Leif Salford: zwei Bilder, noch eine Geschichte (Forschung)

Schutti2, Dienstag, 29.07.2025, 17:27 (vor 2 Tagen) @ Schutti2

Dieses Bild
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findet man auch heute noch vielfach.

Tatsächlich stammt das rechte Bild nicht einmal aus den in der Arbeit beschriebenen Untersuchungen. Man hatte einfach ein Bild aus irgendwelchen anderen Versuchen hergenommen, das ist in der verlinkten Arbeit unter der Überschrift "Correction" nachzulesen.

Ich habe noch mal genauer hingeschaut:
Nicht "irgendwelche anderen Versuche" waren das, sondern das rechte Bild stammte aus einer damals schon zehn Jahre alten Publikation vom März 1993.
Diese Publikation von 1993 ist inzwischen im Volltext frei zugänglich.

Und das ist wirklich interessant!
Eins nach dem anderen:
Hier die Grafik aus der Publikation von Juni 2003 (EHP Vol. 111 Nr. 7, Seite 881 ff.)
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Hier ein Bild aus der fehlerhaften Fassung derselben Publikation (Januar 2003):
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Salford et al schrieben dazu im Abstract:
"We found, and present here for the first time, highly significant (p<0.002) evidence for neuronal damage in [...] the brains of exposed rats."
Hervorhebung von mir.
Presented for the first time in 2003. Aha.

Und nun Obacht:
Hier ein Bild aus der oben verlinkten Publikation von 1993:
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Ein Bild von 1993. Das ist exakt dasselbe Präparat wie das angeblich 2003 zum ersten Mal publizierte.

Wer mag, kann sich die Expositionsbedingungen in den beiden Publikationen genauer anschauen.
1993 soll es ein 915-MHz-Generator gewesen sein. Ausgangsleistung zwischen 0,2 und 20 Watt. Das s/w-Bild (a) sei entstanden bei 10 Watt Pulsleistung und einer SAR von 3.3 W/kg.
2003 soll es das Sendesignal eines GSM-Handys gewesen sein, mit Pulsleistung in drei Stufen 0,01 , 0,1 bzw. 1 Watt. Was einer SAR von 2, 20 bzw. 200 mW/Kg entspreche.
2 Stunden exponiert. ("Nach 2 Stunden Telefonat" :-D, das stimmt aber auch nicht, denn man ließ die Ratten nach der Exposition noch 50 Tage leben.) Von welchen konkreten Expositionsbedinungen die dargestellten Hirnschnitte stammen, wird 2003 vorsichtshalber nicht berichtet. Weder in der ersten, noch in der korrigierten Fassung.
Nee, halt, doch!
In der korrigierten Fassung, dort im Kasten "Correction" steht, dass das rosa Bild "B" zur Expositionstufe 2 mW/kg gehört. Das war, s.o., ausgerechnet die niedrigste der drei Expositionstufen.
Da fragt man sich doch besorgt, wie die Bilder der noch zehn- bzw. hundertmal stärker exponierten Gehirne aussahen. Und warum man davon nichts zu sehen bekommt:confused:

Das ist aber auch wurscht.
Das Bild ist 32 Jahre alt, die Exposition dazu war massiv über Grenzwert.
Zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung hatte Salford immer noch nichts besseres herzuzeigen als dieses dramatische Bild von 1993. Und tut erst mal so, als sei es ein neues Forschungsergebnis.
Und nochmal Jahre später, in seinem Vortrag, kommt er immer noch mit diesem uralten Foto um die Ecke.

Ich habe mal im "Laborjournal" etwas Lustiges gelesen, von Siegfried Bär.
"Kleiner Leitfaden durch die Phraseologie des wissenschaftlichen Papers"
Die Übersetzung, was eine beschönigende Formulierung wirklich bedeutet.

Beispiel:
"A typical set of data is shown in Fig. 1"
bedeutet:
"Fig. 1 zeigt unsere besten Daten" :rotfl:

Wie oben, aber feiner:
"For reasons of space, we only show pictures of selected typical samples."
bedeutet:
"Von den anderen Proben ist uns das Reagenzglas vom Tisch gefallen."


Ein älterer Strang (2022) zu diesem Thema


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