Täglich grüßt das Murmeltier: Mobilfunk-Aufstand in Brunn (A) (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 13.05.2015, 13:42 (vor 3243 Tagen)

In "Brunn Am Gebirge", das liegt im Speckgürtel um Wien, marschieren die Mobilfunkgegner wie in alten Zeiten. Und einige Politiker marschieren vorsorglich (Vorsorgekonzept) gleich mit, denn die nächste Wahl kommt bestimmt. Was es sonst noch von dem Aufstand zu berichten gibt, weiß das örtliche Bezirksblatt. Und das alles nach mehr als 20 Jahren Mobilfunk in Österreich ... :no:

Die Bürgerinitiative vor Ort unterscheidet sich in Nichts von anderen Bürgerinitiativen. Auch sie wird getragen durch Blitz-Experten von Googles Gnaden, die sich nach kürzester Zeit bestens auskennen in Studienlage, Mobilfunk-Netzplanung und Zellbiologie. Und weil das Internet vieles so schön bequem vom Sofa aus erreichbar macht, hat die Bürgerinitiative auch gleich eine Online-Petition aufgelegt, um den Bürgermeister von Brunn unter Druck zu setzen:

Sehr geehrter Dr. Linhart,

wir protestieren schärfstens gegen den Bau eines Mobilfunkmastes im Wohngebiet von Brunn Am Gebirge!

Es gibt keinen rationellen [sik!] Grund, warum ein Mobilfunkmast in einem Wohngebiet sinnvoll wäre, selbst wenn er nicht Gesundheitsschädlich ist, allein schon aus Gründen der Ästhetik, jedoch ist dies noch verzeihbar, wären nicht schon zahlreiche Studien zu dem Schluss gekommen, dass konstante Strahlung negative Effekte auf die Zellregeneration hat.

Zudem ist die Mobilfunkdeckung in diesem Gebiet mehr als ausreichend, der angeführte Grund zum Bau ist demnach nichtig.

Gegen einen Bau im Industrie- oder Gewerbegebiet von Brunn am Gebirge ist jedoch nichts ein zu wenden.

Die Anmaßung, die in dieser Petition steckt, belegt einmal mehr den zutiefst dissozialen Charakter der Anti-Mobilfunk-Bewegung. Die Leute sehen sich und ihr Vermögen bedroht, bedienen sich im Internet der erstbesten unqualifizierten Argumente anderer Mobilfunkgegner und haben kein Problem damit, "ihren" Sendemasten in ein Industrie- und Gewerbegebiet abzuschieben. Als ob Arbeiter und Angestellte, die dort täglich acht oder mehr Stunden beschäftigt sind, "strahlungsresistenter" wären als die Bewohner von Wohngebieten. Eine aus meiner Sicht in allen Belangen verwerfliche Argumentation. Das einzig Positive daran ist: Die Brunner handeln aus einer Angst heraus, die ihnen von organisierten Mobilfunkgegnern (mit unlauteren Absichten) injiziert wird. Ohne die heute via Internet allgegenwärtige Desinformation der Organisierten gäbe es den Aufstand in Brunn nicht.

Selbstverständlich gibt es gute und nachvollziehbare Gründe, einen Mobilfunk-Sendemasten mitten in ein Wohngebiet zu stellen, wir haben sie hier im Forum vielfach diskutiert.

Wie üblich sind es voraussichtlich nur ein, zwei oder drei Personen, die sich von dem geplanten Sendemast in Brunn gestört fühlen und den Kern des Protestes bilden. Der Rest sind mehr oder weniger engagierte Trittbrettfahrer, die nach der Devise "... kann ja nicht schaden" mitmachen. Alle mir bekannten Ant-Mobilfunk-Bürgerinitativen funktionieren und scheitern aus eben diesem Grund.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Egoismus, Selbstüberschätzung, Petition, Wien, Widerstandsnest, Kritikresistent, Mitmachaktion, Campact, Anmaßung

Druck machen, mühelos

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 13.05.2015, 14:48 (vor 3243 Tagen) @ H. Lamarr

Und weil das Internet vieles so schön bequem vom Sofa aus erreichbar macht, hat die Bürgerinitiative auch gleich eine Online-Petition aufgelegt, um den Bürgermeister von Brunn unter Druck zu setzen

Der Druck lässt sich müheloser aufbauen als gedacht.

Um meinen Unmut über diese Petition auszudrücken habe ich sie unterzeichnet, dadurch konnte ich einen Kommentar abgeben.

Unmittelbar darauf traf bei mir eine automatisch verschickte Mail der Petitions-Website ein. Darin dankt mir erst einmal der Initiator der Petition für meine Mitzeichnung. Anschließend enthält die Mail folgenden Textvorschlag:

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich habe gerade die Petition 'Kein Mobilfunkmast im Wohngebiet!' unterschrieben und würde mich sehr freuen, wenn ihr auch mitmacht.

Je mehr Menschen die Kampagne unterstützen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Erfolg hat. Hier könnt ihr mehr erfahren und unterzeichnen:

https://weact.campact.de/petitions/kein-mobilfunkmast-im-wohngebiet

Vielen Dank!

Stephan

Heißt im Klartext: Hier wird nach dem Schneeball-Prinzip gearbeitet, indem ein Petent mit geringstmöglichen Aufwand andere dazu auffordern kann, ebenfalls zu unterzeichnen. Ob sich daraus ein zutreffendes Meinungsbild der betroffenen Bürgerschaft ableiten lässt wage ich zu bezweifeln, denn die Empfänger der Mails werden aller Wahrscheinlichkeit nach nur aus Gefälligkeit klicken, ohne sich richtig mit dem Thema zu befassen. Richtig heißt: Nicht nur die verschrobene Darstellung des Petitionsstarters wahrnehmen, sondern sich auch auf qualifizierten Webseiten informieren. Doch wer macht das schon, wenn einem so eine Mail unaufgefordert ins Postfach flattert.

Womit ich sagen möchte: Die Teilnehmerzahlen bei solchen Petitionen sind aus meiner Sicht künstlich überhöht. Auch deshalb, weil ich als Münchener (440 Straßenkilometer von Brunn Am Gebirge entfernt), der seine PLZ korrekt angegeben hat, nicht abgewiesen, sondern mitgezählt wurde.

Meine Unterschrift brachte vor rd. 1 Stunde den Zähler der Petition auf Stand 197. Jetzt steht er wieder auf 196. Warum? Weil mein Kommentar keinen Gefallen gefunden hat und gelöscht wurde, womit auch meine Stimme mit über den Jordan ging. So ist das eben mit besonders fest überzeugten Mobilfunkgegnern: Sie mögen es nicht, wenn ihre Risikowahrnehmung gestört wird.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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, BI, Egoismus, Zerrbild, Druck, Wohngebiet, Irreführung, Wutbürgertum, Schneeballsystem, Dissozial, Gemeinde

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