Schweiz: Petition zur Einrichtung von Schutzzonen gescheitert (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 08.08.2013, 00:17 (vor 3937 Tagen) @ H. Lamarr

Im Januar 2007 scheiterte in der Schweiz vor der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen eine Petition, die die Einrichtung von "Schutzzonen" für überzeugte Elektrosensible zum Ziel hatte (Quelle).

1. Inhalt der Petition
Die im Sommer 2006 von der Selbsthilfegruppe Elektrosensible eingereichte Petition verlangt vom Bund die Schaffung von Gebieten, in denen elektrosensible Personen ohne Beeinträchtigungen leben können. Die Petenten belegen anhand von wissenschaftlichen Untersuchungen, dass Elektrosmog die Gesundheit von Personen beeinträchtigen könne. Sie verlangen deshalb, dass für jene Personen Schutzzonen geschaffen werden, welche frei von elektrosmogverursachenden Sendestationen (z. B. Mobilfunkantennen) sind.

2. Stellungnahme des Bundesrates
Mit Bericht vom 7. November 2006 nimmt der Vorsteher des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Stellung zu den Anliegen der Petenten. Der Bundesrat anerkennt die Leiden der von Elektrosmog betroffenen Personen. Er weist darauf hin, dass bis heute die wissenschaftlichen Grundlagen fehlen, welche das Phänomen der Elektrosensibilität fassbar machen und eine darauf gestützte Reaktion des Gesetzgebers erlauben würden. Momentan beschränkt sich der Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NIS) auf die in der NISV festgelegten Immissionsgrenzwerte. Gleichzeitig versucht der Bundesrat mit einer Politik der Vorsorge die Grenzwerte für Anlagen so festzusetzen, dass die Langzeitbelastungen weit unter den Werten gehalten werden können, bei denen gesundheitliche Schäden durch NIS wissenschaftlich anerkannt sind.
Der Bundesrat schlägt vor, dass das Instrument der Schutzzonen und seine rechtliche und technische Umsetzung im Rahmen des Berichtes zur Erfüllung der Motion Wyss 03.3661 (Nichtionisierende Strahlung. Immissionsgrenzwerte) eingehend geprüft werden. Er weist aber auch darauf hin, dass die Realisierung solcher Schutzzonen mit sehr grossen Schwierigkeiten verbunden sein könnte (Grundpegel an Elektrosmog in der ganzen Schweiz durch weltweite Sendeanlagen, entsprechende Änderungen der Rundfunk- und Mobilfunkkonzessionen, Beeinträchtigung der Funknetze usw.). Der Bundesrat wird im Rahmen des Berichtes deshalb auch weitere mögliche Massnahmen zum Schutz vor Elektrosmog prüfen.

3. Entscheid der KVF-NR vom 13. November 2006
Die KVF des Nationalrates hat sich an ihrer Sitzung vom 13. November 2006 mit dem Geschäft befasst und geht, gemäss ihrem schriftlichen Bericht, mit den Petenten einig, dass die nachgewiesenen und vermuteten gesundheitlichen Auswirkungen von Geräten und Anlagen, von denen nichtionisierende Strahlung ausgeht, ernst zu nehmen sind. Sie erachtet aber den Vorschlag der Petenten für die Schaffung von Schutzgebieten nicht als notwendige und auch nicht als geeignete Massnahme. Erstens bestehen zum heutigen Zeitpunkt zu wenig gesicherte Erkenntnisse, welche ein gezieltes und effektives Vorgehen im Umgang mit vom Elektrosmog Betroffenen erlauben würden. Zweitens ist die KVF-NR der Ansicht, dass sich die Idee von Schutzgebieten aufgrund unüberwindbarer faktischer, technischer und rechtlicher Hindernisse nicht realisieren lasse. So lassen sich aufgrund der weltweiten Sendeanlagen keine absolut elektrosmogfreien Gebiete mehr aussondern. Ebenso dürfte die Kollision mit den Interessen von Fernmeldekonzessionären sowie Konsumentinnen und Konsumenten zu grossen Problemen führen. Aus diesem Grund beantragt die KVF-NR ihrem Rat, von der Petition ohne weitere Folge Kenntnis zu nehmen. Der Nationalrat wird das Geschäft voraussichtlich in der Frühjahrssession 2007 behandeln.

4. Erwägungen der Kommission
Die Kommission schliesst sich in ihren Erwägungen vollumfänglich den Ausführungen ihrer Schwesterkommission und denjenigen des Bundesrates an und beantragt deshalb, von der Petition ohne weitere Folge Kenntnis zu nehmen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Game over, Funkloch, Petition, Elektrosensibilität, Reservate, Immissionsgrenzwerte, gescheitert


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