Diagnose-Funk: Bild-Zeitung der Anti-Mobilfunk-Szene (Forschung)
Nur einen Tag später kolportierte Diagnose-Funk die Meldung auf Deutsch, mit einer Übersetzungsqualität, die so belustigend schlecht ist, dass stellenweise zum Ergründen des ursprünglichen Sinns einer Textpassage der Blick ins englische Original erforderlich ist.
Das Zitat benennt den Sachverhalt nicht ganz korrekt. Denn Diagnose-Funk hat die Meldung von Microwave News nicht bloß lausig schlecht übersetzt, sondern auch ein bisschen Eigenleistung in Form eines Vorspanns eingebracht. Die Stuttgarter festigen mit den nur vier Sätzen ihren Ruf, das Propaganda-Portal organisierter Mobilfunkgegner zu sein:
MicrowaveNews brachte am 27. April 2025 die Meldung über eine brisante Studie für die WHO. Die Studie von Mevissen et al. (2025) bestätigt, dass Mobilfunkstrahlung Krebs auslösen kann. Die Studie wurde für die WHO verfasst, von ihr mitfinanziert und wird in eine Neubewertung der Einstufung des Krebsrisikos, die bis 2029 erfolgen soll, einfließen. Die Mobilfunklobby hatte bereits ebenfalls eine Studie eingereicht (Karipidis et al. 2024), die das Krebsrisiko herunterspielt (s.u).
Das Geschreibsel ist ein Cocktail, der Tatsachen und Meinungen für Laien unentwirrbar miteinander vermischt. Wer es nicht besser weiß, kann nicht erkennen, was Tatsache ist und was Meinung. Die Behauptung, die Studie von Mevissen sei "brisant", ist z.B. eine Meinungsäußerung. Denn der Verein erklärt gefühlt alle Studien, die zum Alarmieren taugen, für brisant. Umgekehrt werden von den Stuttgartern in schnurgerader Kurzstreckenlogik gefühlt alle entwarnenden Studien zu Werken einer diffusen Mobilfunklobby erklärt. So einfach funktioniert Populismus.
Das Bemühen des Vereins, seine Anhänger von den intellektuellen Anstrengungen einer eigenen Meinungsbildung zu entbinden, lässt sich mit gnädiger Fürsorge des Hauptquartiers erklären. Oder, aus anderem Blickwinkel, mit der aufdringlichen Hypnose der Vereinsführung: Bild dir meine Meinung!
Nein, Karipidis et al. haben nicht "bereits ebenfalls eine Studie eingereicht". Sie wurden, genauso wie Mevissen et al., von der WHO mit dem Abfassen einer systematischen Review beauftragt und haben diese in zwei Teilen 2024 und 2025 abgeliefert.
Nein, Karipidis et al. spielen das Krebsrisiko von HF-EMF, das Diagnose-Funk sehnsüchtig als zweifelsfrei erwiesen betrachtet, nicht herunter. Die Arbeitsgruppe stellt in Teil 1 (Hirntumoren) lediglich fest, dass die Evidenz für einen Kausalzusammenhang, HF-EMF könnte Hirntumoren bewirken, gering bis mäßig ist. Das bedeutet bestenfalls (mäßige Evidenz): Die Anhaltspunkte für eine Auswirkung reichen aus, um eine Schlussfolgerung zu ziehen, jedoch könnte künftige Forschung die Verlässlichkeit der Bewertung beeinflussen. Die Studien weisen Grenzen, Inkonsistenzen oder Risiken für Bias auf. Die beobachteten Auswirkungen entsprechen vermutlich weitgehend den tatsächlichen Auswirkungen, aber erhebliche Abweichungen können nicht ausgeschlossen werden. Erst bei hoher Evidenz ist es unwahrscheinlich, dass künftige Forschung zu einer wesentlichen Anpassung der Bewertung führen wird.
Die Befunde von Karipidis et al. bedienen somit keine Erwartungshaltung, weder die von Befürwortern noch von Kritikern des Mobilfunks, sie beordern eher die Forschung zurück auf Los, um auf neuen Wegen endlich aus dem Bewertungsdilemma herauszufinden.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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