denn die Standorte für Funkmasten sind nach wie vor da. Und weil sich im Schlepptau von 5G besonders Bürgerinitiativen mit 5G-Paranoia infizieren, entwichen Mitte Februar 2023 in Uffing wieder Geister, die seit 2012 mehr oder weniger arbeitslos in ihren Flaschen saßen. Anlass war eine Sitzung des Gemeinderats, der zu befinden hatte, wo in Uffing 5G hinkommen soll.

Haben Bürgerinitiativen seit 2012 etwas dazugelernt? Nein, zumindest in Uffing nicht. Denn dort schäumte jetzt Miklós Takács, Arzt für Homöopathie sowie Sprecher der Bürgerinitiative Uffing-Schöffau, und beschuldigte einem Bericht des Merkur zufolge den Gesetzgeber, die mit 5G verbundenen Risiken herunterzuspielen oder zu verschweigen. Das sei ein Skandal. Den Gemeinden und Bürgern ausgehändigtes Informationsmaterial rede nur von der thermischen Wirkung der Strahlung. Die aber sei nahezu vernachlässigbar. Von der biologischen Wirkung, die ungleich höher sei, höre er hingegen nichts. Das sind alles Klassiker aus der Mottenkiste organisierter Mobilfunkgegner. Ebenso Takács' Vorwurf, die Grenzwerte in Deutschland seien viel zu hoch und müssten massiv gesenkt werden, sowie die Forderung nach "Weißen Zonen" (elektrosmogfreie oder -arme Gebiete). Diese Forderung ist so alt, sozusagen schon die Neandertaler der Anti-Mobilfunk-Szene gaben sie vergeblich zum besten. Angesichts der Klimaerwärmung ist es wirklich erstaunlich, wie hartnäckig organisierte Mobilfunkgegner selbst 20 und mehr Jahre alten Schnee noch verbreiten können :-).

Ist das wirklich Vorsorge?

Bürgermeister Andreas Weiß ließ sich von dem Homöopathen nicht einwickeln. Er entgegnete, mit ihrem Teilflächennutzungsplan für Mobilfunk habe die Gemeinde bereits alles ausgeschöpft, was der kommunale Handlungsspielraum zulässt. Der Rat schloss sich dieser Einschätzung an und beschloss mit 13:0 Stimmen, an der vorsorgeorientierten Standortplanung festzuhalten.

Wenn ich mir aber die Mobilfunkkarte für Uffing anschaue, packen mich beträchtliche Zweifel, ob die Räte wirklich wissen, was sie tun. Denn es sieht so aus, als ob sie allein Funkmasten im Sinn und die Mobiltelefone der Bürger total vergessen haben. Wenn dies tatsächlich zutrifft, betreibt Uffing nur Scheinvorsorge, weil wegen großer Distanzen zu den Funkmasten die Mobiltelefone im Ort unnötig stark strahlen müssen, um die Masten zu erreichen. Das wäre dann mMn wirklich ein Skandal, nämlich ein ausgemachter Beraterskandal.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Wohngebiet, Baurecht, Irreführung, Uffing, Bebauungsplan, Verhinderungsplanung


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