Plädoyer für höhere Grenzwerte (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 30.04.2011, 18:11 (vor 4787 Tagen)

Arno Weidemann, Jahrgang 1932, ist Funkamateur (DL9AH). In Ausgabe 1/2011 der Zeitschrift "CQ DL - Das Amateurfunkmagazin" des DARC veröffentlichte der langjährige Lehrer für Nachrichtentechnik und Elektronik den Beitrag "Die Menschheit braucht elektromagnetische Wellen". Er geht damit frontal auf Kollisionskurs zu Sendemastengegnern. Nachfolgend ein Auszug aus diesem Beitrag. Weidemann begründet dort (für Techniker) nachvollziehbar seinen Standpunkt - nur die Anzahl von 30'000 Handystudien wird er kaum belegen können - und kommt am Schluss zu der für Mobilfunkgegner provokanten Feststellung:

Wer hat einen Vorteil aus den viel zu niedrigen Grenzwerten des so genannten Personenschutzes innerhalb der BEMFV?

*** Beginn Textauszug aus dem CQ-DL-Artikel ***

Seit ca. 1925, also seit Ca. 85 Jahren gibt es Großrundfunksender mit Leistungen von über eine Miilion Watt. Zunächst auf Langwelle, danach auf Mittelwelle und dann auch auf der Kurzwelle. Bei dem Bedienungspersonal, das sich ja mindestens acht Stunden täglich im Strahlungsfeld dieser Sender aufgehalten hat, und das viele Jahre lang, sind nie gesundheitliche Schäden aufgetreten. Bei den Berufsgenossenschaften ist eine Berufskrankheit dieser Art unbekannt. Schon daraus folgt, dass die in den Medien immer wieder zu hörende Aussage, "elektromagnetische Wellen können oder sollen schädlich sein", nicht zutreffen kann.

Des Weiteren gab es in den vergangenen Jahrzehnten weltweit etwa 30'000 (dreißigtausend!) Studien, die sich mit der Abstrahlung von elektromagnetischen Wellen bei den so genannten „Handys" (Mobiltelefonen) beschäftigt haben.
Wenn diese Geräte auch nur eine sehr kleine Sendeleistung besitzen, so werden sie doch direkt am Kopf betrieben. Schon bei einer Sendeleistung von nur 1 W erzeugen sie bereits eine Feldstärke von 1500 bis 6000 V/m! Ein gigantischer Wert und das auch noch direkt am Kopf in einem eher kritischen Frequenzbereich zwischen 800 und 1600 MHz! Trotzdem war in keinem Fall eine Beeinflussung oder gar eine Schädigung festgestellt worden. Auch haben sich weltweit mehr als 800 große Studienkommissionen über viele Jahre ganz allgemein mit den möglichen Schädigungen durch elektromagnetische Wellen auf den verschiedensten Frequenzen beschäftigt. Im Ergebnis ist in keinem Fall wissenschaftlich gefestigt, und damit reproduzierbar, festgestellt worden, dass irgendeine Schädigung zu befürchten ist. Am Ende der Studien, die weltweit riesige Summen verschlungen haben, hieß es aber sinngemäß regelmäßig: „Wir haben zwar nichts gefunden, aber wir brauchen noch mehr Forschungsgelder!"

Ein Gedankenexperiment
Wie wenig Wärmeenergie tatsächlich ein menschlicher Körper aus einem elektromagnetischen Feld entnimmt, soll ein einfaches Gedankenexperiment erweisen.

Wir unterstellen, unter einem 5 m über Grund angebrachten Dipol, der auf 30 MHz mit einer Sendeleistung von 1000 W betrieben wird, steht ein Mensch auf einer Seite, und zwar an der Stelle mit der höchsten Feldstärke. Dieser Mensch soll 1,75 m groß sein. Obwohl der Spannungswert zu hoch angesetzt ist, unterstellen wir weiter, dass die größte Potenzialdifferenz zwischen Antenne und Erde bei 1000 V liegt. Ohne Mensch wäre hier die Feldstärke 200 V/m. Mit Mensch bricht die Spannung zwischen Kopf und Füßen am Innenwiderstand und am kapazitiven Widerstand des Körpers auf Restwerte von weit unter 20 V zusammen. Auf Grund der geringen Oberfläche A ist die Kapazität zwischen Draht und dem Kopf des Menschen sehr klein. Sie liegt bei ca. 0,01 pF. Der daraus resultierende kapazitive Strom, der tatsächlich den Körper durchfließt, ist von daher lediglich etwa 2 mA. Da die aufgenommene Leistung P = Spannung mal Strom ist, kommt man so auf eine gesamte Wärmeleistung von insgesamt weniger als 40 mW.

Die vom Verfasser nachgerechneten Werte ergaben bei einem „Normal-Menschen" mit einer Größe von 175 cm und einem Gewicht von 75 kg somit einen Wert von nur 0,5 mW/kg Körpergewicht! Wenn auch die Werte nur aufgerundet sind, so kommt man damit auf einen vorgeschobenen "Sicherheitsfaktor" von 20'000. Ein nahezu irrwitzig hoher Wert, der mit Personenschutz nichts mehr zu tun hat! Woher der in der BEMFV (Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder) vorgeschriebene Grenzwert von 27,5 V/m kommt, bleibt bei dieser Sachlage unerfindlich. Es kann also nicht um den Personenschutz gehen! Nach dem Motto: "Folge dem Geld" ergibt sich damit automatisch die Frage: Wer hat einen Vorteil aus den viel zu niedrigen Grenzwerten des so genannten Personenschutzes innerhalb der BEMFV?

BEMFV: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bemfv/gesamt.pdf

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Funkamateur, Langwelle, Rufzeichen

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