Mittelbuchener Mobilfunkwiderstand flammt wieder auf (Allgemein)

Skeptiker, Samstag, 21.07.2012, 14:41 (vor 4340 Tagen)

„Hanauer Anzeiger“ vom 21.7.2012:

Aus dem Nichts aufgetaucht

Bürger über neuen Mobilfunkmast erbost – Ersatz für Sender im Kirchturm

Aus dem (verkürzten) Webtext des „Hanauer Anzeiger“:

„Ein plötzlich errichteter Mobilfunkmast hat in Mittelbuchen für Ungemach gesorgt. "Uns hat niemand informiert", beklagte sich Christa Schuch-Ott, die sich nicht damit anfreunden kann, dass sie nun direkt auf den auf einem Feld stehenden Turm blickt, wenn sie aus ihrem Fenster schaut.

Oberbürgermeister Claus Kaminsky räumte eine Kommunikationspanne ein. Die zuständige Behörde habe es versäumt, den Ortsvorsteher und damit den Ortsbeirat zu informieren. Laut OB ist der Sendemast errichtet worden als Ersatz für die Sendeanlage im Mittelbuchener Kirchturm. Der Sender im Kirchturm soll demnächst abgeschaltet werden, weil die entsprechenden Verträge nicht verlängert worden sind.“

Und in der Papierausgabe heisst es dazu auch:

„[Oberbürgermeister Claus Kaminsky] finde den Mast "auch nicht schön", aber zu einer mordernen Welt gehöre die Telekommunikationstechnik, auf die die Mittelbuchener sicherlich auch nicht verzichten wollten. Die Stadt habe die entsprechende Baugenehmigung erteilen müssen, da alle rechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten, erklärte das Stadtoberhaupt. (…)
Schließlich wies Kaminsky auf den einige Jahre zurückliegenden Kampf Mittelbuchener Bürger gegen die Sendeanlage im Kirchturm hin. Damals war eigens zu diesem Zweck eine Bürgerinitiative gegründet worden. Immerhin gehöre das Thema einer Sendeanlage inmitten der Ortslage mit dessen Abschaltung bald der Vergangenheit an.“

Mittelbuchen liegt 2 km von Bruchköbel entfernt, einem früheren Zorneszentrum des Widerstandes gegen Mobilfunkanlagen. Auch in Bruchköbel gab es früher Kirchturmkämpfe. Im Bruchköbeler Stadtteil Roßdorf geschah es vor 3 Jahren ähnlich wie jetzt in Mittelbuchen: Die Kirche hatte dem Betreiber, eingedenk früherer Proteststürmchen, den Sendeplatz im Kirchturm gekündigt. Im halben Ort setzte daraufhin der Mobilfunkverkehr aus, und es erhoben sich Proteste. Bald darauf wurde zu aller Überraschung ein neuer 30-m-Funkturm auf einer schönen, bei Spaziergängern beliebten Anhöhe oberhalb des Stadtteils errichtet. Der strahlt dort seither auf ein 250 - 300m enferntes Wohngebiet ein. Die städtische Marketingabteilung überlegt nun, ob man den Turm als touristische Attraktion vermarkten kann, z.B. in Form hübscher Abbildungen auf Ansichtskarten.

Tags:
Bruchköbel, Aktenzeichen, Kirchturm

Sankt Florian: Zorneszentrum im Ruhestand

H. Lamarr @, München, Sonntag, 22.07.2012, 17:00 (vor 4339 Tagen) @ Skeptiker

Bald darauf wurde zu aller Überraschung ein neuer 30-m-Funkturm auf einer schönen, bei Spaziergängern beliebten Anhöhe oberhalb des Stadtteils errichtet. Der strahlt dort seither auf ein 250 - 300m enferntes Wohngebiet ein.

Hmmm ...

Ja, aber wieso hört man denn gar nichts von geharnischten Protesten gegen diesen Sendemasten, wenn doch Bruchköbel einst "Zorneszentrum" der Mobilfunkgegnerei war?

Kann das daran liegen, dass die "Anti-Masten-Kämpfer" von einst jetzt still halten müssen, weil der neue Mast auf dem Hügel auf ihr Konto geht? Und wenn das so ist, wie stehen die Bewohner des nahe gelegenen Wohngebiets dazu, dass die Alten nur Krawall machten, um Masten aus ihrem persönlichen Dunstkreis fort zu bekommen, jetzt aber, wo andere "bestrahlt" werden, so befremdlich still sind?

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Sankt-Florian-Prinzip

Sankt Florian: Zorneszentrum im Ruhestand

Skeptiker, Sonntag, 22.07.2012, 22:38 (vor 4339 Tagen) @ H. Lamarr

Ja, aber wieso hört man denn gar nichts von geharnischten Protesten gegen diesen Sendemasten, wenn doch Bruchköbel einst "Zorneszentrum" der Mobilfunkgegnerei war?

Kann das daran liegen, dass die "Anti-Masten-Kämpfer" von einst jetzt still halten müssen, weil der neue Mast auf dem Hügel auf ihr Konto geht?

Im Prinzip ja. Den Funkturm sehen die als Erfolgskennzeichen für ihren jahrelangen "Kampf" gegen den Sender im Bruchköbel-Roßdorfer Kirchturm.

Wenngleich die Telekom ihren neuen Turm eben gerade nicht genau auf den vom "Senderstandortplaner" errechneten Standort stellte, sondern damals betonte, man habe sich einen eigenen Platz im Feld eigenständig gesucht und gepachtet. Die sahen und sehen sich dem Bruchköbeler Eigenbau-"Standortkonzept" nicht verpflichtet. Das wurde mir damals persönlich mitgeteilt. Sinngemäß hielten die die Bruchköbeler "Standortplanung" für die sinnfreie Profilierungsaktion eines zuständigen grünen Ersten Stadtrates.

Und wenn das so ist, wie stehen die Bewohner des nahe gelegenen Wohngebiets dazu, dass die Alten nur Krawall machten, um Masten aus ihrem persönlichen Dunstkreis fort zu bekommen, jetzt aber, wo andere "bestrahlt" werden, so befremdlich still sind?

Es gab ein bißchen Leserbrief-Aktion von Anwohnern damals, aber nicht besonders intensiv, ein oder zwei Briefe. Die "alte" Initiative machte da natürlich nicht mit, an einer Zusammenarbeit mit den neuen "Betroffenen" lag denen herzlich wenig. Schließlich wollte man den eigenen Erfolg nicht konterkarieren. Die Doppelmoral ist da halt schon peinlich greifbar gewesen. Ganz besonders mucksmäuschenstill ist damals auch der heute bei hese als "Hesse" tätige Bruchköbeler Oberexperte in Sachen Mobilfunkkrebs gewesen.

Aber andererseits geht dem Großteil der Bruchköbeler Bevölkerung das Thema sowieso am Allerwertesten vorbei.

Die Aktionen der Bruchköbeler Initiativler lebten in den frühen Jahren vor allem vom Krachschlagen. Mit nachvollziehbaren Argumenten hatte man es dagegen nicht so. Einfaches, penetrantes Krachschlagen aber, das bringt bekanntlich auch ein Einzelner unter den Vielen fertig.

Tags:
Wutbürgertum, Kirchturm

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum