Schweiz: Nationalrat lehnt schnelle 5G-Begleitmaßnahmen ab (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 15.09.2020, 23:48 (vor 1362 Tagen)

Die Mehrheit der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Schweizer Nationalrats reichte am 14. Mai 2020 die Motion 20.3455 am Nationalrat ein (5G. Beschleunigte Begleitmassnahmen im Bereich der Gesundheit), eine Minderheit der Kommission war dagegen. Text der Motion:

Der Bundesrat wird beauftragt, bis spätestens zum zweiten Halbjahr 2020 die begleitenden Massnahmen, welche die Arbeitsgruppe "Mobilfunk und Strahlung" in ihrem am 28. November 2019 publizierten Bericht für den Gesundheitsbereich vorschlägt, umzusetzen:

- Monitoring der Strahlenexposition;
- Schaffung einer umweltmedizinischen NIS-Beratungsstelle;
- Intensivierung der Forschung über die gesundheitlichen Auswirkungen des Mobilfunks und der Strahlung.

Am 19. August 2020 hielt der Bundesrat dagegen und beantragte die Ablehnung der Motion mit der Begründung:

Im Einklang mit der Motion erachtet der Bundesrat eine rasche Umsetzung der erwähnten begleitenden Massnahmen ebenfalls als wichtig. Die entsprechenden Arbeiten laufen auch bereits.

Für das Monitoring erfolgt dieses Jahr die Ausschreibung und Vergabe von Messaufträgen. Aufgrund der erwarteten Kosten ist eine WTO-Ausschreibung notwendig. 2021 beginnen die Messungen und voraussichtlich 2022 kann ein erster Bericht vorgelegt werden.

Für die umweltmedizinische NIS-Beratungsstelle werden zurzeit die inhaltlichen und strukturellen Anforderungen an die Stelle genauer definiert. Danach wird die Stelle unter Beachtung der Regeln des Vergaberechts aufgebaut. Ziel ist es, dass die Beratungsstelle ihren Betrieb spätestens Ende 2022 aufnehmen kann.

Die Intensivierung der Forschung zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Mobilfunks und der Strahlung, wird bereits durch die Motion Graf-Litscher (19.4073) "Förderung der Forschung zu Mobilfunk und Strahlung") verlangt. Wie in seiner Stellungnahme dargelegt, unterstützt der Bundesrat das Anliegen der Motion. Der Nationalrat hat die Motion am 20. Dezember 2019 angenommen. Die Beratung im Ständerat steht noch aus.

Der Bundesrat ist überzeugt, dass die nötigen Schritte unternommen werden, um die von ihm am 22. April 2020 beschlossenen begleitenden Massnahmen möglichst rasch umzusetzen. Die mit der Motion verlangte sofortige Umsetzung im laufenden Jahr 2020 erachtet er angesichts der vergaberechtlichen Vorgaben als nicht möglich. Zudem benötigen die Arbeiten aufgrund ihrer Komplexität auch etwas Zeit.

In seiner Sitzung vom 14. September 2020 lehnte der Nationalrat nach den (mMn lesenswerten) Pro & Kontra-Reden von drei Nationalräten und Bundesrätin Sommaruga mit 102 gegen 75 Stimmen bei neun Enthaltungen die Motion mehrheitlich ab. Weitere Geschäfte zum Stichwort "5G" liegen dem Nationalrat in seiner bis zum 25. September 2020 dauernden Herbstsession bislang nicht vor. Dies gilt auch für den Ständerat, der am 15. September die von Bundesrätin Sommaruga angesprochene Motion Graf-Litscher angenommen hat, wodurch diese Motion von beiden Kammern des Schweizer Parlaments angenommen und damit für den Bundesrat verbindlich geworden ist.

Die von Gigaherz-Präsident Jakob angekündigten "Herbststürme" im Bundeshaus mit Angriffen auf die EMF-Anlagegrenzwerte der Schweiz erweisen sich bislang als das Ergebnis einer missglückten Kaffeesatzlesung statt einer professionellen Wettervorhersage.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Schweiz, Monitoring, Nationalrat, Sommaruga, Kaffeesatzlesung

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum