Digital Networks Act: Europas letzte Chance vorne mitzuspielen? (Allgemein)

Gast, Montag, 28.07.2025, 17:22 (vor 1 Tag, 6 Stunden, 10 Min.)
bearbeitet von Gast, Montag, 28.07.2025, 18:22

Mit dem geplanten Gesetzesvorschlag "Digital Networks Act" (DNA) hat sich die EU-Kommission viel vorgenommen: Das für Ende des Jahres angekündigte Gesetz soll den Ausbau moderner Infrastruktur beschleunigen, den Bürokratieaufwand für Netzbetreiber senken und womöglich einen gemeinsamen europäischen Markt für Telekommunikation schaffen. Die Interessenvertretung der Netzbetreiber sieht in dem Vorhaben Europas letzte Chance für eine sichere, wettbewerbsfähige und innovative Zukunft.

Die GSMA, der Branchenverband der europäischen Telekommunikationsbetreiber, hat im Namen der Telekommunikationsbranche eine Stellungnahme zum Aufruf der Europäischen Kommission zur Einreichung von Beiträgen zum Gesetz über digitale Netze (DNA) vorgelegt. Der DNA biete aus Sicht der GSMA eine einmalige Gelegenheit, die zahlreichen Marktbeschränkungen zu beseitigen, die den digitalen Fortschritt weiterhin behinderten und den Zugang zu notwendigen Investitionen einschränkten. Dadurch verliere Europa zunehmend seine Position als führender Akteur auf der globalen Bühne.

Ein florierendes digitales Ökosystem, das sich auf eine hochmoderne Telekommunikationsinfrastruktur stütze, sei nach Auffassung des Verbands der wichtigste Motor für Wachstum, Sicherheit und Innovation im Jahr 2025. Europa hinke jedoch in Bezug auf Verfügbarkeit, Widerstandsfähigkeit und Kapazität anderen entwickelten Volkswirtschaften zunehmend hinterher. Um diesem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit zu begegnen, sei eine grundlegende Neugestaltung des Rechtsrahmens für den digitalen Kommunikationssektor erforderlich.

Das Gesetz solle daher darauf abzielen, den europäischen Telekommunikationssektor wieder in eine Position der Stärke und Führungsrolle zu bringen und gleichzeitig sicherzustellen, dass Europa seine Ziele in Bezug auf Konnektivität, Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit erreiche. An oberster Stelle des DNA-Aktionsplans der Kommission müssten nach Ansicht der GSMA die Vereinfachung des Rechtsrahmens, die Verbesserung der Harmonisierung, der Abbau von Regulierungslasten sowie die Schaffung eines wettbewerbsfähigeren, ausgewogeneren und faireren digitalen Umfelds stehen. Schnelligkeit und Flexibilität müssten dabei Priorität haben. Der Verband betont, dass dem DNA-Aktionsplan drei Grundprinzipien zugrunde zu legen seien:

1. Wettbewerbsfähigkeit,
2. Vereinfachung der Regulierung sowie
3. Harmonisierung bzw. Vollendung des digitalen Binnenmarkts.

Die GSMA vertritt die Auffassung, dass der künftige DNA einen radikal vereinfachten Rechtsrahmen schaffen solle, der angemessene Anreize für Investitionen und Innovation biete und die Umsetzung der strategischen Vision und Ziele der EU unterstütze. Diese Vision unterstreiche die Bedeutung einer flächendeckenden, sicheren und fortschrittlichen Konnektivitätsinfrastruktur, die für die Widerstandsfähigkeit, Sicherheit, globale Wettbewerbsfähigkeit, digitale Ambitionen und den Wohlstand der EU von entscheidender strategischer Bedeutung sei.

Zur Erreichung dieser Ziele müssten drei politische Änderungen prioritär umgesetzt werden:

1. Vereinfachung: Der derzeitige Rechtsrahmen müsse grundlegend überarbeitet werden, mit dem Ziel, die langfristige Investitionskapazität des Sektors zu stärken. Nur so könnten politische Ziele wie die flächendeckende Versorgung mit zuverlässiger, superschneller und zukunftssicherer Konnektivität für Verbraucher und Unternehmen erreicht werden. Die Vorschriften müssten an das moderne digitale Ökosystem angepasst und eine wirksame Neugewichtung des Sektors sichergestellt werden. Nicht mehr gerechtfertigte oder notwendige Regelungen sollten gestrafft werden.

2. Frequenzen: Der DNA müsse auch eine Weiterentwicklung der EU-Frequenzpolitik enthalten. Als Prioritäten nennt die GSMA unter anderem die Verlängerung der Lizenzlaufzeiten – idealerweise unbefristet oder auf mindestens 40 Jahre – sowie vereinfachte Verlängerungsverfahren. Dies entspreche dem Bedarf an Investitionssicherheit und unterstütze langfristige Netzplanung und -ausbau. Zudem sei ein klarer EU-Fahrplan für die Frequenzverfügbarkeit notwendig. Harmonisierungsbemühungen sollten sich laut GSMA auf die Verfügbarkeit sowie auf technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen konzentrieren – nicht auf nationale Vergabeverfahren oder Zeitpläne.

3. Gleiche Wettbewerbsbedingungen: Der DNA solle sich auf die Schaffung fairer und ausgewogener Wettbewerbsbedingungen zwischen traditionellen Telekommunikationsanbietern und anderen Akteuren im digitalen Ökosystem konzentrieren. Dies werde die Innovation und Investitionen in Netze fördern, die Einführung leistungsfähiger Netze ermöglichen, nachhaltigen Wettbewerb sichern und Vorteile für Verbraucher, Unternehmen und den öffentlichen Sektor schaffen. Insgesamt solle dadurch ein faireres Funktionieren der digitalen Wertschöpfungskette gewährleistet werden.

Abschließend betont der Verband, dass Telekommunikationsanbieter eine kritische Größe erreichen müssten, um die für Europas digitale Zukunft erforderlichen Investitionen tätigen zu können. Die GSMA fordert daher die politischen Entscheidungsträger der EU nachdrücklich auf, ehrgeizige Ziele zum Nutzen der europäischen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu verfolgen und die Gelegenheit zu ergreifen, Europa auf Jahrzehnte hinaus als führenden digitalen Wirtschaftsraum zu positionieren – statt weiter zurückzufallen.

Quelle: Response to the European Commission’s Call for Evidence on the Digital Networks Act

Hintergrund
Die EU-Kommission startete am 6. Juni 2025 die öffentliche Konsultation zum DNA. Diese dauerte bis zum 11. Juli 2025 und erzielte 326 Antworten. Die meisten Antworten kamen aus Belgien (57), gefolgt von Italien (55) und Deutschland (34). Von deutschen Mobilfunkgegnern ist nicht viel zu sehen, zu Wort meldete sich aus der Szene nur das BZND Zentrum für Neurodiversität e.V. um Judith Rommel und Mario Babilon. Das Stichwort "Elektrosmog" führte zu einem zweiten Treffer aus der Szene in Gestalt einer Initiative aus der Slowakei.

Digital Networks Act: zwei Stimmen aus der Anti-Mobilfunk-Szene

H. Lamarr @, München, Montag, 28.07.2025, 18:38 (vor 1 Tag, 4 Stunden, 54 Min.) @ Gast

Von deutschen Mobilfunkgegnern ist nicht viel zu sehen, zu Wort meldete sich aus der Szene nur das BZND Zentrum für Neurodiversität e.V. um Judith Rommel und Mario Babilon. Das Stichwort "Elektrosmog" führte zu einem zweiten Treffer aus der Szene in Gestalt einer Initiative aus der Slowakei.

Stellungnahme des "BZND Zentrum für Neurodiversität e.V." zum DNA:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir begrüßen grundsätzlich die Initiative der Europäischen Kommission zur Modernisierung der digitalen Infrastruktur Europas und zur Beschleunigung der Einführung des Gesetzes über digitale Netze (DNA). Dennoch sehen wir im aktuellen Entwurf wichtige Mängel, die dringend behoben werden müssen, um den DNA ganzheitlich, nachhaltig und menschenfreundlich zu gestalten.

1. Stärkere Berücksichtigung des Gesundheits- und Umweltschutzes: Die Digitalisierung darf nicht einseitig wirtschaftlichen Interessen dienen. Unserer Ansicht nach vernachlässigt der Entwurf des DNA die Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. Diese Aspekte müssen integraler Bestandteil jeder zukunftsorientierten Gesetzgebung sein. Für elektromagnetische Felder (EMF), wie sie durch Mobilfunk und WLAN entstehen, ist weiterhin das Vorsorgeprinzip zu empfehlen. Zwar bieten die aktuellen Grenzwerte auf internationaler Ebene (z. B. ICNIRP-Richtlinien) Schutz vor bekannten thermischen Effekten (Erwärmung von Gewebe durch Strahlung), doch bestehen weiterhin Unsicherheiten über mögliche Langzeitwirkungen schwacher, nicht thermischer Felder, insbesondere bei Kindern, chronisch Kranken oder Vielnutzern. Bitte stellen Sie sicher, dass der technologische Fortschritt nicht auf Kosten der Gesundheit geht, insbesondere bei neuen Entwicklungen wie 5G oder 6G, wo noch keine Langzeitstudien vorliegen. Aus unseren Studien ist mir bekannt, dass immer mehr Menschen mit Neurodiversität und erhöhter Umweltempfindlichkeit auch funksensitiv sind. EMF verursachen bei diesen Menschen folgende Symptome durch Smart-Terminals, WLAN, Sendemasten und auch Stromleitungen: Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Hautausschläge, Herzrasen und vor allem Kopfschmerzen.

2. Vorrang für kabelgebundene Technologien: Wo immer möglich, sollte der DNA klare Prioritäten für kabelgebundene Verbindungen setzen, insbesondere in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen. Diese bieten nicht nur mehr Stabilität und Datensicherheit, sondern vermeiden auch unnötige Belastungen durch Funkstrahlung. Bitte lassen Sie den Menschen die Wahl, wie sie Technologie nutzen möchten.

3. Einrichtung von Strahlenschutzzonen für die psychische Gesundheit: Menschen brauchen digitalfreie Oasen und Schutzzonen an öffentlich zugänglichen Orten wie Bibliotheken, Parks, Wartebereichen oder bestimmten Räumen in Verwaltungsgebäuden. Bitte lassen Sie EMF-arme oder strahlungsfreie Zonen ausweisen (analog zu Naturschutzzonen). Der Zugang zu öffentlichen Räumen muss diskriminierungsfrei sein, auch für Menschen mit funktionellen Beeinträchtigungen aufgrund von Elektrosensibilität.

4. Stärkung des Datenschutzes und der digitalen Souveränität: Die zunehmende Zentralisierung durch Cloud- und Edge-Technologien birgt erhebliche Risiken für den Datenschutz und die digitale Selbstbestimmung der Bürger. Der DNA muss sicherstellen, dass die Datenhoheit bei den Nutzern verbleibt und die europäischen Sicherheitsstandards konsequent eingehalten werden.

5. Demokratische Mitgestaltung gewährleisten: Der Gesetzgebungsprozess muss transparent und partizipativ gestaltet werden. Alle relevanten Gruppen – einschließlich Bürgerinitiativen, Wissenschaft, Umwelt- und Gesundheitsorganisationen – müssen frühzeitig und substanziell einbezogen werden. Die aktuellen Lücken in der Folgenabschätzung (https://ec.europa.eu/newsroom/dae/redirection/document/93931 und https://data.europa.eu/doi/10.2759/34519) zeigen, dass der Entwurf des DNA in dieser Hinsicht überarbeitet werden muss.

Fazit: Ein leistungsfähiges digitales Netz ist wichtig, darf aber nicht auf Kosten der Gesundheit, der Umwelt oder der Grundrechte gehen. Wir fordern die Europäische Kommission auf, den Entwurf des DNA durch klare Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung, zur Förderung strahlungsfreier Alternativen und zur Gewährleistung des Datenschutzes und der demokratischen Teilhabe zu ergänzen.

Stellungnahme der slowakischen Bürgerinitiative "Elektrosmog a zdravie" zum DNA

Die Bürgerinitiative Elektrosmog und Gesundheit begrüßt, dass die Europäische Kommission an der Entwicklung der digitalen Infrastruktur arbeitet. Gleichzeitig sind wir besorgt, dass die Debatte weitgehend technisch-wirtschaftlich geführt wird, ohne dass die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die Umwelt ausreichend berücksichtigt werden. Bei der Gesetzgebung zu Hochgeschwindigkeitsnetzen, neuen Frequenzbändern und der Ausweitung der Konnektivität ist es notwendig, eine unabhängige Gesundheitsbewertung durchzuführen, eine unabhängige Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, die Bedürfnisse von Personen mit einer Empfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern zu berücksichtigen, Zonen ohne Funkabdeckung (weiße Zonen) zu gewährleisten und Kabelverbindungen ohne Strahlenbelastung weiter zu fördern. Technologische Entwicklung sollte ein Mittel sein, nicht ein Ziel. Langfristig können wir kein digitales Europa auf Kosten einer gesunden Bevölkerung und eines gestörten ökologischen Gleichgewichts aufbauen.

Mit freundlichen Grüßen Petra Bert Polovková für den Bürgerverein Elektrosmog und Gesundheit Diese Rückmeldung wurde über eine Kabelverbindung ohne schädliche Strahlung, mit geringerem Stromverbrauch und höherer Datensicherheit gesendet.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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