Frankreich: Anhebung des Schwellenwerts für atypische Messpunkte (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 29.07.2025, 21:55 (vor 2 Tagen)

Die staatliche französische Funknetzagentur ANFR startet eine öffentliche Konsultation zur Festlegung neuer Schwellenwerte für atypische Messpunkte im Zusammenhang mit der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern. Ziel: Anpassung der Regelung an die Realitäten vor Ort in Anbetracht der dynamischen Entwicklung im Mobilfunk. Der geltende Schwellenwert von 6 V/m soll zum Jahresbeginn 2026 generell oder begrenzt auf Städte auf 9 V/m angehoben werden.

Was ist ein atypischer Messpunkt?

[image]Bild: ANFR

Atypische Messpunkte sind Orte, an denen die Exposition deutlich über dem landesweit gemessenen Durchschnitt liegt. Das Gesetz Nr. 2015-136 vom 9. Februar 2015 über Sparsamkeit, Transparenz, Information und Abstimmung im Bereich der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern definiert diese Punkte wie folgt: Orte, an denen die Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern die auf nationaler Ebene festgelegten Grenzwerte erheblich überschreitet. Es gelten die von der staatlichen französischen Funknetzagentur (ANFR) festgelegten und regelmäßig überprüften Kriterien, einschließlich technischer Kriterien.

Dieses Gesetz beauftragt ANFR mit der Erfassung atypischer Punkte und der Unterrichtung der betroffenen Verwaltungen und Behörden. Im Jahr 2017 hat die Agentur den Schwellenwert für atypische Punkte für öffentlich zugängliche Orte und Wohngebäude auf 6 V/m festgelegt. Dieser Wert lag damals nur 1 Prozent unterhalb der höchsten gemessenen Werte oder anders gesagt: nur etwa 1 Prozent aller Messwerte übertrafen den Schwellenwert. Der Schwellenwert ermöglicht es der Verwaltung, Betreiber aufzufordern, vorbehaltlich der technischen Machbarkeit Korrekturmaßnahmen zur Verringerung der Exposition zu ergreifen und gleichzeitig die Netzabdeckung und die Dienstqualität zu gewährleisten.

Der Schwellenwert für atypische Messpunkte stellt somit keinen Grenzwert dar, der nicht überschritten werden darf. Er entspricht vielmehr einem technischen Meldeniveau, ab dem von Netzbetreibern Anstrengungen zur Einführung emissionsärmerer Lösungen erwartet werden, sofern diese technisch möglich sind.

Warum wird dieser Schwellenwert angepasst?

In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Messwerte, die den 2017 festgelegten Schwellenwert überschreiten, stark gestiegen, insbesondere in städtischen Gebieten, wo die Nachfrage nach Konnektivität größer ist, die Anzahl der Antennen höher ist und diese näher an Wohngebäuden stehen. Die Verdichtung der Mobilfunknetze in Städten führt zu einer höheren Exposition und zu größeren Schwierigkeiten, die Exposition zu reduzieren und gleichzeitig die Abdeckung und Qualität der Mobilfunkdienste zu gewährleisten. Dies führt zu einer steigenden Anzahl atypischer Messwerte, die trotz mehrfacher Bemühungen der Betreiber nicht beseitigt werden können, vornehmlich im Bereich von 6 V/m bis 9 V/m.

Kein anderer Staat verfügt über ein mit den atypischen Punkten vergleichbares System. Aber auch anderswo zeigt sich: Ein Grenzwert von 6 V/m (wie früher in Italien) ist technisch kaum noch haltbar, weil moderne Mobilfunknetze mehr Frequenzbereiche und neue Technologien nutzen. So wurden in mehreren europäischen Ländern die gesetzlichen Grenzwerte angehoben, um den Ausbau der 5G-Netze zu begleiten. In Belgien, Luxemburg und Italien liegen die zulässigen Gesamtwerte nun bei 15 V/m bis 20 V/m.

Vorschlag für einen differenzierten Schwellenwert

Der Wert von 9 V/m entspricht seit drei Jahren in städtischen Gebieten dem letzten Prozent der gemessenen Werte. Dieser Schwellenwert würde ein neues Gleichgewicht zwischen Zurückhaltung und der Anerkennung der Bedürfnisse der Mobilfunknutzer ermöglichen. Angesichts der Tatsache, dass sich die für Downlink-Verbindungen zur Verfügung stehenden Frequenzbänder zwischen 2017 und 2025 fast verdoppelt haben, entspricht dieser neue Schwellenwert für die Exposition durch Mobilfunkbasisstationen einem Maß an Zurückhaltung, das mit der Situation im Jahr 2017 vergleichbar ist.

Darüber hinaus hat ANFR im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von landesweiten Expositionskarten, die auf der Grundlage des Nationalen Gesundheits- und Umweltprogramms Nr. 4 erstellt wurden, einen Prozess eingeleitet, um die am stärksten exponierten Punkte zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. ANFR schlägt vor:

► in städtischen Gebieten: einen auf 9 V/m angehobenen Schwellenwert, der derzeit dem letzten Prozent der gemessenen Werte entspricht;
► in ländlichen Gebieten: Beibehaltung des Schwellenwerts von 6 V/m, der an die Bedingungen für den Netzausbau in diesen Gebieten angepasst ist.

Diese Änderung würde eine bessere Anpassung der Regelung an die Gegebenheiten vor Ort zulassen und gleichzeitig das Ziel der Zurückhaltung wahren.

Eine Variante des vorherigen Vorschlags wird ebenfalls zur Konsultation vorgelegt: ein einheitlicher Schwellenwert von 9 V/m, um die Verständlichkeit der Regelung zu vereinfachen.

Zeitplan der Konsultation und wer sich beteiligen kann

Die Konsultation endet am 12. September 2025. Nach Ablauf dieser Frist wird ANFR die eingegangenen Beiträge prüfen und im Herbst 2025 einen Abschlussbericht veröffentlichen. Ein neuer Schwellenwert tritt, sofern er beschlossen wird, am 1. Januar 2026 in Kraft. Beiträge sind per E-Mail an consultationpubliquePA@anfr.fr zu senden, zusammen mit den Kontaktdaten des Teilnehmers und gegebenenfalls der vertretenen Einrichtung.

Weitere Informationen zur Konsultation gibt es in französischer Sprache hier.

Quelle: Exposition aux champs électromagnétiques : l’ANFR lance une consultation publique sur l’évolution du seuil des points atypiques

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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