Gräfelfinger-Modell muss vor St. Florian kapitulieren (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 27.02.2010, 18:04 (vor 5191 Tagen) @ Gast

Auszug aus einer Meldung von Merkur online vom 26.02.2010 über die geplante Umsetzung des Gräfelfinger Modells, das der Gemeinde den erhofften Frieden nicht gebracht hat.

Die zwei geplanten Großstandorte mit 40-Meter-Masten am Neunerberg und beim TSV sind laut Ulrich-Raithel unverzichtbar. Einzige Alternative: Eine 18 Meter hohe Antenne auf dem Rathausdach, die freilich mitten im Wohngebiet viermal stärkere Strahlung verbreiten würde, als sie das Konzept der Gemeinde vorsieht. Dagegen meldeten Betroffene sogleich heftigen Widerstand an und forderten das Gemeinde-Konzept ein.

Zahlreiche Besucher indes brachten Bedenken und teils harsche Kritik dagegen vor. Der Kinderarzt Herbert Meißner monierte, dass der TSV-Mast 1300 Kinder am Schulcampus Adalbert-Stifter-Platz „bestrahlen“ würde. Ulrich-Raithel widerlegte ihn mit Zahlen: Heute betrage die Strahlung dort im Mittel 1,8 mW/m2, mit dem Gemeindekonzept maximal 1,1 mW/m2. Der Experte entkräftete auch den Vorwurf, die Handys müssten bei den wenigen, hohen Masten stärker funken. Dies sei nicht der Fall, weil die Telefone dann häufig „Sichtkontakt“ zur Antenne hätten und nicht – wie heute – meistens durch Häuser senden müssten.

Kommentar: Also wie ist das nun, derzeit 1,8 mW/m² vom TSV-Mast und später 1,1 mW/m² - ja? Das ist doch klar wie Knödelwasser, denkt sich Karl Napf, der geringe Unterschied der beiden Werte versinkt sowieso in der Ungenauigkeit von HF-Messungen. Falsch! Denn hier wird ein Mittelwert (1,8 mW/m²) mit einem Maximalwert (1,1 mW/m²) verglichen und dies ist ungefähr genauso aussagekräftig, wie wenn ich die Höchstgeschwindigkeit eines Autos mit der im Mittel gefahrenen Geschwindigkeit dieses Wagens vergleiche. Dieser Vergleich ist Desinformation.

Bemerkenswert finde ich, dass trotz des einst bundesweit von Sendemastengegnern als Musterlösung gefeierten Gräfelfinger Modells die von einem Standort betroffenen Gräfelfinger Bürger dennoch versuchen, den Masten lieber der Nachbarschaft aufs Auge zu drücken. Als Streitbremse sind derartige Standortkonzepte offenkundig nicht zu gebrauchen, denn den Bürgern ist es egal, ob sie einen Mast mit oder ohne Standortkonzept vor die Tür gestellt bekommen - ungeliebt ist er so oder so. Möglicherweise sind - wie in Gräfelfing geschehen - groß propagierte Standortkonzepte sogar kontraproduktiv: sie scheuchen die Bürgerschaft mit in aller Regel fragwürdigen Informationen unnötig auf, obwohl die wenigsten Leute genug Kenntnisse haben Folgen und Hintergründe einer solchen Planung zu durchschauen. Übrig bleibt die übliche sachlich unbegründbare diffuse Sorge, die am 26. Februar "mehrere Hundert" Gräfelfinger ins Bürgerhaus getrieben hat - nur um dort so um Standorte zu schachern, als ob es nie ein Gräfelfinger Modell gegeben hat.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Umweltinstitut München, Sankt-Florian-Prinzip, Wohngebiet, Toleranz, Immissionsgutachten, Gräfelfinger Modell, Sichtkontakt, Standortplaner, Erfüllungsgehilfe, Ulrich


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