Oberfeld-Comeback: Wiener Smart-Meter-Schmäh der Ärztekammer (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 05.02.2012, 00:34 (vor 4467 Tagen)

Wer mag, darf sich über die jüngste Presse-Information der Österreichischen Ärztekammer amüsieren, in der sie auf einen Zug nach nirgendwo aufspringt, unter Dampf gesetzt von einem der üblichen Verdächtigen: Neue Stromzähler führen zu mehr Elektrosmog, so titelt die Kammer vor sich hin. Und wenn ich diese albernen Formulierung von "vorauseilendem Gehorsam" lese, zuvor öfters zu hören gewesen in der Szene staatsfeindlicher Mobilfunkgegner, dann den Text der Presse-Information daran messe, meine ich, die Ärztekammer sollte sich besser an die eigne Nase fassen und fragen, wem sie da eigentlich auf jeden noch so schrillen Pfiff gehorsam apportiert.

Das Dr.-Oberfeld-Comeback hätte unglücklicher nicht ausfallen können. Nach einem Skandal wegen eines von ihm gefundenen Krebsclusters um einen nicht vorhandenen C-Netz-Sendemasten verschwand der zuvor sehr medienpräsente Mediziner schlagartig in der Versenkung. Jetzt soll er anscheinend langsam reloaded und neu ins Rampenlicht gesetzt werden.

Diese Methode, nach einer gewissen Phase des Stillhaltens einen neuen Anlauf zu wagen in der Hoffnung, zwischenzeitlich gewachsenes Gras werde die alten Sünden verdecken, hat sich vielfach bewährt. So verzieht die CSU dem ehemaligen Wirtschaftsminister Wiesheu einen schweren Verkehrsunfall mit Todesfolge unter Alkoholeinfluss, die Grünen verziehen dem heutigen Parteiführer Cem Özdemir 1999 schnell und anders als heute Bundespräsident Wulff eine Kreditaufnahme bei einem PR-Berater und als TV-Moderatorin Andrea Kiewel 2007 die Schleichwerbung für ein Schlankheitsprodukt eingestehen musste, dauerte es ungefähr nur so lange wie jetzt bei Dr. med. Oberfeld, bis sie wieder im Fernsehen auftreten durfte.

In gewohnter Gangart geht Oberfeld forsch zu Werke und konstruiert aus dem Stand heraus eine Krebsbedrohung der Bevölkerung wegen Smart Metern. Nebulös spricht der Salzburger von Daten aus den USA, aller Voraussicht nach bezieht er sich damit auf einschlägig bekanntes Material seiner alten Freundin und Baubiologin Cindy Sage, der unumstrittenen Weltmarktführerin in Smart-Meter-Panikmache.

Aber: Es gibt keine einzige seriöse Studie, die Funk-Smart-Metern eine Gesundheitsgefährdung attestiert. Das EMF-Portal listet gegenwärtig überhaupt nur zwei (2!) Arbeiten, die sich mit diesem in den USA frei erfundenen Problemkind wissenschaftlich auseinandersetzen. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass die Felder solcher Geräte weitaus schwächer sind als die bereits bekannter EMF-Quellen (Handy, Mikrowelle, DECT) und deshalb nicht ersichtlich sei, wieso eine Gefahr von ihnen ausgehen sollte. Der Volltext der einen Arbeit ist frei verfügbar.

Unter solchen Umständen die mMn unqualifizierte Presse-Information ihres Umweltreferenten nicht zu stoppen, sondern im Internet zu verbreiten, zeigt ein befremdliches Bild von einer Kammer, deren Aufgabe es eigentlich nicht sein sollte, realitätsentrückte Mutmaßungen der Mitarbeiter ohne jegliche Qualitätskontrolle auf die arglose Bevölkerung der Alpenrepublik los zu lassen. Wie sich das Pamphlet der Kammer mit ärztlicher Ethik vereinbaren lässt ist möglicherweise mit ganz speziellen Wiener Maßstäben zu erklären. Von einem Gebot zur Panikmache ist bei Hippokrates jedenfalls nichts zu lesen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Oberfeld, Oesterreich, Krebscluster, Wien, Pamphlet, Aerztekammer, OeAeK, Smart-Meter, Skandal, Qualitätskontrolle


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