Adlkofer vs. Lerchl: Gratwanderung auf Messers Schneide (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 09.02.2022, 16:11 (vor 814 Tagen) @ H. Lamarr

Allerdings habe ich starke Zweifel an meiner "Entdeckung". Denn wenn es so einfach wäre, wie beschrieben, dann wäre dies in der Verhandlung vor dem OLG Bremen bestimmt zur Sprache gekommen und hätte, wäre es zutreffend, zu einem anderen Urteil geführt. Möglicherweise gehe ich auch nur von falschen Voraussetzungen aus. Um das zu klären, will ich versuchen eine Einschätzung von Lerchl zu bekommen, er hat wichtige Details mit Sicherheit besser im Kopf parat als ich.

Ich hab's mir anders überlegt. Nachdem ich diesen Strang und dieses Posting noch einmal gelesen habe, meine ich, dass eigentlich schon alles gesagt wurde. Meine "Entdeckung" ist weder falsch noch richtig, denn entscheidend ist, wie die beiden Oberlandesgerichte die vorgetragenen Sachverhalte gewichtet und abschließend bewertet haben. Und da bin ich zu der für mich neuen Einschätzung gekommen, dass beide Entscheidungen keine überwältigenden Siege/Niederlagen waren, sondern äußerst knapp ausfielen. Hätten die Gerichte die vorgetragenen Sachverhalte nur geringfügig anders beurteilt, wäre in der Grauzone gerichtlicher Ermessensspielräume mMn jeweils anders entschieden worden. So verhält es sich auch mit meiner "Entdeckung", die je nach Bewertung des geschilderten Sachverhalts zutreffend sein kann oder eben nicht.

Für Außenstehende ist die Auseinandersetzung zwischen Lerchl und Adlkofer längst zu einem Irrgarten geworden. Deshalb zählen für sie nur noch die gefällten Urteile und nicht mehr das Dickicht der schwierig zu durchdringenden Entscheidungsgründe. Und letztlich könnten die beiden Kontrahenten sich mit dem finalen 1:1 Unentschieden durchaus zufrieden geben. Bei Lerchl scheint dies auch der Fall zu sein, denn der Bremer Sherlock Holmes hat die beiden OLG-Entscheidungen weitgehend unkommentiert und ohne öffentliches Nachtarocken hingenommen.

Adlkofer reagierte völlig anders. Er kommentierte Sieg und Niederlage öffentlich in umfangreichen Dokumentationen und nutzte jede Gelegenheit, seinen Kontrahenten Lerchl in alternativen Medien zu diskreditieren. Auch seine Kettenhunde aus der Anti-Mobilfunk-Szene bissen gehorsam kräftig zu. Der rote Faden, der durch diesen Drang nach Zurechtkneten der öffentlichen Meinung sichtbar wird, reicht bei Adlkofer zurück bis zu dem Zeitpunkt, als "Reflex" 2003 noch in den Windeln lag. Als Tabaklobbyist hatte Adlkofer über rd. 20 Jahre hinweg gelernt, wie er auf die öffentliche Meinungsbildung erfolgreich Einfluss nehmen kann. So reiste er 2003 nicht allein mit Hugo Rüdiger (Projektleiter der Wiener "Reflex"-Studie) zu einer Wissenschaftlertagung nach Hawaii, sondern nahm ein TV-Team des SWR mit, das wenig später in der ARD mit der Reportage "Bei Anruf Smog" die deutsche Öffentlichkeit mit den alarmierenden Ergebnissen von "Reflex" bekannt machte. Adlkofer hatte es ungewöhnlich eilig, denn zu diesem Zeitpunkt lag weder der "Reflex"-Abschlussbericht vor, der folgte 2004, noch gab es eine wissenschaftliche Publikation der aufregendsten Ergebnisse, die folgte 2005. Der ARD-Programmdirektion musste im August 2003 der vorauseilende Alarm spanisch vorgekommen sein, sie verschob die Ausstrahlung in letzter Minute von einem Sendeplatz um 21:45 Uhr auf einen am Folgetag um 23:00 Uhr. Die mutmaßlich von Adlkofer in Gang gesetzte PR-Maschinerie ließ sich jedoch nicht mehr stoppen, sie ratterte prompt um einen Tag zu früh los. Fortan spielte Adlkofer diese Medien-Trumpfkarte auf allen Ebenen bis heute ungleich häufiger als Lerchl aus.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Vijayalaxmi, Manipulation, SWR, Fibroblasten, Hawaii


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