Psychiaterin: Dummheit kann schädlicher sein als Kriminalität (Allgemein)

Gast, Dienstag, 19.08.2025, 20:54 (vor 3 Tagen)

Dummheit ist gefährlich, da sie emotional gesteuert, unberechenbar und schädlicher sein kann als Kriminalität. Sagt Adelheid "Heidi" Kastner im Interview mit der Wiener Zeitung. Die ausgebildete Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie ist Primarärztin der Klinik für Psychiatrie mit forensischem Schwerpunkt am Kepler Universitätsklinikum in Linz. Als anerkannte Expertin im Bereich der Forensischen Psychiatrie war sie unter anderem als Gerichtsgutachterin im Fall Fritzl tätig. Hier Auszüge aus dem Interview.

Kastner: [...] Natürlich gab es schon immer Stammtische. Aber dort kann man nicht jede Position einfach vertreten, weil einem Leute gegenübersitzen, die kontern. Das Korrektiv ist ausgeprägter als in Social Media-Blasen, in denen man Gleichgesinnte sucht, die einem nicht gegenüberstehen, aber zustimmen. Früher hat man außerdem, wenn man keine Ahnung hatte, einfach nichts gesagt, um sich nicht zu blamieren. Heute hat kaum jemand mehr die Angst, sich zu blamieren. Man trötet Schwachsinnigkeiten heraus und wird heftig, wenn einem jemand widerspricht, und das ist neu.

Wiener Zeitung: Wie konnte das passieren?

Indem man begonnen hat, eigene Meinung mit eigenen Fakten zu verwechseln und meint, dass jeder das Recht auf eigene Fakten hat. Es hat jeder das Recht auf eine eigene Meinung. Doch eine fundierte Meinung basiert auf Fakten. Wenn ich mir meine Fakten aber so zurechtmache, dass sie bloß meiner gefühlten Meinung entsprechen, wird Meinungsbildung zu Faktenbehauptung und führt zu „alternativen Wahrheiten“, die es nicht gibt. Sich das Recht herauszunehmen, die Fakten so zu interpretieren, wie man meint, und damit Unfundiertes als Grundlage für eine Allgemeingültigkeit herzunehmen, ist relativ neu. Früher sagte man dazu - mehr oder weniger wohlwollend - Irrtum, oder - weniger wohlwollend - Lüge. [...]

Ist Dummheit gefährlich?

Ja, Dummheit ist sehr gefährlich, vor allem, wenn sie massenhaft auftritt. Das Problem der Menschen, die unabhängig von ihrer Intelligenz oder ihrem Wissen nicht vernunftgeleitet agieren, ist, dass es unmöglich ist, mit ihnen gemeinsame Sache zu machen, weil sie rein emotional entscheiden und daher unberechenbar sind. Der Wirtschaftswissenschafter Carlo Cipolla unterscheidet zwischen Verbrechern und Dummen. Verbrecher sind ihm zufolge berechenbar, denn sie fördern ihren eigenen Vorteil, handeln also zielgerichtet, überlegt und rational, um zu bekommen, was sie wollen. Dumme hingegen beschädigen nicht nur andere, sondern auch sich selbst, weil sie es nicht schnallen. Diese Vorgangsweise hat ein noch größeres Schädigungspotential als Verbrechertum. [...]

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