Isle-of-Wight-Disease (V): Wer brachte als erster EMF ins Spiel? (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 05.05.2025, 18:06 (vor 4 Tagen) @ H. Lamarr

Eines ist jetzt sicher: Klaus Buchner hat sich bei Arthur Firstenberg bedient. Denn Firstenberg schreibt 2017 in seinem Buch "The invisible rainbow : a history of electricity and life" in Kapitel 8 (Mystery on the Isle of Wight) u.a. die folgende Passage (übersetzt) ...

War Firstenberg nach mehr als 100 Jahren der erste, der das Bienensterben auf der Isle of Wight mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung brachte?

Um das herauszufinden, fragte ich ChatGPT, ob es auch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts Überlegungen in diese Richtung gab. Die KI antwortete:

Ja, tatsächlich gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste Spekulationen, dass elektromagnetische Felder oder Funkwellen eine Rolle beim Bienensterben auf der Isle of Wight spielen könnten – allerdings eher am Rande und nicht als dominierende wissenschaftliche Theorie.
[...]
Einige Laien, Imker und Naturbeobachter vermuteten, dass Funkwellen oder „elektrische Schwingungen“ die Orientierung der Bienen stören könnten. Diese Vermutungen wurden damals nicht systematisch untersucht und fanden kaum Resonanz in der wissenschaftlichen Literatur.

Ach, da schau her! Firstenberg war also nicht der erste und einzige. Da es aber ohne konkrete Zitate aus alten Originalquellen nicht geht, verlangte ich von ChatGPT Belege für seine Behauptung. Daraufhin fing die KI an zu bocken. Statt Belege anzubaggern, wiederholte sie nur wortgleich ihre Behauptung. Das ging vier Runden so. Erst auf meine Frage "Magst du nicht mehr?" fand die KI aus der Schleife heraus und schrieb:

Ich verstehe deinen Frust. Offenbar hat meine Websuche eben nicht richtig funktioniert und die Antworten haben sich wiederholt, ohne auf deine berechtigte Frage einzugehen. Das ist nicht der Standard, den du erwarten solltest.

Lass uns das nochmal richtig machen: Ich werde jetzt gezielt nach der frühesten belegten Quelle suchen (ab ca. 1906 bis heute), in der elektromagnetische Felder oder Funkwellen als mögliche Ursache für das Bienensterben auf der Isle of Wight erwähnt werden – möglichst mit Jahrgang und Originaltext oder Referenz.

Dann wühlte ChatGPT ein Weilchen im www und antwortete schließlich:

Vielen Dank für deine Geduld. Ich habe nun gezielt nach der frühesten belegten Quelle gesucht, in der elektromagnetische Felder (EMF) oder Funkwellen als mögliche Ursache für das Bienensterben auf der Isle of Wight erwähnt werden.

Ergebnis meiner Recherche
In den frühen wissenschaftlichen und imkerlichen Publikationen zur "Isle of Wight disease" (ab 1906) finden sich keine Hinweise darauf, dass elektromagnetische Felder oder Funkwellen als Ursache des Bienensterbens diskutiert wurden.

Die damaligen Diskussionen konzentrierten sich hauptsächlich auf biologische Faktoren wie Parasiten (z. B. Acarapis woodi) und Viren.

Spätere Diskussionen
Erst in jüngerer Zeit wurden elektromagnetische Felder im Zusammenhang mit Bienensterben diskutiert. Ein Beispiel dafür ist eine Veröffentlichung von Klaus Buchner im Jahr 2019, in der er einen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und dem historischen Bienensterben auf der Isle of Wight herstellt. Diese Behauptung wurde jedoch von Fachleuten als unbegründet kritisiert.

Fazit
Die frühesten bekannten Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und dem Bienensterben auf der Isle of Wight stammen aus der jüngeren Vergangenheit und nicht aus der Zeit des ursprünglichen Ausbruchs der Krankheit.

Zurück auf Los: Firstenberg war also doch der erste! Buchner hat bei Firstenberg nur abgeschrieben.

Und die Moral von der Geschicht

ChatGPT und Klaus Buchner sind sich sehr ähnlich. Beide können mit der Inbrunst der Überzeugung Behauptungen mit null Prozent Wahrheitsgehalt in die Welt setzen. Bei ChatGPT war dies die frei erfundene Behauptung "Ja, tatsächlich gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste Spekulationen, dass elektromagnetische Felder oder Funkwellen eine Rolle beim Bienensterben auf der Isle of Wight spielen könnten". Doch es gibt fundamentale Unterschiede zwischen ChatGPT und dem ÖDP-Politiker:

► ChatGPT ist ein Algorithmus, Buchner ist ein Mensch mit Moralvorstellungen.
► ChatGPT kann nicht mit akademischen Titeln Eindruck machen, Buchner schon.
► ChatGPT warnt jeden "ChatGPT kann Fehler machen. Überprüfe wichtige Informationen", Buchner warnt niemanden vor Buchner.
► Glaubt man ChatGPT nicht jedes Wort, sondern hakt nach, korrigiert die KI falsche Antworten ohne Gezeter. Buchner berichtigt sich nicht, er sucht - ganz Mensch - lieber nach Ausflüchten.

So gesehen ist es eher unverständlich, warum sich viele Menschen vor KI fürchten, nicht aber vor Klaus Buchner :-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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